DEB TEMPEL VON SUNION
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lobate sagt: si enim ad libellam dirigetur, alveolatum oculo vi-
debitur, scheint er die von Penrose wieder entdeckte Curva-
tur der Horizontalen im Auge zu haben. Allein Scamilli, wel-
che einen derartigen Zweck erfüllen, sind bisher an keinem
einzigen antiken Bauwerke gefunden worden. Obwohl nun
die scamilli impares am Tempel von Sunion eine andere Be-
stimmung haben, erscheint mir doch die Möglichkeit nicht
ausgeschlossen, dass sie mit den Scamilli des Vitruv identisch
sind, und dass bei Vitruv irgend ein Missverständniss vor-
liegt. Ich mache übrigens ausdrücklich darauf aufmerksam,
dass an den 9 Säulen des südlichen Pteron keine solchen Sca-
milli vorhanden sind, und dass ferner bei allen Pteronsäulen
die untere Trommel im Aeusseren um etwa 10mm höher ist
als im Inneren. Durch die letztere Anordnung wird eine Nei-
gung der Säulenaxe nach Innen bewirkt.
Das wichtigste Ergebniss der Ausgrabungen war die Auf-
findung des älteren Poros-Tempels unter dem jün-
geren Marmorbau.
Wer den Querschnitt auf Tafel XVI mit Aufmerksamkeit
betrachtet, erkennt bald, dass die durch eine hellere Schraffi-
rung bezeichneten Marmorstufen ganz unorganisch mit den
dunkler schraffirten Porosquadern verbunden sind. Die erste-
ren sind höher als.die Schichten des Porosmauerwerkes. Um
die für die zweite und dritte Marmorstufe erforderliche Höhe
zu gewinnen, musste von der zweiten Porosschicht ein Strei-
fen von etwa 50“m, von der dritten ein solcher von etwa 95mrn
abgearbeitet werden. Bringt uns schon diese Beobachtung auf
die Vermuthung, dass die Marmorstufen vielleicht ein späte-
rer Zusatz seien, so wird diese Vermuthung zur Gewissheit,
wenn wir bemerken, dass die Marmorstufen auf einem beson-
deren, mit der Porosmauer gar nicht im Verbände stehenden
Fundamente ruhen, und dass dieses später hinzugefügte Fun-
dament aus alten Architekturstücken eines Porosbaues be-
steht. Es ist selbstverständlich undenkbar, dass das aus re-
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lobate sagt: si enim ad libellam dirigetur, alveolatum oculo vi-
debitur, scheint er die von Penrose wieder entdeckte Curva-
tur der Horizontalen im Auge zu haben. Allein Scamilli, wel-
che einen derartigen Zweck erfüllen, sind bisher an keinem
einzigen antiken Bauwerke gefunden worden. Obwohl nun
die scamilli impares am Tempel von Sunion eine andere Be-
stimmung haben, erscheint mir doch die Möglichkeit nicht
ausgeschlossen, dass sie mit den Scamilli des Vitruv identisch
sind, und dass bei Vitruv irgend ein Missverständniss vor-
liegt. Ich mache übrigens ausdrücklich darauf aufmerksam,
dass an den 9 Säulen des südlichen Pteron keine solchen Sca-
milli vorhanden sind, und dass ferner bei allen Pteronsäulen
die untere Trommel im Aeusseren um etwa 10mm höher ist
als im Inneren. Durch die letztere Anordnung wird eine Nei-
gung der Säulenaxe nach Innen bewirkt.
Das wichtigste Ergebniss der Ausgrabungen war die Auf-
findung des älteren Poros-Tempels unter dem jün-
geren Marmorbau.
Wer den Querschnitt auf Tafel XVI mit Aufmerksamkeit
betrachtet, erkennt bald, dass die durch eine hellere Schraffi-
rung bezeichneten Marmorstufen ganz unorganisch mit den
dunkler schraffirten Porosquadern verbunden sind. Die erste-
ren sind höher als.die Schichten des Porosmauerwerkes. Um
die für die zweite und dritte Marmorstufe erforderliche Höhe
zu gewinnen, musste von der zweiten Porosschicht ein Strei-
fen von etwa 50“m, von der dritten ein solcher von etwa 95mrn
abgearbeitet werden. Bringt uns schon diese Beobachtung auf
die Vermuthung, dass die Marmorstufen vielleicht ein späte-
rer Zusatz seien, so wird diese Vermuthung zur Gewissheit,
wenn wir bemerken, dass die Marmorstufen auf einem beson-
deren, mit der Porosmauer gar nicht im Verbände stehenden
Fundamente ruhen, und dass dieses später hinzugefügte Fun-
dament aus alten Architekturstücken eines Porosbaues be-
steht. Es ist selbstverständlich undenkbar, dass das aus re-