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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Hrsg.]
Annalen des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 13.1874

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Miscellen,

1. Frankens chädel. Bei der Versammlung der deutschen Anthropologen,
welche vom 15. bis 17. September 1873 in Wiesbaden stattfand, wurden die Schädel,
welche den Gräbern des 4. bis 6. Jahrhunderts auf der Westseite der Stadt am Schier-
steiner und Dotzheimer Weg entnommen und in unserm Museum aufgestellt sind,
28 an der Zahl, von Professor Virchow einer genauen Untersuchung unterzogen
und ihre linearen Abmessungen und ihre Capacität festgestellt. — Dass sie alle einem
Wohnplatz und nahe zu einer Zeit angeboren, macht sie besser als dies bei zu-
fälligen Einzelfunden der Fall ist, geeignet zur Ableitung gewisser Normen, indem
sich dadurch die Individualitäten ausgleichen. — Auffallend war die Ueberzahl weib-
licher vor der männlicher Schädel, aus der man vielleicht auf den Tod vieler Männer
in auswärtigen Kriegszügen schliessen könnte. Durchschnittlich ergab sich eine grosse,
(mit Schrot gemessene) Schädelcapacität von 1332 G'ub.-Cmt., wobei auf die Männer
durchschnittlich 1456, auf die Frauen 1250 Cub.-Cmt. Hirnraum kommt. Sielässtauf
gute geistige Anlagen schliessen. Die Rasse war eine Dolichocephale (langschädliche)
mit einem Breitenindex von 74,9. Die Schädellänge verhält sich zu seiner Breite
wie 100 zu 74,9. Die Länge ist namentlich durch die Entwicklung des obern Theils
der Hinterhauptschuppe, so wie überhaupt durch die Grösse des kleinen Hirns ent-
standen. Wenn gleich die Stirne niedrig und zurückliegend ist, so ist doch der Vor-
derkopf nicht ungünstig gestaltet, da das Stirnbein eine bedeutende Länge hat. Die
Schädel sind daher nicht hoch und nicht breit. Die Gesichtsbildung, so weit sie aus
dem vorhandenen errathen werden kann, zeigt eine schmale hohe Adlernase, schön
gebildete hohe Augenhöhlen. Allein den Männern giebt eine starke Wulste, die sich
über der Nase durch die Augenbraunen nach oben fortsetzt, einen finstern, ja wilden
Ausdruck. Dem Schädel entsprechend ist das Gesicht eher schmal, die Backen-
knochen treten nicht hervor, die Jochbogen sind enge und trotz einer kräftigen Kau-
musculatur kann die Gesichtsbildung nur eine edle — dem der wilden Stämme fern-
stehende gewesen sein. Das Gebiss tritt stark vor, und was den Gesichten ihre indi-
viduellen Unterschiede giebt sind die Unterkiefern; die Kinne und Kinnbacken ge-
stalten sich bald spitz und fein, bald breit und plump, bald waagrecht und energisch.
2. Gläser. Wenn wir neben diesen craniologisch-physiognomischen Karak-
teren auch noch die Beigaben, welche wir in den Gräbern gefunden haben, mit her-
einziehen, so treten uns die Gestalten unserer Urahnen immer bestimmter aus dem
Nebel der Vorzeit entgegen. Nehmen wir nur die Trinkgläser, welche auch den
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