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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1894

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Heft 5
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Glücksmann, Heinrich: Des Handwerks gute alte Zeit, [1]: ein Bild aus der Kunstgeschichte
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Unsere kunstgeschichtlichen Musterblätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.6754#0058

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Neben der Baukunst, auf die ich später noch einen
Streisblick werfe, hat das f6. Jahrhundert aus dem edlen
Ehrgeiz des Handwerks hervor besonders die Bildhauerei
zu hoher Vollendung gebracht, und es ragen aus der großen
Zahl von Holz- und Elfenbeinschnitzern, Steinmetzen und
Metallarbeitern jener Zeit einzelne Männer, die auch im

\2. Zusammengesetzte Blumenvase, sog. „Dreibrüderkrügel".

Süddeutsche Laience: Höbe circa 20 cm.

engsten Aompendium der Aunstgeschichte mit Ruhm genannt
werden müssen, ob sie auch der Zunft angehörten und die
Meisterschaft erwerben mußten, wie der erste beste Lebzelter
oder Siebmacher. An der Spitze dieser Reihe genialer Hand-
werker-Aünstler stehen die vorgenannten drei Meister von
Nürnberg, deren Merke noch heute jedes kunstsinnige Herz
berauschen, jedes kunstgeübte Auge erquicken, die am Aus-
gangspunkte der Gothik stehen und erst schüchtern hinüber-
greifen in die aus Italien herübergekommene Renaissance

bis auf den kühneren Bischer, der auch schon in dem neuen
Stile Herrliches leistete, als dessen deutschen Herold man
Albrecht Dürer bezeichnen und den man darum den Martin
Luther der deutschen Run st nennen kann. Auf der
entstandenen ersten Zeichnung seiner „Apokalypse" findet sich
schon der Baustil der Renaissance, ihre erste Meldung auf
deutschem Boden, lange vor ihrer praktischen Berwerthung.
Für Bildhauer und Maler gab er ewige Gesetze, und dem
Handwerk, aus dem er hervorgegangen, den Goldschmieden
schuf er köstliche Muster.

Diese Aünstler sind sich aber, wenn sie sich auch nicht
über die Zunft stellen, ihres Merthes und des ihrer Merke
schon bewußt und streifen die bescheidene Anonymität ab,
die bis dahin wie für jede Joppe auch für Stein- oder Bild-
werke üblich war. Sie bezeichnen ihre Arbeiten nicht nur
mit dem Namen, sondern wie Dürer auf verschiedenen
seiner Gemälde, wie Arafst beim Sakramentshäuschen und
Bischer beim Sebaldusgrab mit ihrem Horträt; die beiden
Meister des Meißels präsentiren sich im Schurzfell des Hand
werkers, das sie für ihr bestes Ehrenkleid ansahen.

Dieser innere Aufschwung der Edelgewerke ohne äußere
Anmaßung und Preissteigerung konnte nicht ohne Mirkung
in's Meite bleiben. Die Aunstwerke erzeugten die Aunst-
liebe. Die Städte ließen sich eine künstlerische Ausschmückung
angelegen sein, in den Fürsten und ihren Gesolg-Herren
wurde der Aunstsinn lebendig, und auch die wohlhabenden
Bürger fanden Geschmack an den reich und reizvoll aus-
gestatteten Heinistätten der geschickten Zünftler und ahmten
ihnen nach. Große Opfer erheischten solche Gelüste damals
nicht; die Preise waren rechte Handwerkerpreise. Dürer's
höchster Preis für ein großes Altargemälde war 280 Gulden;
vor einigen Jahren wurde fein kleines Holzschuher-Bildniß
mit 300,000 Mark bezahlt. Als Hofmaler bezog Dürer
ein Iahrgehalt von — (00 Gulden. Das scheint lächerlich
wenig, war aber keine unbedeutende Summe zu einer Zeit,
da Luther und Melanchthon als Zierden der Mittenberger
Universität für eine angestrengte Lehrthätigkcit, die keinen
Nebenerwerb gestattete, nicht mehr als 200 Gulden jährlich
bezogen, während ihr Eollege, der erste Professor der Arznei-
kunde mit (50 und jener der Philosophie nur mit (00 Gulden
bezahlt war. (Schluß folgt.)

ÖCtifWe Kunstgewerblichen MultenblMen.

öEaf. Holländische (Delfter) Blumenvase. Aus der
Sammlung des Bayer. Gewerbe-Museums in Nürnberg. ;8. Jahr-
hundert; 35 cm. hoch. Aufnahme von G osterlein (Zeichenatelier
des Bayer. Gewerbe-Museums).

Taf. ;8. Vase (Springbrunnen-Mündung). Modellirt von A.
Mayer, Geißlingen; ausgeführt von der Kunst an stalt für Gal-
vanoplastik, München. Höhe der Vase 75 cm.

Taf. Glasgemälde. Für eine New-Horker Kirche ent-
worfen und ausgeführt von der königl. bayer. Hofglasmalerei-Anstalt
F. X. Zettler, München.

Taf. 20. Einbanddecke für ein Haushaltungsbuch.
Entwurf von Ramge, München. — Das Monogramm und die Ecken
sind aus Silber, das Mittelfeld aus gelbem, die Ränder aus braunem
getriebenem Leder gedacht.


Hierzu „Aunstgewerbliche Rundschau" Nr. 5.

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verantw. Red.: Prof. L. Gmelin. — Herausgegeben vom Bayer. Lunstgewerbe-Verein. — Verlag von HI. Schorß. Druck von Lnorr $ Birth, München.
 
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