Jas Büch MAL
HeftZZZlluslrierteKmiliMMtung - wA
Mlmraujch.
Roman von Reinhold Ortmann.
'^Fortsetzung.)
^>^3! es Justizrates glaubte Hollbach sicher sein zu dürfen, hatte
AH man ihm doch einen einträglichen Posten zugewiesen, der
verpflichtete, die Partei Steiners zu ergreifen. Und
wenn auch Ilse jetzt fest zu ihm stand, war noch nichts verloren.
Der Professor mochte sich anfänglich ein wenig sträuben; schließ-
lich aber würde er doch seinem Töchterchen zuliebe nachgeben,
und als seinen Schwiegersohn würde ihn niemand mehr aus dem
Sattel heben.
Er hatte sich eben fertig gemacht, um in das Bankhaus zu
gehen, als Hilde bei ihm eintrat.
„Ist es etwas Dringendes?" fragte er. „Ich muß fort."
„Ja, es ist dringend," erwiderte sie ruhig. „Nebenan sitzt die
arme Ilse und verzehrt sich in Sorge und Qual. Es ist deine
Ehrenpflicht, sie daraus zu befreien."
„Was gibt es denn schon wieder? Mir ist der Kopf so voll,
liebe Hilde, daß ich mich nicht auch noch mit Frauenzimmer-
geschichten aufhalten kann."
Aber sie ließ sich nicht abfertigen. In klaren und kurzen
Worten sagte sie ihm, wie es um Ilse stehe, und er war klug ge-
nug, sofort zu erkennen, daß damit die eine seiner Hoffnungen
in nichts zerfloß. Es traf ihn nicht ins Herz, ja, es verletzte nicht
einmal seine männliche Eitelkeit allzu tief. Denn er war im
Grunde niemals sehr stolz gewesen auf seinen Sieg. Darüber,
daß es ein Augenblickstriumph, der Erfolg einer geschickten Über-
rumpelung gewesen, hatte er sich von vornherein keiner Selbst-
täuschung hingegeben. Es war seine Absicht gewesen, sich Ilse
nach und nach ganz zu erobern. Und daß sie es ihm durch ihr
Verhalten unmöglich gemacht, hatte ihn immer mit einer ge-
wissen Sorge erfüllt. Nun war es zu spät, das nachzuholen. Und
selbst, wenn sie sich jetzt noch an ein in Wahrheit niemals gegebenes
Wort gebunden glaubte, eine Grundlage, auf der sich irgend-
welche Zukunftspläne aufbauen ließen, war dies schwächliche
Liebesverhältnis jedenfalls nicht mehr. Eine ernste Belastungs-
probe würde es nicht aushalten, und eine Bewerbung, die ohne-
dies nicht auf freundliche Aufnahme rechnen durfte, hatte unter
diesen Umstünden kaum noch einen Sinn. Es war eine Ent-
täuschung, aber nur die Enttäuschung des Kaufmannes, der
irrigerweise eine falsche Zahl in seine Berechnungen eingestellt
hat. Und er war nicht gestimmt, eine sentimentale Komödie zu
spielen.
„Ich will nicht fragen, Hilde, wie klein oder wie groß dein
Anteil an dieser Wandlung ist," sagte er mit einer Nuhe, die seine
Schwester überraschte. „Ich nehme sie einfach als eine Tatsache
hin, mit der ich mich abzufinden habe. Das magst du meinet-
wegen Fräulein Reinhardt wiederholen."
„Nein, Oswald — so geht es nicht. Wenn Ilse erfährt, daß
du sie auf meine Mitteilungen hin freigeben willst, wird sie mir
nicht nur zürnen, sondern sie wird sich nun erst recht gebunden
glauben. Du verstehst dich eben sehr schlecht auf das Innenleben
eines unverdorbenen und wahrhaftigen Geschöpfes."
„Aber, mein Himmel, was soll ich denn, oder was kann ich über-
haupt dabei tun? Soll ich vielleicht hineingehen und sie meiner-
seits flehentlich um die Auflösung unseres Verlöbnisses bitten?"
Heimkehr vor dem Gewitter.
L3. 1S2U
Nach einem Gemälde von Karl Raupp.
