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Architektur fiir große Opfer

festzuhalten, daß die Fundamente im Al-
tarbereich nicht nur größer sind und auch
nicht aus den eher kleinen Kalkmergel-
steinen verlegt wurden, sondern aus gro-
ßen Kalksteinen bestehen. Damit sind sie
zwar jünger als die Kultbasen, für das
Areal des Altares aber handelt es sich
hier um die bis heute älteste zusammen-
hängende Anlage, die aus drei Teilen be-
steht. Deren Deutung ist nicht ganz ein-
fach. Daß sie funktional zusammenhän-
gen, darauf deutet ihre aufeinander
bezogene Axialität, handelt es sich doch
wahrscheinlich um eine Kultbildbasis,
eine Eschara (Brandopferherd) und eine
langrechteckige Anlage, die sog. Rampe
oder auch Treppenrampe genannt, die
wahrscheinlich der eigentliche Schlacht-
platz für die Opfertiere war. Architek-
tonische Teile, die den Aufbau dieser An-
lagen in der archaischen Zeit klären wür-
den, sind nicht erhalten.

Die architektonische Gestaltung der
Einfassung des Hofes

Der erste Bau einer Umfassung für diese
Anlagen wird auf dem erhaltenen U-för-
migen unteren Kalksteinfundament für
die Zeit unmittelbar nach Ende der Ar-
beiten am archaischen Tempel angenom-
men (zu Beginn des 5. Jhs. v. Chr.), weil

die Fundamente bereits axial auf diesen
orientiert sind. Darüber, wie diese erste
Umfassung im Detail ausgesehen hat,
läßt sich nur spekulieren. Wahrscheinlich
existierte nur eine schmucklose Umfas-
sung, eine Art Zaun. Die oben angeführte
literarische Erwähnung einer Einfassung
bei Pausanias (X 38, 3.7), in der die
archaische Figur der Nyx genannt wird,
läßt darauf schließen, daß bei der späte-
ren Ausgestaltung des Altaraufbaues
altehrwürdige Statuen wiederverwendet
wurden.

Von der zweiten Bauphase der Umfas-
sung, die der oberen U-förmigen Kalk-
steinfundamentlage zugewiesen wird und
deren Bau wahrscheinlich bereits vor
dem Neubau des großen Tempels begon-
nen wurde, hat sich Architektur und Pla-
stik erhalten. Die zugehörigen Bauteile
und der plastische Schmuck wurden aber
nicht nur während der Altargrabung
selbst gefunden, sondern eine Reihe von
Werkstücken wurden sekundär in der
Marmorstraße auf der Höhe des ephesi-
schen Theaters als Straßenpflaster ver-
legt und kamen dort bereits im Jahre 1900
zutage. Diese Werkstücke gelangten in
der Folge nach Wien und sind heute im
Ephesos-Museum in der Hofburg zu
sehen. Ihre von Anfang an diskutierte
Zugehörigkeit zu einem Altarbau konnte
durch die Grabung im Altarbereich des

Artemisions gesichert werden, da sich
hier eine Reihe paralleler Werkstücke
fanden. Ein weiterer großer Teil bis heute
unpublizierter Architektur des Altares
fand sich - ebenfalls ursprünglich sekun-
där verwendet - im Bereich der Johan-
nesbasilika im Schutt vor den Außen-
mauern dieses Kirchenkomplexes.

Bei der üblichen Aufhebung antiker
Kulte seit Kaiser Theodosius war dies ein
gewöhnliches Vorgehen: große und
prunkvolle Altäre wurden aufgelöst und
in Kirchenbauten inkorporiert. Damit
wurde das Eigentum eines heidnischen
Kultes an das eines christlichen Heilig-
tums abgetreten, was zur Folge hatte, daß
sich dem Ausgräber auf dem später aus-
gegrabenen Fundament nur mehr ein
Bruchteil der ursprünglich zugehörigen
Architektur und Skulptur bot.

Auch in die Isa Bey-Moschee, die aus
dem 14. Jh. stammt und an der Nordseite

Abb. 80 Leicht überlebensgroßer Kopf
eines Pferdes vom Dachschmuck des Altares
(vgl. Abb. 76).

Abb. 81 Amazonenrelief von der Innen-
ecke des Altarhofes, in der Mitte von glatt
geschliffener Fuge durchschnitten. Um 1900
als Stein des Straßenpflasters der Marmor-
straße beim ephesischen Theater gefunden.
Heute im Wiener Ephesos-Museum.
 
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