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Mlmrausch.
Roman von Reinhold Ortmann.
(Fortsetzung.)
ollbach hatte erstaunt aufgehorcht. Nun brach er in ein
ganz ungekünsteltes Lachen aus.
„Ist es möglich? — Dietramszell? Diese Spottgeburt von
einem Menschen — und Ihre Tochter! Das könnte wahrhaftig
eine nette Ehe werden."
„Was wollen Sie? An und für sich wäre die Sache gar nicht
schlecht. Und bis jetzt habe ich Lia sogar zugeredet. Erstens wird
sie eine Gräfin aus uraltem Geschlecht — bis weit über die
Kreuzzüge hinaus, wie Dietramszell immer sagt. Zweitens steht
der Graf zwar vorläufig noch unter Kuratel; aber er hat nur
eine einzige Schwester, die feierlich gelobt hat, niemals zu hei-
raten, und eines Tages müssen ihm sowohl die Familien-
besitzungen wie das große Hausvermögen Zufällen. Warum
sollte sie also nicht zugreifen? Der arme Mensch ist vor lauter
Verliebtheit ja schon halb blödsinnig geworden. Und daß er nicht
wie der selige Adonis aussieht oder wie Siegfried der Drachen-


töter — was will das am Ende bedeuten! Es können eben nicht
alle Männer so schön sein wie Sie und ich."
„Nun, wenn Fräulein Lia mit ihm zufrieden ist — ich gönne
ihr die Grafenkrone von Herzen."
„Endgültig entschlossen hat sie sich noch nicht. Ich glaube,
der junge Neinhardt wäre ihr schon lieber."
Unwillkürlich reckte Hollbach den Kopf höher aus den Schultern.
„Neinhardt — sagen Sie? Wolfgang Reinhardt? Hat ihr
etwa auch der einen Antrag gemacht?"
„Noch nicht. Sie kennen sich ja auch erst seit einer Woche.
Und ich halte es für keineswegs sicher, daß er es überhaupt tun
wird. Mit dem verstorbenen Alfred Reinhardt war das eine
andere Sache. Der hätte sie in jedem beliebigen Augenblick vom
Fleck weg geheiratet, wenn sie es nicht in ihrer Launenhaftigkeit
immer wieder hinausgezögert hätte. Er hatte eben weder Eltern
noch Geschwister, die er um ihre Einw'lligung fragen mußte. Der
Professor aberkönnte doch möglicherweise Schwierigkeitenmachen."
„Das halte ich in der Tat für äußerst wahrscheinlich. Und
wenn es sich für Sie nur um eine Wahl zwischen diesen beiden
Kandidaten handelt, so möchte ich Ihnen doch ganz entschieden
anraten, mein lieber Steiner, dem Grafen den Vorzug zu geben."

Phot. G. Schnauffer, Stuttgart.


19 19L1.

Aus dem schwäbischen Oberland.
 
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