Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 12.1917

DOI Artikel:
Volkelt, Johannes: "Objektive Ästhetik"
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3621#0391

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
IX.

„Objektive Ästhetik."

Von
Johannes Volkelt.

I. Vorbereitende Unterscheidungen.

1. Von verschiedenen Seiten wird in der letzten Zeit die Forderung
laut: die Ästhetik sei nach objektiver Methode zu begründen. Be-
sonders nachdrücklich hat kürzlich Ernst Meumann diese Forderung
gestellt und sie zum leitenden Gedanken einer kleinen Schrift ge-
macht J). Die subjektive, psychologisch verfahrende Ästhetik komme,
so wird gesagt, überhaupt nicht an die ästhetischen Kernfragen heran;
oder sie sei mindestens doch durch eine objektive Ästhetik zu er-
gänzen. Mit allem Beschreiben und Zergliedern der ästhetischen Ge-
fühle werde niemals das Gegenständliche, als welches das Schöne
vor uns steht, erreicht. Die ästhetischen Gebilde seien doch etwas
völlig anderes als die Gefühle und Gemütsbewegungen des ästhetisch
Genießenden. Auf die ästhetischen Gebilde, vor allem also auf die
Kunstwerke, habe sich der Ästhetiker mit seinen grundlegenden Fragen
zu beziehen. Die Ästhetik der letzten Zeit sei viel zu sehr eine
Ästhetik des bloßen Genießens gewesen. Das Kunstwerk in seinem
Bestände und seine Erzeugung habe Ausgangs- und Mittelpunkt der
ästhetischen Untersuchung zu bilden. Aber auch den weiteren Miß-
stand führe die Bevorzugung des ästhetischen Genießens mit sich,
daß das Ästhetische als Kulturerscheinung, als Lebensgebiet nicht ge-
würdigt werde. Ästhetik sei eine Kulturwissenschaft. Die psycho-
logische Ästhetik fasse die Probleme zu individualistisch an und bleibe
im Individualismus stecken. Es gelte, der Ästhetik eine überindivi-
duelle, überpsychologische, in der Gesetzlichkeit der Welt des Geistes
wurzelnde Grundlage zu geben. Das Ästhetische sei ein an und für
sich gültiger Wertbestand, ein in sich zusammengehöriges Ganzes, das
aller Willkür der Subjekte entrückt sei. Diese und ähnliche Gedanken

') Ernst Meumann, System der Ästhetik, 1913, S. 7 ff., 123. Schon in dem Auf-
satz über die Grenzen der psychologischen Ästhetik (Heinze-Festschrift 1906, S. 149 ff.)
hatte er die gleiche Ansicht ausführlich vertreten.

Zeitschr. f. Ästhetik u. allg. Kunstwissenschaft. XII. 25
 
Annotationen