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Segers-Glocke, Christiane [Editor]; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Haus Altenkamp - ein Herrensitz im Emsland: Denkmalpflege und Kulturgeschichte — Hameln: Niemeyer, Heft 18.2000

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Die Restaurierung des Entrées (1998/99)
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Lilge, Rüdiger: Zur Schadstoffbelastung im Emsland
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https://doi.org/10.11588/diglit.51269#0066
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Die Restaurierung des Entrees (1998/99)

die darunterliegenden Bodenschichten jedoch noch feucht waren,
entwickelte sich ein starker Qualm (sogenannter „Haarrauch"),
der in gewaltigen Wolken von Winden vertrieben wurde und
über weite Flächen zog. Der entstandene Nebel war so intensiv,
dass selbst in weiter entfernten Gegenden mitunter tagelang die
Sonnenstrahlen vermindert waren. Der „Haarrauch" wurde nach
mehreren Wochen häufig durch ein mieselig-kühles Regenwetter
abgelöst, weil sich die entstandene Luftfeuchtigkeit um seine
winzigen Rauchteilchen absetzte und mit diesen Tröpfchen zu
Boden ging. Der Moorbrand - bis dahin in der gesamten Region
(auch in Ostfriesland und den Niederlanden) weit verbreitet -
wurde schließlich zu Beginn dieses Jahrhunderts durch die Kunst-
düngung abgelöst, die den Anbau anderer Kulturen ermöglichte
(Hamm 1968).
1783 verursachte der bis dahin größte Vulkanausbruch in
der Geschichte Islands eine globale, folgenschwere Schwefelim-
mission. Dabei sollen 13 bis 63 Millionen Tonnen Schwefeldioxid
(SOz) in die Atmosphäre geschleudert worden sein, das von den
gleichzeitig ausgeschiedenen Staubteilchen gebunden wurde.
Diese breiteten sich durch Winde über ganz Europa und Nord-
Afrika aus, wovon auch das Emsland betroffen war. Dort - wie
auch in andereren Regionen - machte sich ein schwefelartiger
Geruch beziehungsweise ein schweflig-salpetriger Geschmack
bemerkbar. Überall legte sich ein klebriger, salziger und feuchter
Film nieder, sodass selbst das Wasser nicht mehr zu gebrauchen
war. Durch die Immission kam es auch zu klimatischen Verände-
rungen: Zunächst stellte sich bei großer Hitze eine Art Treibhaus-
effekt ein, worauf dann eine mehrjährige Abkühlung der Erdtem-
peratur um fast 2° C folgte. (Santel 1997).
Diese beiden Beispiele belegen, dass schon in historischer
Zeit erhebliche Immissionen und dadurch extreme Witterungs-
bedingungen auftraten, die sich im Zusammenspiel auch auf die
Bausubstanz des Hauses Altenkamp ausgewirkt haben könnten.
Gegenwärtige Schadstoffbelastung
Die folgenden Angaben stützen sich ausschließlich auf die Mess-
ergebnisse des Niedersächsischen Landesamtes für Ökologie
(NLÖ). Das Material ist zunächst ausreichend, um eine erste Ein-
schätzung zur gegenwärtigen Schadstoffbelastung der Region ge-
ben zu können. Ein Anspruch auf Vollständigkeit besteht jedoch
nicht; eine Gewährleistung für die Richtigkeit der gemachten An-
gaben kann nur im begrenzten Umfang übernommen werden. So
basieren die Angaben zur Belastung durch Metalle nur auf dem
Zeitraum 1992-1993.
Tabelle 1 zeigt, dass die Region durch eine erhöhte Ammoniak
(NHaj-Belastung, eine stark erhöhte bis sehr hohe Chlorid-Belas-
tung, eine erhöhte Sulfat (SO4)-Belastung und eine stark erhöhte
bis sehr hohe Natrium (Na)-Belastung gekennzeichnet ist.
Beim Vergleich der Belastungswerte dieser Komponenten mit
denen anderer Regionen wird deutlich, dass Emden mit Abstand
die höchsten Chlorid- und Natrium-Belastungen von ganz Nieder-
sachsen aufweist, wobei allein die Werte für Chlorid 4-5 mal
höher sind als an anderen Messstationen. In etwas relativierter
Form gilt das ebenso für Lingen. Damit ist es ziemlich wahrschein-
lich, dass diese Belastungsgrade auch das gesamte Gebiet betref-
fen, das zwischen diesen Städten liegt, also auch den Raum Papen-
burg-Aschendorf (und somit Haus Altenkamp).
Ursache für die hohen Belastungen durch Chlorid und Natri-
um ist nach Ansicht des Niedersächsischen Landesamtes für Öko-
logie der küstennahe Raum4, das heißt, die Komponenten werden
durch Seewinde herangetragen, wobei diese vermutlich zunächst
als Natriumchlorid (NaCI) gebunden sind und sich anschließend
spalten5.

