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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1894

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Heft 10
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Schmid, Wolfgang: Hans Muelich: Miniaturmaler am Hofe Albrechts V. von Bayern, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6754#0093

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^ 83 -e-

\

Nach Muelich (;o).

Weiß das verloren, was bei ihm so
unendlich viel bedeutet — die Farbe.
Doch ist dies von keiner so weit-
tragenden Bedeutung hier, wo neben
der Absicht Werke berühmter alt-
bayrischer Meister bekannt zu machen
noch die andere nebenherläuft, An-
regungen für das moderne Kunst-
gewerbe zu geben. Dazu aber eignen
sich wohl ganz besonders die in allen
Werken Muelichs sich äußernde un-
erschöpfliche Phantasie, der Reiz der
von ihm so glanzvoll vertretenen
deutschen Renaissance und die leichte
Uebersetzbarkeit der Formen in fast
alle Techniken.

Um Muelichs Entwicklungsgang
genau festzustellen, inüßte man eigent-
lich seine Stellung in der Miniatur-
malerei der ganzen Periode flriren.
Aber die rein ornamentale Seite
seiner Kunst ist so wichtig, daß deren
Elemente unbedingt etwas näher
ins Auge zu fassen sind, wenn auch
an der pand der relativ wenigen
Abbildungen, die mit diesen Zeilen
zur Veröffentlichung gelangen. Es
ist überhaupt schwer, zwischen den
malerischen Buchillustrationen und
den Stichen und Holzschnitten der
deutschen Uleinmeister, an die man
bei dieser Frage zuerst denken mag,
direkte Beziehungen festzustellen.

Aber Muelich konnte nicht außer
der zeitlichen Entwicklungsstufe seiner
Uunst stehen. Regensburg hängt ja
gleich in der Person seines Lehrers
Altdorfers, dessen phantastischer Stil
für die Ornamentik höchst wichtig
ist, init Nürnberg zusammen, dem
einen Tentrum der sogenannten deut-
schen Uleinmeister. Auch nach (530
ist Nürnberg in der ornamentalen Be-
wegung noch maßgebend. Flötners
Einfluß aus Muelich ist unklar,
jedenfalls aber nicht bedeutend. An
Pirschvogel scheint sich Muelich schon
mehr angeschlossen zu haben; denn
Ersterer bringt gegen das Ende seiner
Thätigkeit, gegen (550, in der Km-
rahmung seiner Porträts rc. das
Rollwerk in einer so monumentalen
Größe, wie in Deutschland vor ihm
kein Anderer.

Auch Muelich kennt kein schlaffes,
flatterndes, sondern ein massiges Roll-
werk schon in seinen Entwürfen für
Goldschinuck und Prachtpanzer. Bei
letzteren ist es auch, jedenfalls bedingt
durch die Metalltechnik, viel reiner

als in den Buchillustrationen (Ab-
bildungen s, 2, Seite 7$ in letzter
Nummer). Pier liebt er es, Putten
und Laubwerk einzuflechten (Abb. 3,
Seite 73 in letzter Nummer, % 5, 7)
und verbindet, wie schon Pirschvogel,
ganz glücklich leichte Grotesken damit
(Abbildungen (4, (5, sowie die auf den
Seiten ^2 und 57 abgedruckten Kopf-
leisten). Für die eigentlich architek-
tonische Grundform des Tartouchen-
ornamentes ist bei Muelich immer-
noch ein Gefühl vorhanden. Aber
durch das Ausziehen des Rollwerkes
zu arabesken Blattformen, durch Ein-
mischen naturalistischen Laubwerkes
wird das tektonische Element manch
mal stark in den pintergrund ge-
drängt; doch läßt die Farbe der
Miniaturen diese nicht ganz glück-
liche Wirkung nicht so sehr zum Be-
wußtsein kommen, wie die Arabeske
auch aus den Vrnamentstichen um
(530 zu verschwinden anfängt, so
tritt sie auch bei Muelich selbständig
fast gar nicht mehr auf.

Bei Pochfüllungen vermeidet er
zwar die rein architektonische Auf-
fassung; doch versteht er es wohl zu
gliedern und den: Ornament die stei-
gende Tendenz zu wahren, trotz der
Verbindung der heterogensten Ele-
mente. Bei Abbildung 8 ist freilich
die Verbindung von Tartouche und
daraus emporwachsende,n Kandelaber
nicht gerade gelungen zu nennen. Da-
gegen bringen bei Abbildung 9 die
Bewegungsmotive der Figürchen, die
Kandelaberglieder mit den Kapitellen
den Eindruck des statischen Elementes
voll zur Geltung, der wiederum ge-
mildert wird durch die sich leicht durch-
ziehenden Weiden- oder Lorbeerzweige.
Von bedeutender dekorativer Wirkung
ist dann die Pochfüllung Abbildung ((,
wenn auch gegen die organische Ver-
bindung und die Größenverhältnisse
der einzelnen Theile manches sich
sagen ließe.

Nachdem seit der Mitte des
(6. Jahrhunderts die Künstler die
von außen hereindrängenden Formen
zu bewältigen gelernt, inacht sich
wieder ein eigentlich in der Gothik
begründeter naturalistischer Zug be-
merkbar. Er hat die reizende Rand-
leiste (Abbildung (0) geschaffen. Sie
erinnert lebhaft an die Masten mit
Wimpeln, Schildern und Frucht-
gehängen, die man damals bei den

Nach Muelich (\\).

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