HeftZZZlluslrierteKmiliMMtung - wA
Mlmraujch.
Roman von Reinhold Ortmann.
'^Fortsetzung.)
^>^3! es Justizrates glaubte Hollbach sicher sein zu dürfen, hatte
AH man ihm doch einen einträglichen Posten zugewiesen, der
verpflichtete, die Partei Steiners zu ergreifen. Und
wenn auch Ilse jetzt fest zu ihm stand, war noch nichts verloren.
Der Professor mochte sich anfänglich ein wenig sträuben; schließ-
lich aber würde er doch seinem Töchterchen zuliebe nachgeben,
und als seinen Schwiegersohn würde ihn niemand mehr aus dem
Sattel heben.
Er hatte sich eben fertig gemacht, um in das Bankhaus zu
gehen, als Hilde bei ihm eintrat.
„Ist es etwas Dringendes?" fragte er. „Ich muß fort."
„Ja, es ist dringend," erwiderte sie ruhig. „Nebenan sitzt die
arme Ilse und verzehrt sich in Sorge und Qual. Es ist deine
Ehrenpflicht, sie daraus zu befreien."
„Was gibt es denn schon wieder? Mir ist der Kopf so voll,
liebe Hilde, daß ich mich nicht auch noch mit Frauenzimmer-
geschichten aufhalten kann."
Aber sie ließ sich nicht abfertigen. In klaren und kurzen
Worten sagte sie ihm, wie es um Ilse stehe, und er war klug ge-
nug, sofort zu erkennen, daß damit die eine seiner Hoffnungen
in nichts zerfloß. Es traf ihn nicht ins Herz, ja, es verletzte nicht
einmal seine männliche Eitelkeit allzu tief. Denn er war im
Grunde niemals sehr stolz gewesen auf seinen Sieg. Darüber,
daß es ein Augenblickstriumph, der Erfolg einer geschickten Über-
rumpelung gewesen, hatte er sich von vornherein keiner Selbst-
täuschung hingegeben. Es war seine Absicht gewesen, sich Ilse
nach und nach ganz zu erobern. Und daß sie es ihm durch ihr
Verhalten unmöglich gemacht, hatte ihn immer mit einer ge-
wissen Sorge erfüllt. Nun war es zu spät, das nachzuholen. Und
selbst, wenn sie sich jetzt noch an ein in Wahrheit niemals gegebenes
Wort gebunden glaubte, eine Grundlage, auf der sich irgend-
welche Zukunftspläne aufbauen ließen, war dies schwächliche
Liebesverhältnis jedenfalls nicht mehr. Eine ernste Belastungs-
probe würde es nicht aushalten, und eine Bewerbung, die ohne-
dies nicht auf freundliche Aufnahme rechnen durfte, hatte unter
diesen Umstünden kaum noch einen Sinn. Es war eine Ent-
täuschung, aber nur die Enttäuschung des Kaufmannes, der
irrigerweise eine falsche Zahl in seine Berechnungen eingestellt
hat. Und er war nicht gestimmt, eine sentimentale Komödie zu
spielen.
„Ich will nicht fragen, Hilde, wie klein oder wie groß dein
Anteil an dieser Wandlung ist," sagte er mit einer Nuhe, die seine
Schwester überraschte. „Ich nehme sie einfach als eine Tatsache
hin, mit der ich mich abzufinden habe. Das magst du meinet-
wegen Fräulein Reinhardt wiederholen."
„Nein, Oswald — so geht es nicht. Wenn Ilse erfährt, daß
du sie auf meine Mitteilungen hin freigeben willst, wird sie mir
nicht nur zürnen, sondern sie wird sich nun erst recht gebunden
glauben. Du verstehst dich eben sehr schlecht auf das Innenleben
eines unverdorbenen und wahrhaftigen Geschöpfes."
„Aber, mein Himmel, was soll ich denn, oder was kann ich über-
haupt dabei tun? Soll ich vielleicht hineingehen und sie meiner-
seits flehentlich um die Auflösung unseres Verlöbnisses bitten?"
Heimkehr vor dem Gewitter.
L3. 1S2U
Nach einem Gemälde von Karl Raupp.