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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1888

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Heft 7/8
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Gmelin, Leopold: Deutsch-nationale Kunstgewerbe-Ausstellung zu München 1888, [8]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7906#0060

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saal bestimmte Pertäferung, welche der badischen Abtheilung
als Hintergrund dient. Der Mangel jeglicher Abwechselung
im Holzton läßt diese Wand trotz vornehmer Domposition
(von Architekt H. Lender, Heidelberg) und trotz der durch-
weg ganz vorzüglichen Ausführung der Architektur wie
ganz besonders der Ornamente (von Ziegler und Weber,
Aarlsruhe) nicht zu der Geltung gelangen, die ihr sonst ge-
bührte; ohne die darüber und in den Lünetten angebrachten
Malereien, die farbigen Teppiche und Pasen (an deren Stellen
Gesen gedacht sind), würde die Wirkung noch nüchterner sein.
Da sich über dieser Wand — laut beigegebenen Entwürfen —
eine reiche farbige Dekoration entfalten wird, für welche das
Holzwerk gewissermaßen nur als Sockel dienen soll, so kann
ein endgiltiges Urtheil über die Gesammtwirkung am Orte
der Bestimmung nicht ausgesprochen werden. Zu wünschen
ist nur, daß der in jenen Saal kommende parquettboden
etwas weniger aufdringlich, scheckig aussällt, als der hier
davorliegende. Uebrigens kann man dieser Wand den Por-
wurf nicht ersparen, daß sie mehr sür Marmor als für
Holz gedacht erscheint; und ob es für eine Stadt wie Heidel-
berg, die ihre höchste künstlerische Blüthe in der deutschen
Renaissance erreicht hat, nicht passender gewesen wäre, den
Rathhaussaal diesem Stil entsprechend zu gestalten, statt in
italienischer Renaissance — diese Frage mag sich Zeder selbst
beantworten. — Was sich in dieser Art Reizendes machen
laßt, das zeigt in kleinem Maaßstab das Treppenhaus
von L. Aöllmayr (München), entworfen von Architekt
H. Grassel, welches die Gallerie mit dem Obergeschoß
verbindet und durch Bogenhalle und Loggia so anmuthig
malerisch gestaltet ist. Einfacher als das genannte Bamberger
Zimmer und doch sehr ansprechend ist jenes, welches von
verschiedenen Landshuter Meistern nach Entwurf von Architekt
R. Neueder ausgeführt wurde; die Wandvertäferung, der
freundlich gestaltete Erker, die schlichte Aassettendecke mit
ihren Goldrosetten bieten freilich wenig Farbenwechsel; für
letztem sorgen dagegen die stumpfroth und gelb gemusterte
Stosftapete, die blaugrauen, bez. rothbraunen Möbelpolster
und namentlich der herrliche blau und weiß gemusterte
Ösen von Fr. Reither, eine treffliche Nachbildung eines
Originals vom SchloßTrausnitz. — Einfacher istSchneller's
(München) bürgerliches Wohnzimmer, welches zwar in den
Holzfarben selbst noch weniger Abwechselung bietet als das
vorgenannte, dafür aber durch seine geschmackvolle Aus-
stattung mit Geschirr und sonstigem Geräth völlig entschädigt;
es war kein schlechter Gedanke, daß die Perloosungskommission
gerade dieses gemüthvolle Erkerzimmer angekaust hat.

Blieb in den genannten Arbeiten — denen auch noch
ein in edler Renaissance gehaltenes, vortreffliches Buffet
von I. L. Fischer, andere von F. Horn, £>. Anöserl,
ein Zimmer von A. Siegel u. s. w. beizuzählen sind —
der Wechsel der Holzsarben aus geometrisch begrenzte Flächen
beschränkt, so treten uns in den Zimmern von L. Hingerle,
Ph. Dümler (München), ferner in einzelnen Möbeln
von Gebr. Lolli (Innsbruck) ornamentale Intarsien in
2 Farben entgegen. Es sind lauter tüchtige Arbeiten; aber
bei einzelnen ist der Farbencontrast zu groß, wodurch das
Ganze unruhig wirkt, namentlich wo die vermittelnden
Zwischentöne fehlen, — bei andern setzt sich die Ornamen-
tirung der Möbel in gleicher Weise auch an der Decke fort,
was nicht zu billigen ist. Im Ganzen darf man sich

wundern, daß diese schöne, edle Technik keine ausgedehntere
Perwendung im Rahmen der Ausstellung zeigt; viel häufiger
finden wir mehrfarbige Intarsien aus bunt gebeizten Hölzern,
oft in Perbindung mit Metall, Elfenbein, Perlmutter.
Namentlich in der Rheinpsalz und in Aarlsruhe scheint
eine gewisse Porliebe dafür zu bestehen; wir werden später
noch darauf zurückkommen.

