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Segers-Glocke, Christiane [Editor]; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Haus Altenkamp - ein Herrensitz im Emsland: Denkmalpflege und Kulturgeschichte — Hameln: Niemeyer, Heft 18.2000

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Die Restaurierung des Entrées (1998/99)
DOI article:
Lilge, Rüdiger: Zur Schadstoffbelastung im Emsland
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.51269#0063
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Die Restaurierung des Entrees (1998/99)

Zur Schadstoffbelastung im Emsland

Rüdiger Lüge
Einleitung
Zu einer gründlichen Anamnese als Bestandteil eines fundierten
Restaurierungskonzeptes für Kulturdenkmale gehört als integraler
Bestandteil auch die Berücksichtigung der regionalen (und bedingt
auch der globalen) Umweltsituation.
Die Restaurierung der Ausmalung im Entree des Hauses Alten-
kamp war Ausgangspunkt für eine derartige Recherche. Obwohl
sich die Malereien in einem Innenraum (mit Außenwand) befinden,
ist zu vermuten, dass an der Entstehung der an der Malerei bezie-
hungsweise ihrer Trägersubstanz aufgetretenen Schadensbilder
(Feuchtigkeitsschäden, Salzausblühungen, Putz- und Malschicht-
abblätterungen, mikrobieller Befall) Umwelteinflüsse beteiligt wa-
ren und diese auch zukünftig eine Gefahr darstellen könnten.
Das Ausmaß jeder regionalen Schadstoffbelastung ist durch
ein enges Zusammenspiel von Emissionsquellen und Klimafaktoren
geprägt. Ausgestoßene Immitate, zum Beispiel durch die Industrie,
den Verkehr oder auch die Landwirtschaft, werden durch klimati-
sche Einflüsse transportiert und verteilt. So tragen Winde zunächst
die einzelnen Komponenten heran (mitunter auch aus sehr großen
Entfernungen, weshalb eine großräumige anthropogene Schad-
stoffverteilung ebenfalls in Betracht kommt). Anschließend gelan-
gen die luftgetragenen Stoffe entweder als trockene Deposition
(zum Beispiel im Schwebstaub) zu einem Rezeptor, oder sie wer-
den durch Niederschläge (feuchte Deposition) auf ihn aufgetragen.
Für den Schadstoffeintrag in das Gebäudeinnere ist schließlich
das Mikroklima verantwortlich, das die Diffusion und den Lösungs-
transport im Baumaterial bewirkt und Kristallisationsvorgänge in
Putzen und Malschichten steuert (Lüge & Glashoff 1996), wobei
auch die relative Luftfeuchte eine Rolle spielt.
Diese vielfältigen Aspekte wurden bei der Restaurierungsmaß-
nahme im Entree von Haus Altenkamp berücksichtigt. Eindeuti-
gere Nachweise zur Abhängigkeit der Schäden von spezifischen
Einflüssen werden allerdings wohl eher durch die raumklimatischen
Untersuchungen erbracht, die ebenfalls Bestandteil der Anamnese-
Phase waren1. Die vorliegende Ausarbeitung ist als ein Baustein
des Gesamtprojektes zu verstehen, der im Zusammenhang mit
den übrigen Befunden zu interpretieren ist.
Messstationen zur klimatischen und immissionsbezo-
genen Datenerfassung
Zur Erschließung der klimatischen und immissionsbezogenen Si-
tuation im größeren Umkreis von Haus Altenkamp wurde auf die
Daten der Berichte und Veröffentlichungen des Deutschen Wet-
terdienstes (DWD) und dessen Vorgängereinrichtungen sowie des
Niedersächsischen Landesamtes für Ökologie (NLÖ) zurückgegrif-
fen, da diese die einzigen sind, die eindeutig und statistisch abge-
sichert sind. Verläßliches Datenmaterial zu den Immissionen wird
allerdings erst seit den 1980er-Jahren regelmäßig erhoben. Den-
noch kann auf dieser Basis vorsichtig auch eine rückwirkende Ein-
schätzung erfolgen. Die Daten wurden an den Altenkamp am
nächsten liegenden Messstationen wie folgt erhoben:
a) Klimadaten:
a.1) Niederschlagsmengen, Luftfeuchte, Temperatur,
Sommer- u. Frosttage:

