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Segers-Glocke, Christiane [Editor]; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Haus Altenkamp - ein Herrensitz im Emsland: Denkmalpflege und Kulturgeschichte — Hameln: Niemeyer, Heft 18.2000

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Geschichtlicher Rückblick
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Harpel, Gerd: Familie Behnes als Eigentümerin von Gut Altenkamp (1856-1981)
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https://doi.org/10.11588/diglit.51269#0023
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Geschichtlicher Rückblick


2 Dr. Georg Behnes (1805-1870).

3 Clara Behnes, geb. Niehaus (1804-1890).

die, den breiten Mittelweg flankierend, die einzelnen Seitenqua-
drate einfassen, stehen noch 480 Meter, der Rest hat am Ende
des Gartens einer Obstbaumpflanzung weichen müssen. Indessen
möchte kaum im nordwestlichen Deutschland eine gleichartige
Anlage in dem Umfang erhalten sein."’0
Clemens Augusts ältester Sohn Georg (1870-1951) war seit
1901 mit nur 31 Jahren als jüngster Landrat im damaligen König-
reich Preußen zunächst in Meppen tätig. Da er das von den
Eltern am 16.01.1904 geerbte Haus und Gut Altenkamp besaß,
das zu dieser Zeit einen jährlichen Ertragswert von 45.000 Mark
und eine Gesamtgröße von etwa 146 ha hatte,” bat er um die
Versetzung als Landrat nach Aschendorf. Er begründete seinen
Vesetzungsantrag damit, dass er das Gut „von Meppen aus nicht
genügend beaufsichtigen und bewirtschaften könne, zumal die-
ser Zustand schon einige Jahrzehnte dauere".12 Diesem Wunsche
wurde 1923 entsprochen.
Gegen Ende des Ersten Weltkrieges musste im Zuge der De-
mobilisierung durchziehenden Truppen von der Bevölkerung lau-
fend Quartier gewährt werden. Auch Haus Altenkamp wurde mit
Einquartierung belegt. Hier hauste eine Soldateska, die die Sand-
steinstufen der Freitreppe zertrümmerte, die Fußböden in den
Räumen zerhackte und die dort hängenden Ölbilder sowie die
Wandvertäfelungen demolierte. Das Anzünden der Taxushecken
konnte durch den gerade aus dem Krieg nach Hause zurückge-
kehrten alten Landser und Unteroffizier „Schulten Mothe" noch
verhindert werden. Zu dieser Zeit bewohnte und betreute Georgs
Tante, Clementine Lamby geb. Behnes als 84jährige Witwe das
Haus Altenkamp.13
Seit 1923 lebte die Familie des Landrates im Haus Altenkamp.
Da Georg Behnes seit seiner Pensionierung ab 1935 als Kreisjäger-
meister fungierte, richtete er sich hier auch ein Büro ein, das mit
einer Schreibkraft besetzt war. Zwischenzeitlich hatte er einige zum
Gut Altenkamp gehörende Moorflächen an seinen Vetter Clemens
Vagedes zur Erweiterung des Deverhofes und an den Kommerzien-
rat Dieckhaus in Aschendorfermoor verkauft. Außerdem musste
er um 1932 ca. 25 ha Moor- und Heideflächen für den geplanten
Bau des Emsseitenkanals sowie für den Bau der Aschendorfer
Umgehungsstraße (B70) durch den Altenkamper Busch (um
1955) nochmals ca. 11 ha abgeben. Andererseits konnte Georg

Behnes den „Feldkamp" und die „Neue Weide" mit ca. 7 ha
hinzuerwerben, planieren und ebenso kultivieren wie die etwa
6 ha große Ödlandfläche der „Behnkers Wiese" zwischen der
Bülte und der Emdener Straße. An der Russellstraße im Aschen-
dorfer Untermoor hat er eine Heuerstelle gegründet.14
Nachdem am 9. September 1936 mit der Hochzeit der ein-
zigen Tochter Elisabeth das letzte größere Fest im Saal des Hauses
Altenkamp gefeiert wurde, ist die Inneneinrichtung des so ge-
nannten Schlosses 1945 durch die Besatzungsmacht weitgehend
zerstört worden. Die Einquartierung auf Haus Altenkamp begann
am 1. April 1945 zunächst mit der deutschen Marine-Infanterie,
die nach Ausräumung des Saales dort untergebracht wurde.
Außerdem mussten Schlaf- und Wohnräume für die Offiziere
bereitgestellt werden. Vom 16. bis 19. April folgten Tieffliegeran-
griffe, Artilleriebeschuss und Bombenabwürfe auf Aschendorf
und Umgebung, sowie vor allem auf Haus Altenkamp, da man
hier einen militärischen Stützpunkt vermutete. Während rund um
das Gebäude Bomben fielen, blieb das Haus selbst ungetroffen.
Bei einem alliierten Fliegerangriff auf den Altenkamper „Behnes
Busch" am 17. April starben drei Aschendorfer Volkssturman-
gehörige und sieben Soldaten der deutschen Wehrmacht. An
diesen Kampftagen wohnten unter den Kellergewölben von Haus
Altenkamp neben Familienangehörigen von Behnes etwa 60 Per-
sonen aus der Nachbarschaft, die sich mit ihrem wichtigsten Hab
und Gut dort notdürftig eingerichtet hatten.15
Am 20. April wurde Aschendorf von den polnischen Streit-
kräften genommen und den Soldaten drei Tage zur Plünderung
freigegeben.
Zum Ende des Zweiten Weltkrieges sind lediglich 35% der
Wohnhäuser und nur 27% der landwirtschaftlichen Gebäude in
Aschendorf unbeschädigt geblieben.16
Auch das Wohn- und Wirtschaftsgebäude der „Behnesschen
Plaatze im Untermoor" brannte völlig nieder. Da man dieses Haus
im relativ einsamen und unzugänglichen Moor für sicher hielt,
wurden hier wertvolle Einrichtungsgegenstände vom Altenkamp
wie z.B. Ahnenbilder und wertvolle Gemälde, Teppiche, Wäsche
und Schmuck versteckt, die alle ein Raub der Flammen wurden.
Am 22. April folgte dann die Beschlagnahme von Haus Altenkamp
für das polnische Hauptquartier. Der 75jährige Georg Behnes

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