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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Editor]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 16.1891

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Heft 3
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Mayer, Maximilian: Noch einmal Lamia
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https://doi.org/10.11588/diglit.37656#0318

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302

NOCH EINMAL LAMIA

ber eine kurze stumpfe Nase, endlich gräulich verdrehte, nach
aussen schielende1 Augen mit langen Wimpern und — eine
noch grössere Seltenheit — huschige abstehende Augenbrauen.
Dass die komische Bühne nur eine Megäre dieser Art oder
eine hervorragend populäre besass, nämlich Lamia, habe ich
früher an einem Vasenbild verwandter Technik (Arch. Zei-
tung 1885 S. 120 ff.) auseinandergesetzt. Die Deutung des-
selben, wo das Weib in zottigem Fell nur einem sphinxarti-
gen Ungeheuer gegenüberstand, erhält jetzt hoffentlich ihre
volle Bestätigung; nicht nur durch den Satyrchor, sondern
auch bis zu einem gewissen Grade durch die Palme, welche
vielleicht sicherer auf libysche Localität hinweist als der
negerähnliche Typus, der sich bei so ausgesprochener Häss-
lichkeit und besonderer Betonung des gefrässigen Rachens
am Ende auch unbeabsichtigt einstellen mochte.
Vor langer Zeit hat Stephani in den Melanges archeolo-
giques, die mir hier nicht zur Hand sind, angefangen die Va-
sen zu sammeln, wo Satyrn in eine heroische oder sonst wie
ihnen fremde Scene hineintanzen oder sich irgendwie darin
zu schaffen machen. Doch handelt es sich da meistens, soviel
ich mich entsinne, um ganz willkürliche Einmischung,
manchmal gar um zuschauende Bepräsentanten der freien
Natur, wie sie sich der Kunst bei allmählicher Verwechse-
lung von Pan und Satyrn ergaben. Wirkliche Travestirung
mythischer Momente ins Satyreske hat zuerst 0. Jahn nach-
gewiesen, bei dem auch ein Satyrchor in Verbindung mit
Herakles nicht fehlt. Was aber unser Bild von allen ähnlichen
unterscheidet, ist, dass die Satyrn die alleinigen Träger der
Handlung sind, und dass der Gegenstand an sich, die Larnia-
Fabel, nur im Volksmärchen und in der Posse existirte, ohne
erst durch die Tragödie gegangen zu sein2. Von einer Über-

1 Nur bei ihr ist, der Monstrosität halber, die Pupille durch Einritzen
angegeben; bei den Satyrn fehlt sie, wie bei der Kirke S. 308und öfter in
diesem Stil.
2 Es widerspricht dem natürlich nicht, dass sie bei Euripides, wahr-
scheinlich in einem Satyrspiel, den Prolog sprach; s. Arch. Zeitung a, a. 0.
 
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