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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 36.1911

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Rodenwaldt, Gerhart: Fragmente mykenischer Wandgemälde
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https://doi.org/10.11588/diglit.37288#0247

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FRAGMENTE MYKENISCHER WANDGEMÄLDE 229
verglichenen Fragmente BSA. X 42, Fig. 14 gehören zu den
Miniaturbildern 4 Auf ihnen findet sich auch das Doppelbeil
(BSA. X pl. 2) in ganz ähnlicher Weise oben am Capitell ange-
bracht, vermutlich doch auch, um bei festlichen Gelegenhei-
ten Guirlanden zu tragen. Ähnliche Guirlanden als Schmuck
eines Gebäudes zeigt das von Durm, Osterr. Jahreshefte 1907,
79 Fig. 27 abgebildete Fragment eines Elfenbeingefässes aus
Hagia Triada^, das stilistich mit den Miniaturfresken zusam-
mengeht. Um die Übereinstimmung im Stil der Figuren zu
sehen, genügt schon das eine Beispiel, JHS. XXI Pl. V. Man
vergleiche die Haltung, die Tracht, das Muster des Ärmels
mit dem schwarzen Mittelstrich, vor allem die Hand mit den
zwei ganz langen Fingern. Das Profil mit der spitzen Nase,
die Andeutung des Mundes durch einen geraden, schräg in
die Höhe gehenden Strich, das Zusammenstossen von Kinn
und -Hals, die Haarlocke vor dem Ohr sind absolut überein-
stimmend. Besonders charakteristisch aber für diesen Stil ist
der Wechsel der Motive und die Lebendigkeit der Gesticu-
lation. Der Reichtum und die Frische der Naturbeobachtung
und die Beweglichkeit der Figuren sind die Eigentümlich-
keiten, die die Miniaturfresken zu den besten Repräsentanten
des Wesens der kretischen Kunst machen. Nicht die absolute
Grösse der Figuren, in der das mykenische Fragment die
knossischen übertrifft, ist massgebend, sondern der Charakter
der Kleinkunst, den diese Bilder mit den Darstellungen des
Kunstgewerbes gemeinsam haben und der im stärksten Ge-
gensatz zu den grossen Gemälden des knossischen Palaststils
steht, die in dem Streben nach monumentaler Stilisierung
fremden Einfluss verraten.
Da die Fundumstände des mykenischen Fragments un-
bekannt sind, gibt es keinen sicheren äusseren Anhaltspunkt
zur Datierung. Vermutlich stammt es aus einer oberen Schicht
des Gräberrundes, ist also jünger als die frühe erste spät-

' Nach den Fundumständen in die erste spätminoische Zeit datiert
(BSA. X 40).
^ Vgl. auch die Guirlande am Altar auf dem Siegelabdruck Mon. Ant.
XIII 42, Fig. 36, Tf. 6.
 
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