Nr. 7.
ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.
117
dem großen Mittelfeld der Kreuzigung und endlich, nachdem die Wandlung zur
Renaissance sich vollzogen, in dem Altar der Sammlung Somzee, der 1535 bezeich-
net ist. Wenn auch die Anordnung der Jünger um den Tisch noch nahe Verwandt-
schaft mit der niederrheinischen Arbeit, mit der Auffassung des Dirk Bouts hat,
so läßt der innere Gehalt dennoch eine völlig neue Gestaltungsweise ahnen. Das
Großzügige ist stärker betont und trotz der Ruhe die innere Erregung heftiger.
Keine Gestalt ist mehr einzeln für sich; die geordnete und übersichtliche und
dennoch anscheinend so natürliche Gruppenbildung hat sich vollzogen. Die
Formmerkmale der Spätgotik beweisen nunmehr nur in Äußerlichkeiten ihre stil-
bildende Kraft. G. E. L ü t h g e n.
ZWEI EMAILPLATTEN
DER KÖLNER SCHULE.
Mit 2 Abbildungen.
Im Kölner Kunstgewerbemuseum befinden sich zwei Kupferschmelzplatten,
Zwickelfelder eines Reliquienschreines, die zu den vollendetsten Arbeiten des
Grubenschmelzes gehören durch die Feinheit der Zeichnung sowohl wie durch
die starke Kontrastwirkung des Goldes zum dunkelblauen Emailgrunde. Aus
leichten, volutenförmigen Ranken mit kleinem Blattwerk wächst ein Drache heraus
(Abb. 5), der im Maule einen Men-
schen gefaßt hat. Mit dem Messer sucht
dieser sich seiner zu erwehren, indem
er gleichzeitig seinen Gefährten um
Hilfe angeht, der mit erschreckter Ge-
bärde im Gewinde der Ranken sitzt.
In gleichem Besitz findet sich eine
ganz verwandte Darstellung wieder in
einer Initiale S aus verflochtenen Blatt-
ranken und einem geschwungenen
Drachen, der in seinen Krallen einen
Menschen hält, während sein Gefährte
mit der Lanze zwei wolfsartige Tiere
zurücktreibt. Auch hier ist die Farben-
wirkung, Ornament und Drache hell-
blau auf goldenem Grunde von größter
Feinheit. Die vielfachen Verästelungen
des Rankenwerkes deuten hier wie dort
auf eine Verstrickung des Bösen und
Lasterhaften durch Drachen und Un-
geheuer, aus deren Klauen sich der
Mensch zu befreien sucht. Es ist der
gleiche Kampf der Tugenden und
Laster, der später auf dem Chorgestühl
des Kölner Domes in anderer Gestalt
wieder auftaucht, die Idee eines inneren Abb. 4. Initiale. Köln, Ende XII. Jahrh.
ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.
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dem großen Mittelfeld der Kreuzigung und endlich, nachdem die Wandlung zur
Renaissance sich vollzogen, in dem Altar der Sammlung Somzee, der 1535 bezeich-
net ist. Wenn auch die Anordnung der Jünger um den Tisch noch nahe Verwandt-
schaft mit der niederrheinischen Arbeit, mit der Auffassung des Dirk Bouts hat,
so läßt der innere Gehalt dennoch eine völlig neue Gestaltungsweise ahnen. Das
Großzügige ist stärker betont und trotz der Ruhe die innere Erregung heftiger.
Keine Gestalt ist mehr einzeln für sich; die geordnete und übersichtliche und
dennoch anscheinend so natürliche Gruppenbildung hat sich vollzogen. Die
Formmerkmale der Spätgotik beweisen nunmehr nur in Äußerlichkeiten ihre stil-
bildende Kraft. G. E. L ü t h g e n.
ZWEI EMAILPLATTEN
DER KÖLNER SCHULE.
Mit 2 Abbildungen.
Im Kölner Kunstgewerbemuseum befinden sich zwei Kupferschmelzplatten,
Zwickelfelder eines Reliquienschreines, die zu den vollendetsten Arbeiten des
Grubenschmelzes gehören durch die Feinheit der Zeichnung sowohl wie durch
die starke Kontrastwirkung des Goldes zum dunkelblauen Emailgrunde. Aus
leichten, volutenförmigen Ranken mit kleinem Blattwerk wächst ein Drache heraus
(Abb. 5), der im Maule einen Men-
schen gefaßt hat. Mit dem Messer sucht
dieser sich seiner zu erwehren, indem
er gleichzeitig seinen Gefährten um
Hilfe angeht, der mit erschreckter Ge-
bärde im Gewinde der Ranken sitzt.
In gleichem Besitz findet sich eine
ganz verwandte Darstellung wieder in
einer Initiale S aus verflochtenen Blatt-
ranken und einem geschwungenen
Drachen, der in seinen Krallen einen
Menschen hält, während sein Gefährte
mit der Lanze zwei wolfsartige Tiere
zurücktreibt. Auch hier ist die Farben-
wirkung, Ornament und Drache hell-
blau auf goldenem Grunde von größter
Feinheit. Die vielfachen Verästelungen
des Rankenwerkes deuten hier wie dort
auf eine Verstrickung des Bösen und
Lasterhaften durch Drachen und Un-
geheuer, aus deren Klauen sich der
Mensch zu befreien sucht. Es ist der
gleiche Kampf der Tugenden und
Laster, der später auf dem Chorgestühl
des Kölner Domes in anderer Gestalt
wieder auftaucht, die Idee eines inneren Abb. 4. Initiale. Köln, Ende XII. Jahrh.