EPINETRON UND WEBSTUHL
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gerne wünschte. Zur Erklärung zog schon der Herausgeber
A. Conze (Annah dell'Instituto 1872,192) ähnliche Webstühle
heran, die in Mittel- und Nord-Europa im Gebrauch waren,
u. a. den bei Worsaae, Nordiske Oldsager i det Kgl. Museum
i Kjöbenliavn (1859) S. 159 Nr. 558 abgebildeten Webstuhl
der Färöer, der sich im Kopenhageuer Nationaimuseum be-
findet. Dies Verfahren ist gewiss vollkommen berechtigt,
und die klassische Archäologie könnte nur Vorteil daraus
ziehen, wenn etwas ähnliches öfter geschähe. Denn das
meiste Kulturgut, das die Völker Mittel- und Nord-Europas
seit alter Zeit besitzen, entstammt den klassischen Ländern
des Südens, und vieles, was im Süden längst zu Grunde ge-
gangen, hat sich bei den nördlicheren Völkern bis auf die
neuere Zeit vererbt.
Es ist nicht meine Absicht, hier auf die technischen De-
tails des Webens näher einzugehen, sondern nur die Wor-
saae'sche Abbildung des färöischen Webstuhles und das Ver-
fahren Conze's und Anderer, die ihm gefolgt sind, durch ein
paar kurze Bemerkungen gegen einen neuerdings geführten,
sehr scharfen Angriff in Schutz zu nehmen. Herr von Kima-
kowicz-Winicki hat in seiner Schrift "Spinn- und Webewerk-
zeuge, Entwickelung und Anwendung in vorgeschichtlicher
Zeit Europas' (Würzburg 1910) einen ähnlichen Weg einge-
schlagen wie Herr Xanthudides in dem oben citierten Auf-
sätze, indem er heutige Vorrichtungen und Arbeitsweisen
der siebenbürgischen Romänen zur Erklärung prähistorischer
Fundstücke und zur Beleuchtung der Webetechnik des Alter-
tums benützt. Der Versuch ist aber nicht glücklich ausge-
fallen. Ich lasse die vielen Irrtümer, die das Buch enthält,
hier bei Seite und hebe nur hervor, was über den aufrechten
Webstuhl gesagt wird.- Es sind starke Worte: "Die Zeich-
nung (bei Worsaae, 1. c.) stellt in ihrer Gesamtheit für den
Fachkundigen ein sinnloses Phantasiegebilde dar, das in
Wirklichkeit in dieser Art niemals existierte (S.36); es ist gar
kein Webstuhl, sondern ein Flechtgestell . . . (S. 38); der zwi-
schen den Kettenfäden über den Querstäben eingezeichnete
Gegenstand, der ein gestieltes Weberschiffchen sein könnte,
gehört ebensowenig wie die dargestellte Kette zu dem abge-
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gerne wünschte. Zur Erklärung zog schon der Herausgeber
A. Conze (Annah dell'Instituto 1872,192) ähnliche Webstühle
heran, die in Mittel- und Nord-Europa im Gebrauch waren,
u. a. den bei Worsaae, Nordiske Oldsager i det Kgl. Museum
i Kjöbenliavn (1859) S. 159 Nr. 558 abgebildeten Webstuhl
der Färöer, der sich im Kopenhageuer Nationaimuseum be-
findet. Dies Verfahren ist gewiss vollkommen berechtigt,
und die klassische Archäologie könnte nur Vorteil daraus
ziehen, wenn etwas ähnliches öfter geschähe. Denn das
meiste Kulturgut, das die Völker Mittel- und Nord-Europas
seit alter Zeit besitzen, entstammt den klassischen Ländern
des Südens, und vieles, was im Süden längst zu Grunde ge-
gangen, hat sich bei den nördlicheren Völkern bis auf die
neuere Zeit vererbt.
Es ist nicht meine Absicht, hier auf die technischen De-
tails des Webens näher einzugehen, sondern nur die Wor-
saae'sche Abbildung des färöischen Webstuhles und das Ver-
fahren Conze's und Anderer, die ihm gefolgt sind, durch ein
paar kurze Bemerkungen gegen einen neuerdings geführten,
sehr scharfen Angriff in Schutz zu nehmen. Herr von Kima-
kowicz-Winicki hat in seiner Schrift "Spinn- und Webewerk-
zeuge, Entwickelung und Anwendung in vorgeschichtlicher
Zeit Europas' (Würzburg 1910) einen ähnlichen Weg einge-
schlagen wie Herr Xanthudides in dem oben citierten Auf-
sätze, indem er heutige Vorrichtungen und Arbeitsweisen
der siebenbürgischen Romänen zur Erklärung prähistorischer
Fundstücke und zur Beleuchtung der Webetechnik des Alter-
tums benützt. Der Versuch ist aber nicht glücklich ausge-
fallen. Ich lasse die vielen Irrtümer, die das Buch enthält,
hier bei Seite und hebe nur hervor, was über den aufrechten
Webstuhl gesagt wird.- Es sind starke Worte: "Die Zeich-
nung (bei Worsaae, 1. c.) stellt in ihrer Gesamtheit für den
Fachkundigen ein sinnloses Phantasiegebilde dar, das in
Wirklichkeit in dieser Art niemals existierte (S.36); es ist gar
kein Webstuhl, sondern ein Flechtgestell . . . (S. 38); der zwi-
schen den Kettenfäden über den Querstäben eingezeichnete
Gegenstand, der ein gestieltes Weberschiffchen sein könnte,
gehört ebensowenig wie die dargestellte Kette zu dem abge-