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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 36.1911

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Sauer, Bruno: Sonnenlichtprojectionen: ein experimenteller Beitrag zur Standspurenkritik
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https://doi.org/10.11588/diglit.37288#0367

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SONNENLICHTPROJECTIONEN

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Überzug auf, den die Sonnenstrahlen aus dem Weiss hervor-
gelockt haben (AM. XVI 1891 Taf. 3). Hell in dunkler Um-
gebung stehen also dort die Abbilder der verschwundenen
Figuren, um so deutlicher, je weniger störendes Seitenlicht
eindringen und an den bestimmten Umrissen zehren konnte,
mit anderen Worten: je näher die Figuren an der bestrahl-
ten Wand standen. Unsere drei Figuren, das lehren die ver-
schwommenen Umrisse, standen im ganzen etwas abgerückt,
näher schon die Postamente der linken und mittleren. Ein
einziges Stück Umriss tritt mit voller Schärfe heraus, der
des rechten Armes der ersten Figur, aus dem einfachen
Grunde, weil dieser Körperteil, wie sich bei der Neuaufstel-
lung der Figur alsbald wieder zeigte, die Wand wirklich
berührte, sich also, ohne wesentliche Verschiebung, tagaus
tagein in gleicher Weise auf sie projicierte.
Das vom Zufall angestellte Experiment beweist also
zwingend, was früher vielleicht nur als ansprechende Ver-
mutung aufgenommen, zumeist wohl einfach ignoriert wurde:
dass der scharf begrenzte Patinarest über Block 19 des West-
giebels genau die Stelle bezeichnet, wo die linke Schulter
des Jünglings S am Giebel anlag oder so dicht an ihn heran-
rückte, dass auch schräg auftreffende Sonnenstrahlen keinen
Raum fanden, zwischen Figur und Giebelwand tiefer einzu-
dringen. Etwas mehr Spielraum blieb zwischen der Wand
und dem Ross über Block 11; darum fehlt dort dem Patina-
fleck die scharfe Begrenzung. Das eigentlich wertvolle Er-
gebnis dieser Betrachtung ist, dass die Figur S absolut sicher
fixiert wird. Man mag über die Verteilung der Figuren in
der rechten Giebelhälfte, über die Annahme einer Lücke in
'Carrey's' Zeichnung denken wie man will*, die Lage von
S gibt einen festen Halt und muss jene Fragen schliesslich
entscheiden.
Schade dass solche Möglichkeiten exacten Beweises nicht
öfter wiederkehren. In den Giebeln des sog. Theseion hat
keine Figur nahe genug an der Wand gestanden, um einen

* Furtwängler, Meisterwerke 228; vgl. Sauer, Weber-Laborde'scher
Kopf 108 Amu. 32 und AM. XXXV 1910, 79.
 
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