Für die hohe Sulfatbelastung ist die anthropogene, großräu-
mige Verteilung zuständig beziehungsweise wird sie ebenfalls
durch Seewinde herangetragen6. Die Sulfatbelastung in Nieder-
sachsen hat sich zwar in der Zeit von 1986 bis 1993 halbiert7,
doch kann davon ausgegangen werden, dass sie seit langer Zeit
in hohen Konzentrationen im Emsland auftrat.
Die Komponenten Chlorid und Sulfat gelangen überwiegend
durch Niederschläge (feuchte Deposition), Natrium dagegen auch
als trockene Deposition (Staub) zu einem Rezeptor.
Die relativ hohe Ammoniak-Belastung kann dagegen - zu-
mindest im Rahmen dieser Ausarbeitung - keiner direkten Ursa-
che zugeordnet werden. Eventuell könnte hierbei aber die Land-
wirtschaft eine Rolle spielen.
Im Gegensatz zu den vorgenannten Komponenten weist die
Region hinsichtlich Schwefeldioxid (SO2), Stickstoffdioxid (NO2),
Stickstoffmonooxid (NO), Kohlenmonooxid (CO) und Staub (als
Transportmedium) in der heutigen Zeit keine außergewöhnlichen
Belastungen auf. Weder in den Jahres- noch in den Monatsmit-
teln sind extreme Schwankungen erkennbar.
Für die Region gilt allerdings, dass die Konzentrationen dieser
Komponenten am häufigsten sowohl bei südlichen (SE, S, SW) als
auch bei nördlichen Winden (NW, N, NE) ansteigen, wobei den
südlichen Winden eine geringfügig größere immissionsrelevante
Bedeutung beizumessen ist. Wie bereits erwähnt, herrschen in
der Region am häufigsten südwestliche Winde vor.
Die Ozon (Osj-Belastung der Region kann zeitweilig leicht
erhöht sein, was allerdings in keinem Verhältnis zu den Messer-
gebnissen anderer niedersächsischer Stationen (wie im Solling
oder Harz) steht.
Abschließende Einschätzung
Aufgrund der vorliegenden Ergebnisse muss vermutet werden,
dass die Bausubstanz des Hauses Altenkamp seit langer Zeit star-
ken Chlorid-, Sulfat-, Natrium- und Ammoniak-Belastungen aus-
gesetzt ist. Da die Region Emsland darüber hinaus niederschlags-
reich ist und eine erhöhte relative Luftfeuchte aufweist, sind diese
Belastungsfaktoren zu berücksichtigen. So könnten Chlorid und
Sulfat bei den Salzausblühungen an den Innenwänden des Ent-
rees eine Rolle gespielt haben.
Außerdem sind Immissionen von Schwefel- und Kohlenstoff-
verbindungen für die vergangenen Jahrhunderte vorauszusetzen.
Größere Emissionen durch Industrien als Ursache der Belas-
tungen konnten im Rahmen dieser Ausarbeitung nicht nachge-
wiesen werden.

Anmerkungen
1 Vgl. hierzu den Beitrag von Helmut Berling in dieser Publikation.
2 Eggelsmann (1983) beruft sich auf Angaben aus dem Klimaatlas
für Niedersachsen, wobei er jedoch keine Bezugszeiträume nennt.
3 Vgl. Anm. 2.
4 Niedersächsisches Landesamt für Ökologie,
LÜN-Monatsbericht November 1994, Anhang.
5 Persönliche Auskunft von Dr. Giesen
(Niedersächsisches Landesamt für Ökologie).
6 Vgl. Anm. 5.
7 Vgl. Anm. 4.

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