Schuldlos.
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Ungeheuer.
„Eine Neuigkeit, mein Fräulein! Mein Freund, der Haupt-
>»nnn, ist auf die Festung kommandirt!" — „Was? Der Herr
Hauptmann, der kalte, finstere Mann, der immer wie ein Schatten
unfern Salons umherschleicht? Das freut mich unge-
heuer!" — „Wie, das freut Sie — Ungeheuer?"
Verfehlt
Der Kommerzienrath Gründcrich hat sich aus der „glor-
reichen Zeit", wie er die Periode nach dem französichen Kriege
^3 zum großen Krach gerne nennt, ein hübsches Kapitälchen
herübergerettet. Zeugniß davon gibt seine neuerbautc Villa im
testend, die er kürzlich bezog. Inmitten prächtiger Anlagen
erhebt sich der stolze Bau, der an innerer und äußerer Aus-
stattung selbst in der reichen Börscnstadt seines Gleichen sucht,
^er Kommerzienrath ist aber auch nicht wenig stolz auf seine
Schöpfung und führt seine Besucher mit Vorliebe persönlich darin
umher. Eines schönen Vormittags hat er wieder einige Herren
Mitgebracht und zeigt ihnen die verschiedenen Herrlichkeiten: die
Sommeranlagen, den Wintergarten, den Speisesaal, Musiksalon
11 • f- w. Dabei ärgert er sich nur, daß er öfter hören muß, wie
^iner oder der Andere seiner Gäste bemerkt, daß er diesen oder
jenen Theil der Einrichtung anderswo schon ebenso oder ähnlich
gesehen habe. Namentlich der Banquier Josephsthal, der mit
der Gesellschaft war, der wollte ähnliche Arrangements in
Paris und Wien sogar noch um vieles schöner gefunden haben. In-
dessen waren sie in das erste Stockwerk hinanfgestiegen und da sagt
^er Kommerzienrath: „Nun, meine Herren, jetzt werde ich Ihnen
Gnädige Frau: „Es ist freilich etwas Herrliches um
den Kriegerstand, Herr Major; aber große Helden werden
eben selten alt!" — Major: „Das mag sein, gnädige Frau;
aber meine Schuld ist es gewiß nicht, daß ich nicht schon lange
todt bin!"
: Effert.
aber doch Etlvas zeigen, was noch keiner von Ihnen gesehen
hat! Ich habe nämlich direkt neben dem Schlafzimmer das
Badekabinct eingerichtet —" — „Das hat man öfter!" unter-
brach ihn Joscphsthal. — „Zum Kukuk,! Warten Sie doch
nur, freilich hat man das öfter; aber ich habe mir's noch ganz
extra bequem eingerichtet — Alles nach eigner Idee. Ich lasse
mir nämlich ein Bad Herrichten, wenn ich Morgens noch im
Bett liege. Ist das geschehen, so drücke ich nur auf einen Knopf
und die Badewanne kommt durch einen sinnreichen Mechanismus
aus dem Kabinet bis vor mein Bett gerollt. Denken Sie sich,
meine Herren, diese Wohlthat, eben bei der Hitze direkt in's
kühle Bad steigen zu können! Ich nehme also mein Bad,
drücke nachher auf einen anderen Knopf und die Wanne rollt
wieder hinaus. Nun — hat einer von den Herren schon eine
solche Einrichtung gesehen?" — Allgemeines Kopfschütteln war
die Antwort. Triumphirend führt der Kommerzienrath die
Gesellschaft in's Schlafzimmer. Er geht an's Bett, drückt auf
einen Knopf an der Wand und richtig — geräuschlos öffnet
sich eine Tapetenthür und herein rollt die Badewanne und i n
der Wanne, im Wasser — o Graus! — sitzt die
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Ungeheuer.
„Eine Neuigkeit, mein Fräulein! Mein Freund, der Haupt-
>»nnn, ist auf die Festung kommandirt!" — „Was? Der Herr
Hauptmann, der kalte, finstere Mann, der immer wie ein Schatten
unfern Salons umherschleicht? Das freut mich unge-
heuer!" — „Wie, das freut Sie — Ungeheuer?"
Verfehlt
Der Kommerzienrath Gründcrich hat sich aus der „glor-
reichen Zeit", wie er die Periode nach dem französichen Kriege
^3 zum großen Krach gerne nennt, ein hübsches Kapitälchen
herübergerettet. Zeugniß davon gibt seine neuerbautc Villa im
testend, die er kürzlich bezog. Inmitten prächtiger Anlagen
erhebt sich der stolze Bau, der an innerer und äußerer Aus-
stattung selbst in der reichen Börscnstadt seines Gleichen sucht,
^er Kommerzienrath ist aber auch nicht wenig stolz auf seine
Schöpfung und führt seine Besucher mit Vorliebe persönlich darin
umher. Eines schönen Vormittags hat er wieder einige Herren
Mitgebracht und zeigt ihnen die verschiedenen Herrlichkeiten: die
Sommeranlagen, den Wintergarten, den Speisesaal, Musiksalon
11 • f- w. Dabei ärgert er sich nur, daß er öfter hören muß, wie
^iner oder der Andere seiner Gäste bemerkt, daß er diesen oder
jenen Theil der Einrichtung anderswo schon ebenso oder ähnlich
gesehen habe. Namentlich der Banquier Josephsthal, der mit
der Gesellschaft war, der wollte ähnliche Arrangements in
Paris und Wien sogar noch um vieles schöner gefunden haben. In-
dessen waren sie in das erste Stockwerk hinanfgestiegen und da sagt
^er Kommerzienrath: „Nun, meine Herren, jetzt werde ich Ihnen
Gnädige Frau: „Es ist freilich etwas Herrliches um
den Kriegerstand, Herr Major; aber große Helden werden
eben selten alt!" — Major: „Das mag sein, gnädige Frau;
aber meine Schuld ist es gewiß nicht, daß ich nicht schon lange
todt bin!"
: Effert.
aber doch Etlvas zeigen, was noch keiner von Ihnen gesehen
hat! Ich habe nämlich direkt neben dem Schlafzimmer das
Badekabinct eingerichtet —" — „Das hat man öfter!" unter-
brach ihn Joscphsthal. — „Zum Kukuk,! Warten Sie doch
nur, freilich hat man das öfter; aber ich habe mir's noch ganz
extra bequem eingerichtet — Alles nach eigner Idee. Ich lasse
mir nämlich ein Bad Herrichten, wenn ich Morgens noch im
Bett liege. Ist das geschehen, so drücke ich nur auf einen Knopf
und die Badewanne kommt durch einen sinnreichen Mechanismus
aus dem Kabinet bis vor mein Bett gerollt. Denken Sie sich,
meine Herren, diese Wohlthat, eben bei der Hitze direkt in's
kühle Bad steigen zu können! Ich nehme also mein Bad,
drücke nachher auf einen anderen Knopf und die Wanne rollt
wieder hinaus. Nun — hat einer von den Herren schon eine
solche Einrichtung gesehen?" — Allgemeines Kopfschütteln war
die Antwort. Triumphirend führt der Kommerzienrath die
Gesellschaft in's Schlafzimmer. Er geht an's Bett, drückt auf
einen Knopf an der Wand und richtig — geräuschlos öffnet
sich eine Tapetenthür und herein rollt die Badewanne und i n
der Wanne, im Wasser — o Graus! — sitzt die
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Ungeheuer" "Schuldlos"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 65.1876, Nr. 1632, S. 141
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg