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26

D a 3 B u < für Alke.

Heft 1.

















tot oder betäubt lagen alle Soldaten bunt

durcheinander am Boden, vielleicht nur die-
jenigen unversehrt, die sich in kleine Gräben
und Spalten geworfen und so dem über ſie
fegenden künstlichen Orkan entwichen waren.

Aber auch dieſe erreichte das Verhängnis.

Die gräßliche Maſchine dort oben ſtellte
ihre Bewegung ein, und im ſelben Augenblicke
brach aus dem Nebel ein Heuſchreckenſchwarm
flüchtiger Reiter über die das weite Schlacht-
feld bedeckenden Körper. Die Hufe der Pferde
zertraten Tote und Lebendige, die Säbel
der Reiter und ihre Lanzen zerſtückelten und
ſpießten, was ſich noch regte.

Raſch wie der Blitz waren die Steppen-
reiter gekommen, raſch wie der Blitz waren sie
wieder verſchwunden, als noch intakte Abtei-
lungen gegen sie heranrückten.

Da aber bewegten die gräßlichen Maſchinen
wieder ihre unheimlichen Arme, wieder ver-
hceerte ein Orkan einen Streifen Landes mit
allem, was sich darauf befand, und wieder

brachen die geſchwinden Reiter ein, die ſchauer-

liche Ernte des Todes zu vollenden.

Wir alle ſahen von unserem Hügel aus
entſeßkt und vom Schrecken erstarrt den
ſchauerlichen Nieverbruch. Der Feldherr war
in Verzweiflung.

„Seht, daran ist eure Unterſchätung des
Gegners ſchuld, “ rief er, „die verſpotteten
Luftdruckgeſchütze haben uns vernichtet. “
Noch sah ich die fernen Todesmaſchinen

eine kurze Bewegung machen, dann fühlte ich
mich von einer heranbrauſenden Luftwoge ge-
faßt und herumgewirbelt. Unklar glaubte ich
noch Wiſſer, Saver und seinen Diener um
und neben mir fliegen zu ſehen. Dann flog ich
zt! die Luft und fiel zuletzt in einen Tümpel
aſser. i

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Ich kam bald an die Oberfläche zurück.

Der schwere Druck, der auf meinem Gehirne



Konteradmiral Alfred Tirpitz,

Staatsſekretär des Reichsmarineamts. (S. 20)















als ich mein bekanntes Gemach im Pfarrhofe
und mich darin im Bette entdeckte.

„Gott sei Dank, er iſt endlich zum Be-
wußtſein gekommen!“ hörte ich meinen Jo-
hann jubeln.

„War höchſte Zeit!“ sprach der Doktor
halblaut, „sehr hitiges Fieber ~ habe Ge-
hirnſchlag gefürchtet. Sehr interessanter Fall,
aber, wie geſagt, Gefahr war vorhanden !“

Nach und nach kam mir die volle Beſin
nung. Was ich in hundert Jahren erlebt zu
haben glaubte, war der wüſte Traum meh-
rerer Stunden. Johann = ſo erzählte man
mir –~, besorgt wegen meines langen Aus-
bleibens, ging auf die Suche aus und fand
mich im tiefen unruhigen Schlafe in einem
Felsenwinkel liegen. Der Wactkere ſuchte mich
zu wecken; da ihm dieses aber durchaus nicht
gelingen wollte, ihn auch mein sonstiger Zu-
ſtand besorgt machte, eilte er zurück und
brachte meinen Freund Wisſer und den Regi-
mentsarzt mit. Letzterer glaubte zuerſt in
mir ein Opfer zu viel genoſſenen Weines
zu ſehen, bald aber belehrten ihn andere
Symptome, wie noch in der Hand ge-
haltene Beeren, daß hier ein akuter Ver-
giftungsfall mit der vierblätterigen Einbeere
vorliege, welche überaus stark die Gehirn-
funktionen beeinflußt. Jene ſchwarzen Beeren,
die um mein Ruheplätzchen herum zwiſchen
den ihnen ganz ähnlichen Heidelbeeren wuchsen,
waren die Früchte der giftigen Einbeere (Paris
quadrifolia) gewesen, und von ihnen hatte ich
unvorsichtigerweiſe mit jenen gegessen.

Ich war nach Hauſe gebracht worden,
lag dann dort im heftigsten Fieber, kam zwar
auf die gereichte Arznei vorübergehend zur Be-
sinnung, verfiel aber wieder in Schlafsucht und
Fieberphantasien.

Aus ihnen war ich nun plötzlich erwacht
und konnte schon nächsten Tages, wenn ich
auch noch recht matt war, wieder Dienſt

gelaſtet, war gelöst. Ich ſah um mich, neben thun.

mir stand Wiſser, aber in der Gestalt, wie er sie vor | Regimentsarzt, wie er leibte und lebte? - Sie legten Wenn das ,Doktorle" darauf zu reden kam, ſagte
hundert Jahren gehabt hatte, und rieb sich vergnügt mir unabläſſig kalte Tücher auf den Kopf. Und dort? | er immer wieder: „Es war wirklich ein ſehr intereſſan-
die Hände. Saver aber ~ war das nicht mein treuer Ist das nicht Goj-Magoj aus dem Berge? Ach nein, | ter Fall!“

Johann in Fleiſch und Blut? ~ und ſein ſchmunzelnder es iſt der gute Pfarrer ~ unser Quartiergeber. „Nun,“ erwiderte ich, „ich habe doch noch viel



Diener – war das nicht „das Doktorle“, unser wackerer | „Wo bin ich?“ rief ich, mich ſtaunend umſehend, | Intereſſanteres dabei gesehen.“









Schkoß Velkeſch bei Hinata (Karpathen), Sommerſitz des rumäniſchen Königspaares. Nach einer Originalphotographie. (S. 20)
 
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