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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 28.1917

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Bredt, Ernst Wilhelm: Ratschläge vorm Verkauf von Kunstbesitz
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https://doi.org/10.11588/diglit.10024#0226

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RATSCHLÄGE VORM VERKAUF VON KUNSTBESITZ

Wenn auch möglichst kurz und allgemein gefaßt,
möchten doch folgende Warnungen und Ratschläge
nicht aufgefaßt werden als Schreibtischerzeugnisse von
nur papiernem Wert. Denn Erfahrungen sehr ernster, ja
tragischer Natur aus letzter Zeit machen Warnungen
notwendig. Wurden doch auf so manch alten wertlosen
Besitz, der jetzt ein Retter in der Not werden sollte, zu
viele trügerische Hoffnungen gesetzt. Wurde doch and-
rerseits in dieser ernsten Zeit wohl schon manche außer-
ordentlich wertvolle Bleistiftzeichnung oder Porzellan-
figur, für einen Betrag hergegeben, der auf dem Markte
der Sachverständigen in wenigen Tagen sich verzehnfachte.
Dem einstigen Besitzer kam zu spät Einsicht und Reue.

1. Glaube nicht, daß etwas recht altes, wertvoller als
neues sein müsse.

2. Bedenke, daß auch der Kunstmarkt, so wenig wie
irgend ein anderer, nicht unveränderliche Werte kennt.

3. Bedenke, daß Kunstwerke, ganz wie andere Gegen-
stände, um so höher bezahlt werden, je besser ihre Be-
schaffenheit.

4. Bedenke — beim Lesen unerhörter Preise für
ähnliche Werke, wie Du sie noch besitzt — daß auf dem
Kunstmarkt die Preisunterschiede zwischen vorzüglichem
Zustand und schlechter Erhaltung ganz außerordentlich
große sind. Gut und schlecht, selten und häufig, Erst-
druck und Spätdruck stehen oft im Wertverhältnis wie
100:1, ja wie 1000:1 !!

5. Auch auf der Kunstbörse läuft nur der Kundige der
Kurse keine Gefahr. Sachkenntnis allein hift nicht viel.

6. Wer ohne Nachteil Kunstwerke veräußern, deren
Wert nur kennen lernen will, frage bei einem staatlichen
oder städtischen Museum an. Museen sind als neutrale

Stätten der Kenntnis und des Marktes zu solcher Aus-
kunft befähigt und berufen.

7. Erwarte aber nicht von den Museen zahlenmäßige
Taxierung. Das ist nicht ihre Sache. Die zuverlässige
Auskunft über Wert oder Unwert, der Nachweis von
Preisen, die in letzter Zeit ähnliche oder gleiche Werke
erzielt, die Anweisung des besten Weges und Ortes zum
Verkauf behütet sicher vor Schaden.

8. Das nächstgelegene Museum ist bei Auskünften
entfernteren vorzuziehen. Denn bei Kunstwerken genügt
Beschreibung fast nie, sehr oft genügt nicht einmal eine
Abbildung zur sicheren Beurteilung.

9. Bei gleichem Angebot von Museum oder Privat-
mann gieb dem Museum den Vorzug, weil dieses größere
Sicherheiten bietet gegen Wechselfälle des Handels und
vor Verfall.

10. Bedenke, daß in Kunsthandel und Museum wohl
der persönliche Affektionswert untergeht, daß aber die
heimischen Museen allein die Kunstwerke schützen vor
einer Abwanderung ins Ausland — also Dich und uns
alle vor einem kulturellen Verlust....... e. w. bredt.

*

Die Größten haben erkannt, was von der ganzen Natur
das Würdigste war, und haben auf dieses ihren Fleiß
gelegt: die Mittelmäßigen haben eben so nur auf die mittel-
mäßigen Sachen Acht gehabt und geglaubt, daß in diesen
die Kunst bestände. Die Kleinen sind von dem Kleinen
gerührt worden und haben die Kleinigkeiten als Haupt-
sachen genommen, endlich ist die Thorheit der Menschen
von dem Kleinen auf das Unnütze, von dem Unnützen auf
das Garstige, von dem Garstigen aber bis auf das Lügen-
hafte, oder Chimärische gefallen..... Raphael mengs.

ALTE BLUMENSCHALE. NÜRNBERG, HINTER DER VESTE. AUFGENOMMEN VON FR. AUG. NAGEL —NÜRNBERG
 
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