Heft 22
DasBuchfüvALLe
341
„Die kaufmännischen Ehrbegriffe scheinen allerdings in Ihren
Kreisen andere zu sein als bei uns. Ich kann Ihnen nicht ver-
hehlen, Herr Steiner, daß ich mich schwer enttäuscht fühle."
„Na, wenn schon! Bin ich verantwortlich für Ihre Gefühle?"
„Nicht für meine Gefühle, aber für die Erfüllung Ihrer Ver-
pflichtungen gegen das Bankhaus Klemens Reinhardt."
„Erfülle ich sie etwa nicht? Sobald die Frostperiode vorüber
ist, werde ich mit dem Bau der beiden Theater beginnen. Das
ist vorläufig alles, wozu ich verpflichtet bin. Ich halte mich an
den Wortlaut unseres Vertrages."
„Und wie steht es mit einer Herabsetzung der bedungenen
„Warum kühn? — Es sind schon größere Leute umgefallen
als dieser kleine Baumensch. Er hat sich inzwischen mit der Firma
Hasse & Berger wieder vertragen. Was wetten wir, daß er seine fa-
mose Aufstellung für einen bedauerlichen Irrtum erklären wird?"
„So sieht der Mann nicht aus. Oder haben Sie vielleicht den
Versuch gemacht, ihn zu bestechen?"
„Bestechen! Was heißt bestechen! — Es ist möglich, daß mein
Freund Hasse ihn behufs einer Aussprache zu sich kommen ließ.
Und es kann sein, daß er ihm bei der Gelegenheit vorschlug, sich
an dem Bau der beiden Theater zu beteiligen. Zu sehr annehm-
baren Bedingungen natürlich. Ist das etwa Bestechung?"
Auf der alten Brücke in Forchtenberg.
Baupreise? Haben Sie mit Hasse A Berger schon darüber ver-
handelt?"
„Es fällt mir nicht ein, mich der Firma gegenüber durch der-
artige Zumutungen lächerlich zu machen. Vertrag ist Vertrag.
Und bei den heutigen Materialpreisen ist die vereinbarte Bau-
summe durchaus angemessen."
„Herr Wolfgang Reinhardt behauptet das Gegenteil."
„Lassen Sie diesen Herrn Reinhardt aus dem Spiel. Es regt
mich schon auf, wenn ich bloß seinen Namen höre. Wie er sich
gegen meine Tochter benommen hat, das vergesse ich ihm nicht
bis an das Ende meines hoffentlich noch recht langen Lebens."
„^agenwir also: derArchitekt Volker behauptet das Gegenteil."
„So? Und wenn er nun inzwischen anderer Meinung ge-
worden wäre?"
„Das ist kaum anzunehmen. Wie kommen Sie zu der kühnen
Vermutung?"
22. 192U
Nach einer Photographie von G. Schnauffer, Stuttgart.
„Ich wüßte kaum, wie man es anders nennen sollte, Herr
Steiner."
„Nun, ich liebe es nicht, um Worte zu streiten. Die Haupt-
sache ist doch, daß er von jetzt ab den Mund halten wird. Ohne
die Autorität dieses fachmännischen Freundes aber verlieren die
lächerlichen Anschuldigungen des jungen Reinhardt jede Be-
deutung."
„Volker nahm also den Vorschlag des Herrn Hasse an?"
„Der Form wegen verlangte er natürlich eine Bedenkzeit,
um sich mit seinem Sozius Rippolt zu besprechen. Aber wir
haben ihn sicher. Der Brocken, den wir ihm hingeworfen haben,
war zu fett."
Hollbach richtete sich aus seiner bisherigen zusammen-
gesunkenen Haltung auf.
„Ich muß bitten, Herr Steiner, mich in dies ,witt nicht ein-
zuschließen. Ich will mit einer verschleierten Bestechung ebenso-
DasBuchfüvALLe
341
„Die kaufmännischen Ehrbegriffe scheinen allerdings in Ihren
Kreisen andere zu sein als bei uns. Ich kann Ihnen nicht ver-
hehlen, Herr Steiner, daß ich mich schwer enttäuscht fühle."
„Na, wenn schon! Bin ich verantwortlich für Ihre Gefühle?"
„Nicht für meine Gefühle, aber für die Erfüllung Ihrer Ver-
pflichtungen gegen das Bankhaus Klemens Reinhardt."
„Erfülle ich sie etwa nicht? Sobald die Frostperiode vorüber
ist, werde ich mit dem Bau der beiden Theater beginnen. Das
ist vorläufig alles, wozu ich verpflichtet bin. Ich halte mich an
den Wortlaut unseres Vertrages."
„Und wie steht es mit einer Herabsetzung der bedungenen
„Warum kühn? — Es sind schon größere Leute umgefallen
als dieser kleine Baumensch. Er hat sich inzwischen mit der Firma
Hasse & Berger wieder vertragen. Was wetten wir, daß er seine fa-
mose Aufstellung für einen bedauerlichen Irrtum erklären wird?"
„So sieht der Mann nicht aus. Oder haben Sie vielleicht den
Versuch gemacht, ihn zu bestechen?"
„Bestechen! Was heißt bestechen! — Es ist möglich, daß mein
Freund Hasse ihn behufs einer Aussprache zu sich kommen ließ.
Und es kann sein, daß er ihm bei der Gelegenheit vorschlug, sich
an dem Bau der beiden Theater zu beteiligen. Zu sehr annehm-
baren Bedingungen natürlich. Ist das etwa Bestechung?"
Auf der alten Brücke in Forchtenberg.
Baupreise? Haben Sie mit Hasse A Berger schon darüber ver-
handelt?"
„Es fällt mir nicht ein, mich der Firma gegenüber durch der-
artige Zumutungen lächerlich zu machen. Vertrag ist Vertrag.
Und bei den heutigen Materialpreisen ist die vereinbarte Bau-
summe durchaus angemessen."
„Herr Wolfgang Reinhardt behauptet das Gegenteil."
„Lassen Sie diesen Herrn Reinhardt aus dem Spiel. Es regt
mich schon auf, wenn ich bloß seinen Namen höre. Wie er sich
gegen meine Tochter benommen hat, das vergesse ich ihm nicht
bis an das Ende meines hoffentlich noch recht langen Lebens."
„^agenwir also: derArchitekt Volker behauptet das Gegenteil."
„So? Und wenn er nun inzwischen anderer Meinung ge-
worden wäre?"
„Das ist kaum anzunehmen. Wie kommen Sie zu der kühnen
Vermutung?"
22. 192U
Nach einer Photographie von G. Schnauffer, Stuttgart.
„Ich wüßte kaum, wie man es anders nennen sollte, Herr
Steiner."
„Nun, ich liebe es nicht, um Worte zu streiten. Die Haupt-
sache ist doch, daß er von jetzt ab den Mund halten wird. Ohne
die Autorität dieses fachmännischen Freundes aber verlieren die
lächerlichen Anschuldigungen des jungen Reinhardt jede Be-
deutung."
„Volker nahm also den Vorschlag des Herrn Hasse an?"
„Der Form wegen verlangte er natürlich eine Bedenkzeit,
um sich mit seinem Sozius Rippolt zu besprechen. Aber wir
haben ihn sicher. Der Brocken, den wir ihm hingeworfen haben,
war zu fett."
Hollbach richtete sich aus seiner bisherigen zusammen-
gesunkenen Haltung auf.
„Ich muß bitten, Herr Steiner, mich in dies ,witt nicht ein-
zuschließen. Ich will mit einer verschleierten Bestechung ebenso-