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Segers-Glocke, Christiane [Hrsg.]; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Haus Altenkamp - ein Herrensitz im Emsland: Denkmalpflege und Kulturgeschichte — Hameln: Niemeyer, Heft 18.2000

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Geschichtlicher Rückblick
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Thoben, Paul: Hermann Anton Bernhard von Velen und der Altenkamp (1723-1767)
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https://doi.org/10.11588/diglit.51269#0016
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Geschichtlicher Rückblick


4 Allianzwappen der Familien von Velen und von Ascheberg zu Botzlar.

bahrten Kaufschilling". Als Kaufpreis übernahm der Käufer 1500
Rthl. Schulden bzw. Hypotheken. Außerdem erhielt Gerhard
Tieman von der Ruhr „... Zeit lebens eine Cammer für sich Und
seine magdt auffs Haus Altenkampf mit nötigen brand und nöti-
gen linnen gewand ... wöchentlich ein reichßthl, .. jährlich ein
feißt schwein, ein feißt schlachtbiest, acht Zehn Vierdop roggen,
ein Vierdop butter, ,..".8 Am selben Tag ratifizierten Johann Cas-
par von der Ruhr und seine Frau Anna Dorothea von Delio den
Kaufvertrag ihres Bruders mit dem Freiherrn von Velen und ver-
zichteten auf alle Rechte auf den Altenkamp, wofür dieser ihnen
450 Rthl. auszuzahlen versprach.9 Am Tag nach Abschluss des
Vertrages ließ der Drost auf Nienhaus ein Publicandum erstellen
und mitteilen, dass er das Haus Altenkamp gekauft habe. Er
warnte davor, „das geringste aus der hovesaat weck zunehmen".
Am 20. März brachte der Aschendorfer Pfarrer Johann Bernard
Schulte diese vom Drosten selbst unterschriebene Bekanntma-
chung seinen Pfarrkindern von der Kanzel zu Gehör.10
Am 1. November 1723 verstarb Gerhard Tieman von der Ruhr,
so dass der neue Eigentümer jetzt an den Abriss des alten Hauses
und an einen Neubau denken konnte. Entsprechend seinem Selbst-
verständnis als Freiherr von Velen, hochfürstlich-münsterscher
Drost im Emsland, Herr der Herrlichkeit Papenburg, Herr zu Neuer-
burg, Engelrade, Ahlen, Dülmen” und jetzt auch Altenkamp, wird
Hermann Anton Bernhard von Velen im Zeitalter des Absolutis-
mus schon zu diesem Zeitpunkt eine Vorstellung davon gehabt
haben, wie sein späteres Domizil in Aschendorf, das ja auch sein
Amtssitz sein sollte, einmal aussehen würde. Zunächst galt es
jedoch, die vom Vorbesitzer verkauften Grundstücke zurückzu-
erwerben und sich die nötigen Geldmittel für den Neubau zu
beschaffen.
Bereits kurz nach dem Erwerb des Hauses Altenkamp kaufte
der Freiherr zur Vergrößerung der Hoovesaat von der Gemeinde
Aschendorf einen an den Altenkamp grenzenden Grund,12 ein
weiteres Stück Land bei der Hoovesaat erwarb er zehn Jahre spä-
ter.13 Bis zum Jahre 1729 kaufte er alle Teile des Eljanskamp, des
Hüberskamp und einen Teil der Ellerlohwiese, die durch die Brü-
der von der Ruhr veräußert worden waren, von den Aschendorfer
Bauern zurück.14
Am 20. August 1726 wurde Hermann Anton Bernhard von
Velen vom Münsteraner Fürstbischof Clemens August mit der
Papenburg belehnt.15 Zu diesem Zeitpunkt befand er sich mit den
Papenburger Siedlern bereits in einem heftigen Streit. Vor dem
Hintergrund scharfer Auseinandersetzungen zwischen den Ständen
und der Landesherrschaft im benachbarten Ostfriesland wehrten

