Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

Vie Feim des Arbeiters.
Roman
von
Friedrich Friedrich.
(Fortseüuna.) - . , , .
(Nachdruck verboten.)
„Meine Herren und Damen," begann Bürsten mit
unsicherer Stimme.
„Stallmeister, es ist ja nur eine Dame vorhanden!"
unterbrach ihn Rüssel.
„Ruhig, stören Sic nicht!" rie
„Meine Herren und Damen,"
Nene. „Ich frenc mich in der That-" 'er stockte.
„Ja, ich freue mich wirklich- !" er stockte wieder
und blickte sich, verwirrt, ängstlich um. Worüber er sich
gefreut hatte, schien er gänzlich vergessen zu haben und
sein großer stopf konnte so schnell nicht eine neue Idee
fassen. Anf's Nene fuhr er mit der Hand über die
Skirne, auf welcher Schweißperlen glänzten,
dann sehte er sich nieder und leerte sinn Glas
auf diese Anstrengung.
Ein schallendes Gelächter brach los.
„Stallmeister, Sie sind ein zweiter Mi-
rabean!" rief der Doktor Rüssel. „Das
hätte ich nicht in Ihnen gesucht. Wenn
Sie diese Rede drucken lassen, so kaufe ich
tNO Exemplare!"
Selbst der Baron schien durch diesen
Trinkspruch seine gewohnte Heiterkeit wieder
zu erlangen.
„Meine Herren!" rief er aufstehend.
„Ich nehme mich des Herrn Stallmeisters
v. Bürsten an. Sie können nicht in Ab-
rede stellen, daß er uns die Versicherung
gegeben, wie sehr er sich freut, und dies
genügt vorläufig. Zu fragen, worüber er
sich freue, halte ich für unbescheiden oder
neugierig nnd in einer gewühlten Gesell-
schaft soll man die Geheimnisse Anderer
ehren. Streng genommen hat er über
Fräulein Betty sehr wenig gesagt, ich bin
jedoch der Ueberzengung, daß er das Ver-
schwiegene sehr aufrichtig empfindet. Ich
würde mir nun erlauben, dieser Empfindung
durch Worte Ausdruck zu geben, ich werde
jedoch warten, bis der Schaumwein in den
Gläsern Perlt, denn ans das Wohl einer
Dame soll man nur Champagner trinken!"
„Bravo! Ein vortrefflicher Gedanke!"
rief Gerhard aufspringend. „Leeren Sie die
Gläser — von jetzt ab soll nur Champagner
getrunken werden!"
Hassel Ivar ihm behilflich, die Eis-
kübel mit den Sectflaschen auf den Tisch
zu setzen.
Ein neuer Grad der Heiterkeit schien
einzntrcten. Der Doktor Rüssel brachte
einen Toast auf die Beredsamkeit des Stall-
meisters ans und der Baron trank auf
Betty's Wohl.

Endlich erhob auch Gerhard sich, um zu sprcck-en.
Sein Gesicht war geröthet, seine Augen hatten bereits
jenen halbvcrschlvvmmenen Glanz der Trunkenheit. Er
Ivar in der glücklichsten Stimmung, denn Betty Ivar
zärtlich gegen ihn nnd die Herren priesen sein Essen und
seine Weine.
„Liebe Freunde!" hob er an. „Ich bin nie so
lustig gewesen, als au diesem Abende und bedauere auf-
richtig, daß Betty nur einmal geboren ist. Diesem
Uebelstande läßt sich indessen dadurch abhclfen, daß wir
diesen Geburtstag öfter im Jahre feiern und ich hoffe,
daß Sie sämmtlich meine Einladung dazu annchmen
werden!"
Ein lautes, jubelndes Bravo unterbrach ihn.
„Fröbel, Sie sind ein Prachtmensch!" rief der Dok-
tor Rüssel. „Wir Alle sind dabei!"
Da Aller Augen auf Gerhard gerichtet waren, so
hatte Niemand bemerkt, daß dessen Vater leise in die
Thüre getreten war.

Fröbel's Gesicht war erbleicht, als er die Gesellschaft
erblickt hatte, nnd alles Blut schien in seiner Brust zu
stocken, als er die Worte seines Sohnes vernahm. Gab
er mit ihnen nicht die Bestätigung seines ganzen Leicht-
sinnes? Er hatte ruhig bleiben wollen, allein der Zorn
flammte in ihm auf.
„Auch ich will dabei sein!" sprach er, indem er rasch
ans Gerhard zntrat und die Hand fest auf dessen Schul-
ter legte.
Erschreckt zuckte Gerhard zusammen.
„Vater!" rief er,' znrückfahrend und den Eingctre-
teueu mit so langem Blicke anfehcnd, als ob eiii Ge-
spenst vor ihm aufgestiegen wäre.
Alle Anwesenden sprangen bestürzt empor.
„Ja, auch ich will dabei sein!" fuhr Fröbel fort,
während sein Ange zuckte. „Oder glaubst Du vielleicht,
daß ich in so liederliche Gesellschaft nicht Passe?"
Durch diese Worte fühlte sich der Baron beleidigt. Er
war zwar auch durch Frobells plötzliches Eintreten über-
rascht aufgesprungen, sofort hatte er sich
jedoch wieder gefaßt, denn er hatte schon
noch peinlichere Lagen dnrchgemacht nnd
konnte sich mit Recht rühmen, daß er nie die
Fassung verliere.
„Wer ist der Mann, der sich hier in
unseren gemüthlichcn Kreis zu drängen
wagt?" rief er mit wegwerfendem Tone,
indem er das Pincc-nez eintlcmmte und
Fröbel herausfordernd nnblicktc.
Fröbel hörte die Worte, sie flammten
seinen Zorn noch mehr empor.
„Ich will cs Ihnen sagen!" rief er,
fest vor den Baron hintretend. „Ich bin
der Vater, dessen Sohn in schlechte Gesell-
schaft gcrathen ist, nnd der nun kommt,
nm ihn aus derselben zu holen!"
Der Baron war unwillkürlich zurück-
getreten. Es Ivar zwar richtig, daß er nie
die Fassung verlor, allein ebenso unzweifel-
haft war cs auch, daß er keinen Muth
besaß und Fröbcl's Ange blickte so zornig,
daß der Baron ihm WohlZutrauen konnte,
er werde seinen Namen und Adel nicht im
Geringsten respcktiren.
„Ich würde Gcnugthuung von Ihnen
verlangen, wenn Sie im Stande wären,
dieselbe zu geben," erwiederte er verächtlich
mit der Schulter zinkend. „Allein mit
Leuten Ihres Schlages schlägt man sich
nicht!"
Fröbel richtete sich hoch auf.
. , „Ruhig!" rief er mit lauter und be-
fehlender Stimme. „Wenn ich meine Hand
nicht für zu gut hielte, so würde sic Ihnen
die verdiente Antwort geben!"
„Vater!" rief Gerhard, sich dazwischen
drängend, nur ein Weitergehen zu ver-
hindern.
„Zurück!" fuhr Fröbel heftig fort, in-
dem er den Sohn zur Seite schob. „Mit
Dir werde ich nachher reden."

IN-. Frau; Ladislaus Rieger.
Nach einer Photographie gezeichnet von C. Kolb. (L. 439.)


f der Baron.
leaann Bürsten ans's
 
Annotationen