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350

blieb, Stellingen in künftigen besseren
Zeiten seiner früheren Bedeutung
wieder entgegenzuführen. Ein trübe
stimmender Ausgang einer so präch-
tigen, lebenstrotzenden Schöpfung.
Wenn auch das Ausland den guten
Nuf der Firma nicht vergaß, wie die
eingelaufenen Bestellungen bezeugen,
so ist doch bei dem Stand unserer
Geldentwertung, der Frachtverteue-
rung und dein Fehlen einer Handels-
flotte die Aussicht auf baldige Besse-
rung der Lage Stellingens recht ge-
ring. Heute muh sich der Betrieb mit
dressierten Tiergruppen, die als Zir-
kusunternehmungen im neutralen
Ausland reisen, und mit dein Haus-
tierhandel zu behaupten suchen. Die
Preise wilder Tiere, die nach englischer
Währung bezahlt werden müssen, sind
ungeheuer. Anfangs 1920 forderte
man in Schweden für einen jungen
Eisbären 9729 Mark und für einen
jungen Braunbären 3243 Mark; der
Transport beider Tiere stellte sich auf


Das Zwergflutzpferd rin Tierpark Stellingen.

6486 Mark. In Stellingen verkaufte man vor dem Kriege einen jungen

unter ernstlicher Berücksichtigung

vom Ausland gemachte Geschenke an
Tieren ablehnen.
Bedenktman, dahdieLageunserer
mustergültigen Zoologischen Gürten
nicht weniger traurig ist, so bleibt für
diese doch immer noch die Möglichkeit
städtischer, staatlicher und privater
Hilfen, diefür Stellingen nicht weniger
erwünscht wären, denn der enge Zu-
samm enhang dieses Unternehmens mit
unseren Tiergärten braucht wohl nicht
erst besonders geschildert zu werden.
DieWichtigkeit der Erhaltung einer so
bedeutendenEinrichtung,wiesie durch
unermüdliche Arbeit in drei Gene-
rationen geschaffen wurde, lägt sich am
besten mit dem Hinweis erhärten, daß
es sich in diesem Falle um ebenso hoch
einzuschätzende geistige, als volkswirt-
schaftliche und in gewissem Sinne auch
weltwirtschaftliche Faktoren handelt.
Wertvolle Beziehungen zum Ausland
stehen auf dem Spiel. Was getan
werden könnte, um uns Stellingen
nicht verloren gehen zu lassen, mühte
dieser Punkte geschehen. Sich der Er-

Braunbären für 150 bis 200 und einen jungen Eisbären für 600 bis innerung einstigen Glanzes trauernd oder stumpfergeben tatenlos zu über-
1000 Mark. Wegen zu hoher Transportkosten muhte man in Stellingen lassen, ist selbst in unserer Not und Verarmung nicht zu rechtfertigen.



Zu unseren Bildern

Die erbeutete Sklavin (S. 344—345). —- Seit ältester Zeit ist im
Orient die Arbeit mehr als Fluch, denn als Würde und Segen, zum großen
Teil als lästige Notwendigkeit des Lebens betrachtet worden. Deshalb
überlieh der Araber von jeher nicht nur die häuslichen Verrichtungen,
sondern auch die Feldbestellung dem gering geachteten weiblichen Geschlecht
und den Sklavinnen. Solche Arbeitskräfte als willkommene Beute von
Eroberungszügen gegen Nachbarstämme Heimzubringen, war immer der
Stolz des Beduinen. Mit der Sklavin gewann er zugleich auch die er-
wünschte Aussicht auf vermehrte Nachkommenschaft, größeres Ansehen
der Sippe und Stärkung des Stammes. Darauf kam es auch vor allem
dem Stifter der islamitischen Religion, Mohammed, an. Durch ihn und
seine Nachfolger wurde die Stellung der orientalischen Frau gegen früher
immerhin etwas gebessert, und das Los der Sklavinnen milder gestaltet

als es bei heiönishm Völkern üblich war. Schon der zweite Kalif Omar
traf die humane Bestimmung, daß eine Sklavin, die ihren: Herrn ein Kind
geboren, nicht mehr verkauft werden dürfe und frei wurde, wenn der
Gebieter stcnb. Ja vielfach waren Sklavinnen, die sich durch Schönheit und
Kunstfertigkeit des Gesanges oder des Tanzes auszeichneten, höher geschätzt
als freie Frauen. Gab es doch zur Blütezeit der Kalifenmacht sogar so
hochgeachtete Erscheinungen unter ihnen, daß Poeten sie besangen, wie
in Europa die Troubadours ihre Geliebten. Mit Stolz blicken die Scheichs
auf die von ihren Kriegs!euten eingebrachte Beute an Gefangenen, denn
diese waren —- nach ihrer Auffassung — ein Wert, der einen Kampf
wohl kosten durfte. Die geraubte Schöne galt dem Beduinen mehr als
die käuflich erworbene Frau, und wohlgefällig blickte er auf die, von der
er den erwünschtesten Schatz erhielt, viele Kinder.
 
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