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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 25.1909

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Heft 7
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Wielemans, Alexander von: Der Betoneisenbau in der Monumentalarchitektur, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.42077#0061

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1909

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 7



des Hauptstie-
genhauses wur-
de eine andre
Art von Decken
aus gegossenen
Betonteilen her-
gestellt, welche
sich als Plat-
tendecke zwi¬

schen Trägern bezeichnen läßt. Die einzelnen Platten, in
Längen von 115 cm und 30 cm Breite, sind in der Fläche
(Abb. 23) hohl gehalten und durch Fälze untereinander ver-
bunden. Das Gewicht einer solchen Platte mit Eiseneinlage
bei 22 mm geringster Wandstärke beträgt 57 kg. Durch die
muldenförmige Höhlung der Fläche der Platten ist der Unter-
schied von einer Holzdecke wesentlich markiert. Das Gewicht
der Decke pro Quadratmeter beträgt 135 kg. Zur Unterteilung
der langen Felder zwischen den Trägern sind an der Unterseite
ornamentierte Betonbalken mit beiderseitigen Tragfälzen in 1 m
Entfernung zwischen je 3 Platten eingelegt worden.
Bei diesen Kassettendecken als flaches Spiegelgewölbe,
sowie bei den Plattendecken durch die vorerwähnte sichtbare
Höhlung und die sonstige Ornamentierung, ist wohl zu er-
kennen, daß dieselben aus einem weichen Materiale in einer
Negativform erzeugt worden sind, so daß keine Ähnlichkeit
mit einer aus gehobeltem Holze oder in Stukkatorarbeit her-
gestellten Decke besteht.


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Die bekannte Zugfestigkeit des Betons gestattete jedoch
noch zu einer andern Verwendung von vorher erzeugten
Kassetten zu schreiten, und zwar zur Erzeugung einer segment-
förmigen Decke in einem Vestibül des Gerichtsgebäudes in
Salzburg (Abb. 25), welche in der Weise hergestellt wurde,
daß die quadratischen Kassetten von 1,35 m Seitenlänge mit
schwalbenschwanzförmigen Verbindungen untereinander, seit-
lich sowohl als auch in der Richtung des Druckes des Ge¬

wölbes durch löffelartige Ver-
längerungen verbunden sind.
Dieses Gewölbe wurde
ohne eigentliches
Traggerüst
bloß mit
Hilfe



eines Lehrbogens aufgestellt und zeigte bloß 3 mm Setzung
am Scheitel bei 11m lichter Spannweite.
Die durch diese Ausführung gewonnene Erfahrung ge-
stattet auch an die Herstellung größerer Tonnen- oder Kuppel-
gewölbe zu gehen, welche ohne eigentliches Traggerüst in der
Weise ausgeführt werden können (Abb. 25), daß die vollkommen
fertiggestellten Kassetten zonen- oder reihenweise aufgestellt,
bezw. im Mörtel versetzt werden, welche durch die schwalben-
schwanzförmigen Verbindungen untereinander verbunden sind,
worauf dann ebenfalls zonenweise die Nachbetonierung auf-
gebracht wird. Durch in den Kassetten einbetonierte Metall-
dübel ist eine besondere Verbindung der Kassetten mit der
Nachbetonierung zu erzielen. Um die Arbeit beim Versetzen
der Kassetten zu erleichtern, wird es bei größeren Abmessungen
zweckmäßig sein, das Mittelstück der Kassette oder Tafel
(Rosette u. s. w.) als selbständiges Einsatzstück zu erzeugen,
das vor der Nachbetonierung zu versetzen ist. Die vorstehen-
den Enden der Eiseneinlagen der Kassetten, oder besondere,
auf der oberen Seite der Kassette vorstehende, in der Kassette
einbetonierte Eisenteile dienen noch zur Erzielung eines gleich-
mäßigen Verbandes der Kassettenschale mit der Nachbetonierung.
Durch Aneinanderreihung von Hohlkehlen (Abb. 26) mit
ähnlichen schwalbenschwanzförmigen Verbindungsteilen können
auch Decken geschaffen werden, ähnlich den bekannten Holz-
decken in einigen italienischen Kirchen. Auch die Herstellung
von größeren hängenden Teilen der Decken, wie in der eng-
lischen Gotik, ist durch den Beton leicht möglich und für Beton
eigentlich charakteristischer als für Stein.
In ähnlicher Weise wie die geschilderten Decken im Ge-
richtsgebäude in Salzburg sind im Gerichtsgebäude in Brünn

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