sich die Papenburger Siedler gegen die Anordnung ihres Grund-
herrn, Militärdienst zu leisten. Sie beriefen sich dabei auf die Be-
stimmungen von 1661, die ihnen die Freiheit von militärischen
Lasten zusicherten, und wandten sich an das weltliche Hofgericht
in Münster. Dieses folgte jedoch nicht ihrer Argumentation und
ordnete die Exekution des Urteils an. Als daraufhin am 30. Sep-
tember 1727 150 bewaffnete Bauern unter Führung des Aschen-
dorfer Gerichtsschreibers Tecklenburg zur Eintreibung der verhäng-
ten Strafgelder in Papenburg einrückten, wurden sie entwaffnet,
verprügelt und aus dem Ort hinausgejagt. Damit war die offene
Rebellion ausgebrochen, die jedoch drei Wochen später unter
Einsatz von 300-400 Berittenen und Soldaten niedergeschlagen
wurde. Am 23. Oktober schließlich beschworen 147 Papenburger
Männer und Frauen eine von Richter Kock vorgelegte Unterwer-
fungsurkunde, in der sie die Rechtmäßigkeit ihres Handelns ver-
leugneten, den Gehorsamseid gegenüber ihrem Grundherrn
erneuerten und auf eigenmächtig gewählte Gemeindeorgane
verzichteten. Außerdem legte dieser „Vergleich", auch Urfehde
genannt,16wie eine Erbschuld jedem Einwohner die Pflicht von
zwei bis drei künftig der velenschen Herrschaft zu leistenden
Hand- und Spanndienste auf.17
Diese Bestimmungen hatten zur Folge, dass sich gegenüber
dem Zustand vor der Rebellion eine Abgaben- und Lastensteigerung
für die Papenburger ergab.18 Der Widerstand der Siedler gegen ih-
ren Grundherrn war gebrochen, die verschärften Abgabebedingun-
gen und ihre wie eine Erbschuld übernommenen Verpflichtungen
wirkten auf Generationen hinaus lähmend.19
Vier Monate nach Unterzeichnung dieser Urkunde begann
Hermann Anton Bernhard von Velen mit dem Bau seines neuen
Herrenhauses.20 So drängt sich die Vermutung auf, dass es dem
Freiherrn bei seinem Vorgehen gegenüber den Papenburger Sied-
lern in erster Linie darum ging, sich die erforderlichen Gelder für
den neuen Herrensitz mit dem großzügig geplanten Garten zu
sichern.21 Zwei in den vorliegenden Verträgen und Urkunden ge-
nannte Personen weisen ebenfalls auf diesen Zusammenhang hin.
Da ist zum einen der Papenburger Pastor Christoph Bernhard von
der Ruhr, der im Jahre 1721 von Christoph Alexander von Velen
als zweiter Pfarrer an St. Antonius präsentiert wurde. Von der
Ruhr war ein Verwandter des Vorbesitzers von Haus Altenkamp.
In den Altenkamper Akten wird er einmal erwähnt, als er 1722
einen Teil des Hüberskamp, der ihm von seinem Oheim überge-
ben war, an B. A. Öding verkauft, der ihn ein Jahr später an Her-
mann Anton Bernhard von Velen weiterverkauft.22 Bezeichnend
ist nun, dass von der Ruhr, der die Papenburger Pfarrerstelle si-
cherlich bekommen hat, um die Altenkamper Verkaufsverhand-
lungen positiv zu beeinflussen, sich bei dem Konflikt im Jahre
1727 auf die Seite der Siedler stellt und den schon oft zitierten
Satz prägt: „Denn es ist ja besser sterben als allezeit würgen."23
Sicherlich wird bei dem Verhalten des Pfarrers gegenüber dem
Papenburger Grundherrn die Tatsache eine Rolle gespielt haben,
dass dieser mit allen Mitteln daran ging, sich in den Besitz von
Grundstücken zu bringen, die früher einmal seiner Familie gehört
hatten.
Die andere in diesem Zusammenhang zu nennende Person
ist der Papenburger Notar, Gerichtsschreiber und velensche Rent-
meister Gerhard Henrich Dallmeyer, der im Jahre 1718 das alte
Haus Papenburg von Christoph Alexander von Velen gekauft hatte.24
Alle Schriftstücke, die den Verkauf des Hauses Altenkamp betref-
fen, wurden von Dallmeier beurkundet, der damit das unbedingte
Vertrauen seines Auftraggebers genoss. Als Gerichtsschreiber war
er auf Seiten des Freiherrn in die Vorgänge verwickelt, die schließ-
lich zum Aufstand des Jahres 1727 führten.25 Als Dallmeier am
9.8.1727 starb, übernahm sein Sohn Franz Henrich das Rentmeis-
teramt.26 Dieser fungierte während der folgenden Jahre als Zahl-
meister in den Rechnungsbelegen für Haus Altenkamp.27

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