Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Hrsg.]
Annalen des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 13.1874

Zitierlink: 
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/annalen_nassauische_altertumskunde1874/0204

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
II.
Ein altchristlicher Grabstein des Taunusgebietes
von
ÜDr. P. J. Münz zu Oberhöchstadt.

Das Christenthum breitete sich trotz aller Verfolgungen, wie im
Kerne des römischen Reiches, so in den Gränzländern immer mehr aus.
Schon unter der Regierung des Septimius Severus (193—211) konnte
der christliche Apologet Tertullian schreiben: „Unsere Zahl mehrt
sich in dem Masse, als ihr uns fürchtet. Wollten wir als offene Feinde
gegen euch auftreten, würde es uns an Zahl und Macht gebrechen?
Wir erfüllen eure Städte, Inseln, Schlösser, Flecken, Lager, Paläste, Senat und
Forum: nur die Tempel überlassen wir euch allein. Rissen wir, die
wir in so grosser Menge sind, uns los von euch, so würde der Verlust
an Bürgern eure Herrschaft mit Schrecken erfüllen, ja mit Auflösung
bedrohen. Ihr würdet betroffen sein über eure Vereinsamung, über
den Stillstand der Geschäfte und das um euch entstandene Todes-
schweigen. G Es mag einige Uebertreibung in dieser rhetorischen Aus-
drucksweise liegen, so viel bleibt gleichwol gewiss, dass schon in der ersten
Hälfte des 3. Jahrhunderts die Zahl der Christen in jeglichem Theile
des grossen römischen Reiches sehr bedeutend war.
Seitdem Cäsar den Rhein überschritten, wurde das rechts-
rheinische Land nebst dem Gebiete des Maines der Gegenstand jahr-
hundertelanger Kämpfe zwischen Römern und Deutschen. Zum Schutze
ihres Gebietes gegen die „Barbaren“ legten die Römer den „Pfahl-
graben“ an, dessen Verteidigungsfähigkeit durch eine Anzahl Castelle
erhöht wurde. Ein solches Castell im Taunus war die von Drusus
angelegte, von Germanicus wiederhergestellte Saalburg (arx Taunen-
sium), die mit dem munimentum Trajani und dem castellum Mattia-
corum (Castel) in engster militärischer Verbindung stand.
Wenn nun nach Tertullians oben angeführten Worten zahlreiche
Christen selbst „in dem Lager“ waren, so ist natürlich, dass vielfach
schon in der frühesten Zeit durch christliche Soldaten im Kriegsheere
das Christenthum in die Gegenden gebracht wurde, welche die Römer
eroberten und besetzten. Von den Hauptorten der römischen Nieder-
lassung am Mittelrhein von Mainz, der Hauptstadt der Germania prima,
dem Schlüssel zum rechtsrheinischen Deutschland, von der Bäderstadt

l) Apologeticus c. 37.
 
Annotationen