DOI Heft:
Heft 14
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.60742#0305
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silustriette fgmilienreitung
14. kiest. 1911.
Der wilde wussorv.
IHoman von fjorst godemer.
(vorlsotiung.) - lNachvruck verboten.)
lottstedt kam aus dem Sprechzimmer des
Professors heraus. „Grete, alles gut und
schön! Morgen fahren wir in einem
Rutfch nach Hause."
„Joachim, laß mich noch mit dem
Professor sprechen!"
Er war ganz aufgeräumt. „Wenn du willst —
immerzu!" Er drehte sich um. „Ach, Herr Professor,
meine bessere Hälfte hat auch etwas auf dem Herzen!"
Gleich darauf stand sie dem alten, würdigen
Herrn gegenüber. Hinter scharfen Brillengläsern
funkelten kluge braune Augen, sein weißer Vollbart
reichte weit auf die Brust herab.
Sie sah sich erst noch einmal um, ob ihr Mann
etwa noch im Zimmer war. Nein! Und nun redete
sie mit dem Professor.
„Gnädigste Baronin, gar keine Vorwürfe haben
Sie sich zu machen! Im Gegenteil, Sie sind ein
großer Segen für Ihren Herrn Gemahl gewesen!"
Aber das Lächeln des alten Herrn verschwand,
als die schöne junge Frau ihn verlassen hatte. —
Joachim drängte nach Haufe. „Wir fchaffen's
an einem Tage! — Liebling, was wird Papa iür
ein Gesicht machen, wenn wir ihm unerwartet ins
Haus fallen! Den kleinen Umweg über Süderlohe
leisten wir uns natürlich."
„Joachim, erreg dich nicht so! Es wird zu viel
für dich werden! Auf einen Tag kommt's doch
nicht an!"
Aber der sonst so Folgsame wurde eigensinnig.
„Oh, ich halt' jetzt eine Masse aus! Und dann, wenn
Papa unser Glück sieht —"
Da schwieg sie. Es war besser, dieser Faden
wurde nicht weiter ausgesponnen.
Über Küstrin ging die Fahrt, durch die Neumark,
in die „hinterste hinterpommerfche Ecke". Das Auto-
mobil war geschlossen und raste mit größtzulässiger
Geschwindigkeit dahin.
Sehr früh war man aufgebrochen, in Flatow
wurde das Mittagessen eingenommen, das Benzin
ergänzt, um fünf Uhr ratterte das Automobil in den
Süderloher Wirtschaftshof.
Dankersbach stand gerade am Schafstall. „Nanu,"
brüllte er, „seid ihr denn nicht recht gescheit?"
Und nun freute sich auch Grete herzlich, daß der
„Überfall" so gut gelungen war.
Der Major rieb sich vergnügt die Hände, als er
die freudestrahlenden Gesichter sah.
„Brillant seht ihr aus — alle beide!"
Im Arbeitszimmer ging's an ein kurzes Erzählen.
Dankersbach wurde das Herz weit.
„Herrgott ja! Daß ich das auf meine alten Tage
noch erlebe! ... Nu aber denkt bloß mal — der
Adalbert! Wollte nicht mal mehr die Zulage haben,
feit er Oberleutnant geworden ist. Aber da hab'
ich auch meinen Stolz! Bessert sich ein Sünder,
soll man ihm erst recht nicht den Brotkorb höher
hängen!" Er sprang auf, öffnete den Gewehr-
schrank. „Seht mal, den Drilling hat er mir zu
Weihnachten geschenkt, keine sechs Pfund schwer,
xiv. isn.
Lin wasserfest in 5ism. (8. 306Z
silustriette fgmilienreitung
14. kiest. 1911.
Der wilde wussorv.
IHoman von fjorst godemer.
(vorlsotiung.) - lNachvruck verboten.)
lottstedt kam aus dem Sprechzimmer des
Professors heraus. „Grete, alles gut und
schön! Morgen fahren wir in einem
Rutfch nach Hause."
„Joachim, laß mich noch mit dem
Professor sprechen!"
Er war ganz aufgeräumt. „Wenn du willst —
immerzu!" Er drehte sich um. „Ach, Herr Professor,
meine bessere Hälfte hat auch etwas auf dem Herzen!"
Gleich darauf stand sie dem alten, würdigen
Herrn gegenüber. Hinter scharfen Brillengläsern
funkelten kluge braune Augen, sein weißer Vollbart
reichte weit auf die Brust herab.
Sie sah sich erst noch einmal um, ob ihr Mann
etwa noch im Zimmer war. Nein! Und nun redete
sie mit dem Professor.
„Gnädigste Baronin, gar keine Vorwürfe haben
Sie sich zu machen! Im Gegenteil, Sie sind ein
großer Segen für Ihren Herrn Gemahl gewesen!"
Aber das Lächeln des alten Herrn verschwand,
als die schöne junge Frau ihn verlassen hatte. —
Joachim drängte nach Haufe. „Wir fchaffen's
an einem Tage! — Liebling, was wird Papa iür
ein Gesicht machen, wenn wir ihm unerwartet ins
Haus fallen! Den kleinen Umweg über Süderlohe
leisten wir uns natürlich."
„Joachim, erreg dich nicht so! Es wird zu viel
für dich werden! Auf einen Tag kommt's doch
nicht an!"
Aber der sonst so Folgsame wurde eigensinnig.
„Oh, ich halt' jetzt eine Masse aus! Und dann, wenn
Papa unser Glück sieht —"
Da schwieg sie. Es war besser, dieser Faden
wurde nicht weiter ausgesponnen.
Über Küstrin ging die Fahrt, durch die Neumark,
in die „hinterste hinterpommerfche Ecke". Das Auto-
mobil war geschlossen und raste mit größtzulässiger
Geschwindigkeit dahin.
Sehr früh war man aufgebrochen, in Flatow
wurde das Mittagessen eingenommen, das Benzin
ergänzt, um fünf Uhr ratterte das Automobil in den
Süderloher Wirtschaftshof.
Dankersbach stand gerade am Schafstall. „Nanu,"
brüllte er, „seid ihr denn nicht recht gescheit?"
Und nun freute sich auch Grete herzlich, daß der
„Überfall" so gut gelungen war.
Der Major rieb sich vergnügt die Hände, als er
die freudestrahlenden Gesichter sah.
„Brillant seht ihr aus — alle beide!"
Im Arbeitszimmer ging's an ein kurzes Erzählen.
Dankersbach wurde das Herz weit.
„Herrgott ja! Daß ich das auf meine alten Tage
noch erlebe! ... Nu aber denkt bloß mal — der
Adalbert! Wollte nicht mal mehr die Zulage haben,
feit er Oberleutnant geworden ist. Aber da hab'
ich auch meinen Stolz! Bessert sich ein Sünder,
soll man ihm erst recht nicht den Brotkorb höher
hängen!" Er sprang auf, öffnete den Gewehr-
schrank. „Seht mal, den Drilling hat er mir zu
Weihnachten geschenkt, keine sechs Pfund schwer,
xiv. isn.
Lin wasserfest in 5ism. (8. 306Z