DOI Heft:
Heft 21
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.60742#0452
Vg5 Luch MMe
sllustnette fgmilienreitung
21.l)est. Ml.
Des Meddeskoog.
5chieswig-iso!steinscher Romani von
Hennette v. Meerdeimd.
(foUseliung.) -- -- — — lNschdruir! verboten.)
_ fünfter Kapitel.
^^?^ie stand vor ihm in ihrem weißen, fließen-
den Kleid, den Blütenkranz im schwarzen
Haar, und sah ihn mit ihren blauen Mär-
chenaugen bittend an.
Da wußte er, daß ihm die Waffen,
mit denen er seinen Standpunkt verteidigen wollte,
schon entwunden waren, und daß er besiegt war, noch
ehe es zum Kampfe kam.
„Karin — Karin!" Er zog sie in seine Arme.
„Was machst du aus mir? — Aber wer kann dir
widerstehen?"
„Christian Ncvcntlow nicht. Das wußte ich wohl."
Sie lehnte sich an ihn. Der Duft ihres Haares, der
schwüle Geruch der Jasminblütcn stiegen ihm zu
Kopf wie junger, berauschender Wein. „Wir werden
glücklich sein — o so glücklich! Nun ist alles gut.
Du bleibst Offizier. Ich möchte keinen Mann, der
in Schmierstiefeln und Joppe auf dem Medderkoog
im Sumpf herumstampft." Sie lachte hellauf. „Und
ich sollte wohl gar kochen und Hühner füttern? Mit
diesen Händen?"
Sie hielt ihm ihre kleinen weißen, mit kostbaren
Ringen bedeckten Hände vor die Augen.
Er mußte diese zierlichen Finger küssen und ver-
gaß darüber, ihr zu antworten. Erst als sie selbst
allerhand wissen wollte von seiner Heimat, sing er
an, von dem etwas rauhen Vater, der schönen,
lebensklugen Mutter, dem guten Tantchen und der
wilden Lisa zu erzählen.
An dem gerührten Tonfall seiner Stimme merkte
sie, wie fest er im Grunde doch an der Heimat hing,
wie schmerzlich ihm ein Bruch mit seinem Vater
sein würde. „Weißt du, wenn der mich nur einmal
erst gesehen hat —"
„Dann kann er nicht widerstehen — das glaube
ich auch!" beendete Christian ihren angefangenen
Satz. Er zog sie neben sich auf ein kleines gelbes
Damastsofa. Die ganze Vorgeschichte ihrer Ver-
lobung mußte erst einmal gründlich durchgesprochen
werden. „Kleine Kokette du! Du hast mich schön
am Narrenseil geführt vorigen Winter," schalt er.
„Manchmal glaubte ich wirklich, Torp wäre der Be-
günstigtere von uns beiden. Aber der sah wohl klarer
und zog sich rechtzeitig zurück. Übrigens ist er nach
wie vor scharmant gegen mich. Er trägt mir nichts
nach. Solchem Allerweltscourmacher geht so etwas
nicht tief."
Karin schwieg. Eine Sekunde fuhr ihr der Ge-
danke durch den Kopf, Christian von Torps Antrag
und der wunderlichen Art, wie er ihre Abweisung
ausgenommen hatte, zu erzählen. Aber dann be-
schloß sie doch, lieber davon zu schweigen. Die beiden
XXl ISN.
krstlinge des sahres. Nach einem Semälde von lü Sros. (8. 460)
sllustnette fgmilienreitung
21.l)est. Ml.
Des Meddeskoog.
5chieswig-iso!steinscher Romani von
Hennette v. Meerdeimd.
(foUseliung.) -- -- — — lNschdruir! verboten.)
_ fünfter Kapitel.
^^?^ie stand vor ihm in ihrem weißen, fließen-
den Kleid, den Blütenkranz im schwarzen
Haar, und sah ihn mit ihren blauen Mär-
chenaugen bittend an.
Da wußte er, daß ihm die Waffen,
mit denen er seinen Standpunkt verteidigen wollte,
schon entwunden waren, und daß er besiegt war, noch
ehe es zum Kampfe kam.
„Karin — Karin!" Er zog sie in seine Arme.
„Was machst du aus mir? — Aber wer kann dir
widerstehen?"
„Christian Ncvcntlow nicht. Das wußte ich wohl."
Sie lehnte sich an ihn. Der Duft ihres Haares, der
schwüle Geruch der Jasminblütcn stiegen ihm zu
Kopf wie junger, berauschender Wein. „Wir werden
glücklich sein — o so glücklich! Nun ist alles gut.
Du bleibst Offizier. Ich möchte keinen Mann, der
in Schmierstiefeln und Joppe auf dem Medderkoog
im Sumpf herumstampft." Sie lachte hellauf. „Und
ich sollte wohl gar kochen und Hühner füttern? Mit
diesen Händen?"
Sie hielt ihm ihre kleinen weißen, mit kostbaren
Ringen bedeckten Hände vor die Augen.
Er mußte diese zierlichen Finger küssen und ver-
gaß darüber, ihr zu antworten. Erst als sie selbst
allerhand wissen wollte von seiner Heimat, sing er
an, von dem etwas rauhen Vater, der schönen,
lebensklugen Mutter, dem guten Tantchen und der
wilden Lisa zu erzählen.
An dem gerührten Tonfall seiner Stimme merkte
sie, wie fest er im Grunde doch an der Heimat hing,
wie schmerzlich ihm ein Bruch mit seinem Vater
sein würde. „Weißt du, wenn der mich nur einmal
erst gesehen hat —"
„Dann kann er nicht widerstehen — das glaube
ich auch!" beendete Christian ihren angefangenen
Satz. Er zog sie neben sich auf ein kleines gelbes
Damastsofa. Die ganze Vorgeschichte ihrer Ver-
lobung mußte erst einmal gründlich durchgesprochen
werden. „Kleine Kokette du! Du hast mich schön
am Narrenseil geführt vorigen Winter," schalt er.
„Manchmal glaubte ich wirklich, Torp wäre der Be-
günstigtere von uns beiden. Aber der sah wohl klarer
und zog sich rechtzeitig zurück. Übrigens ist er nach
wie vor scharmant gegen mich. Er trägt mir nichts
nach. Solchem Allerweltscourmacher geht so etwas
nicht tief."
Karin schwieg. Eine Sekunde fuhr ihr der Ge-
danke durch den Kopf, Christian von Torps Antrag
und der wunderlichen Art, wie er ihre Abweisung
ausgenommen hatte, zu erzählen. Aber dann be-
schloß sie doch, lieber davon zu schweigen. Die beiden
XXl ISN.
krstlinge des sahres. Nach einem Semälde von lü Sros. (8. 460)