Edewechterdamm, Emden, Lingen und Nordhorn (Deutscher
Wetterdienst 1951-80), Papenburg (Preußisches Meteorologisches
Institut 1897-1932, Reichsamt für Wetterdienst 1934-36, Meteo-
rologisches Amt für Nordwest-Deutschland 1947-52, Deutscher
Wetterdienst 1951/52-1994), Aschendorf (Meteorologisches Amt
für Nordwest-Deutschland 1950-52), Dersum (Preußisches Meteo-
rologisches Institut 1924/26, Meteorologisches Amt für Nordwest-
Deutschland 1945) und Lathen (Preußisches Meteorologisches In-
stitut 1911/12, Meteorologisches Amt für Nordwest-Deutschland
1946).
a.2) Windrichtungs- u. Windgeschwindigkeitsverteilung:
Wilhelmshaven-Voslapp, Emden-Twixlum und Lingen (Nieder-
sächsisches Landesamt für Ökologie - Lufthygienisches Überwa-
chungssystem Niedersachsen (NLÖ-LÜN) 1988-92).
a.3) Spezifische Messdaten bezüglich des Jagdschlosses
Clemenswerth:
Sögel (Wilhelm-Klauditz-Institut, Auftragsmessung der Deut-
schen Bundesstiftung Umwelt und des Niedersächsischen Landes-
verwaltungsamtes, Institut für Denkmalpflege 11/1993-06/1995).
b) Daten zur Luftgüte:
Emden-City, Emden-Twixlum, Emden-Borssum, Cloppenburg
und Lingen (Niedersächsisches Landesamt für Ökologie - Lufthy-
gienisches Überwachungssystem Niedersachsen (NLÖ-LÜN) 1982—
97), Sögel (Niedersächsisches Landesamt für Ökologie - Lufthy-
gienisches Überwachungssystem Niedersachsen (NLÖ-LÜN), Auf-
tragsmessung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt und des
Niedersächsischen Landesverwaltungsamtes, Institut für Denkmal-
pflege 1994).
Die geographische Situation und die Infrastruktur
Die Stadt Aschendorf (und damit Haus Altenkamp) liegt im nörd-
lichen Emsland, also im äußersten Westen von Niedersachsen, auf
einer Höhe von circa 2 m über NN. Unmittelbar westlich der Stadt
verläuft die Ems und wenige Kilometer weiter die niederländische
Grenze.
Unter dem Begriff Emsland ist ein Wirtschaftsraum beider-
seits der Ems zu verstehen. Eine eindeutige geographische und
politische Abgrenzung gibt es - mit Ausnahme für den Landkreis
Emsland - nicht (Hugenberg 1977).
Wird das Emsland in einer größeren, geographischen und
wirtschaftlichen Einheit betrachtet, so ist es am ehesten der Ems-
Dollart-Region zuzuordnen, die aus den niedersächsischen Regio-
nen Ostfriesland und Emsland, den niederländischen Provinzen
Groningen und Drenthe sowie den ostfriesischen Inseln und eini-
gen westfriesischen Inseln (Rottumerplaat, Rottumeroog) besteht.
Der Dollart bildet mit der Ems als natürliche Grenze zwischen Ost-
friesland und der Provinz Groningen den zentralen Zugang zur
Nordsee. Traditionell ist das Emsland nicht nur mit Deutschland
sondern ebenso mit den Niederlanden verwachsen.
Die Bodenschätze der Region bestehen überwiegend aus
Erdöl und Erdgas. Eine große wirtschaftliche Bedeutung ist auch
der Torfgewinnung beizumessen. Im Emsland befinden sich die
größten Erdölfelder und die dichteste Torfmoor-Landschaft West-
Deutschlands (Hamm 1968). Die wichtigsten Brennstoffe für
Gewerbe, Industrie und Haushalte waren früher die Kohle und
der Torf; heute ist es das Erdgas.

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