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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Editor]
Annalen des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 13.1874

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328

über die Hexerei in so reservierter Weise aus, er befiehlt eine so grosse
Vorsicht bei dem Verfahren gegen die angeblichen Hexen, dass es fast
den Anschein gewinnt, als habe er ernstlich an ihre Existenz nicht
geglaubt. Trotz vielfältiger Klagen über Beschädigungen von Menschen
und Vieh — so sagt er —, welche von Zauberinnen herrühren sollen,
trotzdem dass ihm die angeblichen Hexen genannt worden sind , und
ihre „Ausrottung“ begehrt worden ist, ist er doch nicht gegen sie vor-
gegangen, sondern er hat erst bei sich selbst nachgedacht, dann hat er
sich bei vornehmen Standespersonen und in- und ausländischen Rechts-
gelehrten erkundigt, ist aber dennoch zu dem Resultate gelangt, dass
man in Sachen, welche Leib und Leben und der Seelen Seligkeit be-
treffen, „nicht liederlich“ und auf blosse Anzeige handeln, auch nie-
manden vor eingezogener besserer Erkundigung gefänglich angreifen,
geschweige denn mit ihm „zum Feuer eilen“ dürfe. Damit er aber
jeder Zeit wissen möge, was es mit denjenigen, die als Hexen oder
Zauberinnen angegeben werden, für eine Beschaffenheit habe, so
sollen sich die Schultheissen bei den Heim bürgen, bei vier G e-
schwornen und andern unparteiischen Leuten im Stillen
erkundigen, wodurch die angeschuldigten Personen in
den Verdacht der Hexerei gekommen sind, welche gegrün-
deten Beweise für die Beschuldigung vorhanden sind, dass sie Menschen
oder Thiere beschädigt oder vergiftet haben sollen; namentlich aber
auch, wie sie sich von Jugend auf geführt, ob sie christ-
lich und fromm gelebt, sich guter Nachbarschaft be-
flissen und unbescholten verhalten haben.
Es möge jetzt das Schreiben selbst folgen, dessen besonnene und
humane Haltung gegen die fieberhafte Hexenriecherei zahlreicher Schrif-
ten (auch Predigten) jener Zeit, ganz abgesehen von den widerwärtigen
Acten der Hexenprocesse selbst, in sehr wohlthuender Weise absticht,
und das, auch wenn wir nichts weiter von Graf Johann VI. wüssten,
allein schon geeignet wäre, seinem über die Vorurteile mehrerer Ge-
nerationen erhabenen und von wahrer Humanität beseelten Geiste ein
ehrenvolles Denkmal zu setzen.
Johann etc.
Lieber getrewer, Nachdem vielfältige Clagen vorkommen, das Leuth
unnd Viehe merklich beschedigt und plötzlich dahinsterben, mit Verwendung,
das solches übel von bösen Leuthen oder Zauberinnen enthspringen soll,
und wir derwegen zu viel mhalen umb aussrottung etlicher angebener Hexen
seindt angelanget worden, haben wir unsers tragenden Obrigkeit - Standts
und Ambts halben diesem schedlichen und wolbedenklichen werkh nicht
allein vor unsere Person, und wie deme etlicher massen durch Gottes ver-
 
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