Man kann in dem gesammten Mobiliar zwei Haupt-
richtungen unterscheiden; bei der einen beruht das für die Ge-
sammterscheinung Maaßgebende mehr aus dem architek-
tonisch-struktiven, bei der andern mehr aus den: malerisch-
farbigen Element. Die Einen legen aus die Farbe gar
kein oder nur wenig Gewicht; die Andern räumen dem
Farbenwechsel eine zu große Macht ein. Das Richtigste
mag wohl in der Mitte liegen, wenn auch jede der beiden
Hauptrichtungen innerhalb gewisser Grenzen ihre Berechtig-
ung als Dominante haben mag; aber im Ganzen kann
man wohl behaupten, daß jene Lösungen, welche das pri-
märe struktive Prinzip deutlich zum Ausdrucke bringen,
selbst wenn das in einseitiger Weise geschieht, durchschnittlich
besser ausgefallen sind, da sie mehr aus Zweck und Material
hervorgegangen, — als jene, bei denen das sekundäre,
dekorative — plastische oder farbige — Element den Cha-
rakter bestimmte. Steinerne Säulenordnungen in verkleinerten:
Maaßstab aus ein Möbel zu übertragen, ist natürlich ebenso
unstatthaft und nur erträglich, wenn die Ausführungen
auch der kleinsten Ornamente so tadellos sein sind, wie es
an einem Tredenzschranke von W. Anust (Wolsenbüttel)
der Fall ist, der alle Hochachtung werth ist. Unter den
einfachem Möbeln dieser Art sind bemerkenswerth ein Buffet
von Fr. Michel (Wien) in deutscher Frührenaissance,
zwei Tredenzschränke von I. L. Geiger und I. Roter-
mundt (Nürnberg), beides treffliche Lopieen eines und
desselben Originals (wohl im german. Museum?) aus der
Uebergangszeit von der Gothik zur Renaissance.

Durch strengen, correkten Ausbau wirken besonders
vornehm ein ganz einfarbiges Buffet von W. Jung
(München), auch ein solches von I. Perberne (Franken-
thal) und ein prunkschrank von H. Molzahn (Frankfurt
a./M); der Entwurf zu letzterem Stück stammt aus der
Frankfurter Aunstgewerbeschule. Hier verzichtet das braune
Nußbaumholz fast ganz auf plastisches Ornament; die Deko-
ration beschränkt sich aus wenige, wohlabgewogene Elsen-
beineinlagen in den Ecken und in den Mitten der Felder.

Jur Rahmen prunkloser Renaissance halten sich Möbel
von I. Schirmer (Berlin), von F. Luck (Oberehnheim,
Elsaß), Ehr. Götz (Fürth), St. Rummel (Regensburg)
u. A. In der Anwendung plastischen Schmuckes gehen
schon weiter mehrere Eichenholzmöbel aus Dresden, deren
Entwurf z. Th. von Hosrath Grass herrührt: ein Biblio-
thekschrank von O. B. Friedrich, ein pompöses Buffet
und einige Truhen von G. Udlust & Hartmann, —
Möbel, die sich in ihren Grundmotiven mehr an französische
und vlämische als deutsche Porbilder anlehnen und deren
reiches Ornament dem Material entsprechend schlicht und
kernig und doch nicht ohne künstlerischen Schwung ausgeführt
ist. Das Aernige der ganzen Erscheinung wird besonders
bei zwei Truhen von Graff-Udluft durch die grauen Eisen-
beschläge noch gesteigert, deren stumpf graue Farbe vor-
trefflich zu dem graubraunen Eichenholz stimmt. In die
 
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