Die Fran des Arbeiters.
Roman
währen. Sie öffnete die Lippen, um zu versichern, daß
sie Alles befolgen werde, allein sie vermochte kein Wort
hervorzubringen.
rung genießen, aus Ihren Augen habe ich gelesen, daß
Sie nicht im Stande sind, ihr dies zu bieten, nehmen
Sie dies von nur an."
Eleonore Wahlmail», königl. wLrttembergische Hosschauspielerin. <S. 343.)
Mit schwankenden Schritten geleitete sie den Arzt
aus der Kammer, und als derselbe die Wohnung verlassen
hatte, preßte sie in vcrzweiflungsvollem Schmerze die
Hände vor das Gesicht. Sie hatte nicht gesehen, daß
Wenzel zurückgeblieben war.
Als derselbe zu ihr trat und beruhigend zu ihr sprach,
zuckte sie wie erschreckt zusammcu und doch zog ein Hauch
der Beruhigung in sie ein, als sie in sein theilnehmendes
Gesicht blickte.
„Ich will die Mcdicin für Ihre Mutter besorgen,"
sprach er.
Schweigend nickte Johanna mit dem Kopfe, denn sie
hatte Niemand, den sie darum bitten konnte.
„Und nun gestatten Sie mir noch eine Bitte," fuhr
Wenzel fort. „Ihre Mutter soll gute und kräftige Näh-
r'.
Wenzel hatte der Kranken die Medicin
gebracht und stieg die Treppe wieder
hinab, um sich iu seine ein Stockwerk
niedriger gelegene Wohnung zu begeben,
als er Hassel heraufkommen sah. In
der Hoffnung, daß der Buchhalter ihn
noch nicht bemerkt habe, wollte er schnell
in sein Zimmer treten, Hassel rief jedoch
feinen Namen noch ehe es ihm gelang.
„Woher kommen Sie denn?" fragte
er in der freundlichsten Weise. „Sic
haben mir stets gesagt, daß Sie mit
Niemand hier im Hause bekannt seien!"
Eine leichte Rothe der Verlegenheit
glitt über die Wangen des jungen Man-
nes hin, er mochte die Wahrheit nicht
sagen und fand keine Ausrede.
„Wer wohnt dort oben?" fuhr Hassel
fort, als sie in Wenzel's Zimmer getre-
ten waren.
„Ich weiß es nicht," gab Wenzel zur
Antwort. „Ich war spazieren gegangen,
weil mich der Kopf schmerzt und als
ich zurückkehrtc, in Gedanken eine Treppe
höher gestiegcp."
Das spöttische Lächeln, welches über
das Gesicht des Buchhalters glitt, vcr-
rieth deutlich, daß er dieser Ausrede
keinen Glauben schenkte.
„Wenn Ihnen dies gestern Abend
begegnet wäre, so würde es natürlicher
gewesen sein," entgegnete er, indem er
sich niederließ und ungenirt eine Cigarre
anzündete. „Sehen Sie sich doch, Wenzel,
Er reichte ihr ein Couvert, in dem er seine Erspar-
nisse in Papiergeld geborgen hatte.
„Nein — nein, ich kann es nicht annehmen!" rief
Johanna abwehrend.
„Doch, Sie können es," bemerkte Wenzel ruhig.
„Ich habe keine andere Absicht als die, Ihnen zu helfen
und was ich Ihnen gebe, kann ich entbehren."
Johanna schwieg.
„Ich würde die Annahme als einen Beweis Ihres
Vertrauens ansehen," fuhr Wenzel fort, „und die Ver-
sicherung kann ich Ihnen geben, daß ich dieses nie miß-
brauchen werde. Denken Sie an Ihre kranke Mutter!"
Fast hastig nahm Johanna das Geld an; ihre Hand
zitterte.
„Ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken soll," sfwach sic.
„Lassen Sie, lassen Sie," unterbrach
sie Wenzel. „Den Dank habe ich bereits
durch das Vertrauen, welches Sie mir
geschenkt haben!"
Er verließ schnell das Zimmer, um
das Recept für die Kranke anfertigen zu
lassen.
von
Friedrich Friedrich.
(Fortsetzung.)
(Nachdruck verboten.)
Wenzel eilte in sein Zimmer zurück, um Geld zu holen,
und kaum eine Viertelstunde später stieg er wieder mit
einem Arzte die Treppe empor, glücklich, weil er Hilfe
brachte.
Er trat mit dem Arzte in Johanna's Zimmer. Wie
ärmlich und doch Ivie sauber sah es in der kleinen Stube
aus. Ans der anstoßenden Kammer tönte heftiges
Schluchzen und als sie in den Raum eintraten, sahen
sie Johanna vor dem Bette ihrer Mutter knieen, das
Gesicht ans die Hand der Kranken gepreßt.
Als sie die Eingetretenen erblickte, leuchtete es in
ihren Augen auf, und aus dem Blicke, den
sie auf Wenzel richtete, sprach ein innigerer
Dank, als irgend ein Mund auszudrücken
vermochte.
Der Arzt untersuchte die Kranke.
Johanna's Auge ruhte angstvoll auf seinem
Gesichte, als wolle sie dort im Voraus
lesen, ob sie noch hoffen dürfe. Die
Züge des Arztes verriethen ihr nichts,
sie waren ruhig, ernst, nur ein leises,
kann: bemerkbares Zucken mit der Schulter,
als er sich von der Kranken emporrichtete,
sagte ihr, wie wenig Hoffnung er selbst
hegte. Ihre Rechte erfaßte krampfhaft
fest die Lehne eines Stuhles, um ihren
verzweiflungsvollen Schmerz zurückzu-
drängen.
Der Arzt zeichnete ein Recept auf.
„Dies lassen Sie in der Apotheke
machen," sprach er. „Vor Allem aber
ihnt der Kranken die größte Ruhe, die
sorgsamste Pflege und die kräftigste Nahrung
noth, denn ihre Kräfte sind sehr herab-
gekommen und ihnen muß vor Allem
wieder aufgeholfen werden. Geben Sie
ihr kräftige Bouillon, Braten, am besten
Wild und mehrere Male täglich etwas
guten und alten Wein. Dies wird ihr
mehr nützen als alle Medicin, denn es
wird ihre Kräfte wieder heben."
Wenzel hatte Johanna beobachtet.
In ihr schien wieder Hoffnung aufzu-
keimen, als der Arzt von Ruhe und
sorgsamer Pflege sprach, denn beides konnte
sie ihrer Mutter gewähren, als er aber
die kräftige Nahrung, Bouillon, Braten
und Wein erwähnte, schien ihr Muth mit
einem Male wieder gesunken zu sein, das
Blut war aus ihren Wangen gewichen,
ihr Auge ruhte starr und angstvoll auf
dem Arzte.
Wenzel errieth, daß sie nicht im
Stande war, dies ihrer Mutter zu ge-