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Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 46.1911

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Heft 13
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https://doi.org/10.11588/diglit.60742#0284
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DarLuchfül-fM
Illustriette familienreitung
13. kjest. 1911.

vir rvilde Wussow.
stoman von stosst bodemes.
Wosikkuna.)- iNschdmck verboten.I
i Altar stand der Süderloher Pfarrer,
WffW» in echter, rechter Bauernpastor. Das
U»N I reite, bartlose Gesicht war von Schmis-
M 1 I 'n durchfurcht, die dünnen, gelbgrauen,
älblangen Haarsträhnen ins Genick ge-
bürstet, anfeinem Talar trug er das Eiserne Kreuz.
Mut und Mannhaftigkeit staken in dem massigen
Mann, diestahlgrauen Augen, das eckige Kinn, die
laute Sprche verrieten sie. Er hielt seine Schäflein
in guter Acht, galt weit und breit als einer, der
aus seinemHerzen keine Mördergrube machte. Im
übrigen hate er Mühe, mit den geistigen Pfunden,
die ihm Gtt gegeben, zu wuchern. Die Traurede
hatte ihu nanchen Schweißtropfen gekostet. Sein
Herr Patron,.der Major v. Dankersbach, war keiner,
der sich an lie Karre fahren ließ — und der gerade,
ehrliche Pfarrer hielt diese Heirat für eine Sünde
und Schaube. '>
Da standen nun zwei vor ihm, umgeben von nur
fünf Menschen — dem Vater und Bruder der Braut,

dem Rittmeister v. Blottstedt, dem Güterdirektor
mit seiner Frau. Vollmenschen — das junge Paar,
jedes auf feine Art, aber zur Ehe miteinander so
gar nicht tauglich. Verhaltener Groll rollte durch
seine Rede, bis er am Ende das Brautpaar einsegnete.
So, nun war auch das geschehen. Er holte seine
Frau zum Hochzeitsmahl ab, bissig und stumm ging
er neben ihr her. Und die kleine, rundliche Pfarrerin
im schwarzseidenen Abendmahlskleide schneuzte sich
vor Erregung sehr häufig.
„Emma — Haltung!"
„Gott ja, Paul, aber wenn man —"
„Kein Wort, sonst gibt's noch Spektakel!"
Sie ließ den Kopf hängen und schwieg. Zuzu-
trauen war es ihrem Manne schon, daß er der Tochter
seines Patronatsherrn noch eins auswischte, wenn
man ihn reizte. Gerade, weil er Fräulein Grete
immer so liebgehabt hatte!
Aber das Mahl verlief ohne Zwischenfälle. Der
Major trank auf die Familie Blottstedt, der Ritt-
meister auf die Dankersbachs und der Pfarrer auf
das Brautpaar. Kurz und bündig wurde gesagt,
was gesagt werden mußte.
Wussow saß zur Linken der jungen Frau. Nur
wenig sprach er mit ihr.
Da neigte er sich zu ihr. „Frau Base, dies Glas

alten deutschen Rheinweins auf Ihr besonderes
Wohl!"
Sie sah ihn an und griff nach ihrem Römer.
Ihre schmale Hand krampfte sich um den Stengel.
Einen Blick hatte sie getan in sein gramzerrissenes
Herz. Ein kurzes Zögern, und dann erwiderte sie
laut und ruhig: „Ich danke Ihnen, Herr Vetter, und
trinke auf Ihr Wohl!"
Jegliches Gespräch an der Tafel riß ab, und ehe
der Faden wieder angeknüpft wurde, verging eine
peinliche Minute.
Adalbert zerdrückte krampfhaft ein Brötchen in
der Hand, und Joachim, der sonst so Gewandte,
suchte nach Worten und fand sie nicht.
Da griff auch er endlich hastig nach seinem Römer
und nickte Wussow freundlich zu. „Prosit, lieber
alter Kerl!" ...
Im Garten trank man den Kaffee, rauchte eine
Zigarre, dann empfahl sich das junge Paar. Das
geschlossene Automobil entführte sie nach Blottstedt,
nachdem Grete das Hochzeitskleid abgelegt hatte.
Der Güterdirektor war mit seiner Frau gleich
nach dem Essen fortgefahren, denn drüben am
Schlosse sollte „großer Empfang" stattfinden. Der
unverheiratete, noch junge Oberförster hatte das
Arrangement in die Hände genommen. Sonst liebte

Der 8chlangengarten bei 8ao Paulo (Srasilien). (5. 2841


XIN. I4II.
 
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