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Frimmel, Theodor von [Editor]
Blätter für Gemäldekunde — 2.1906

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Heft 3
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Dürer und die Ephebenfigur vom Helenenberge
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https://doi.org/10.11588/diglit.27899#0081

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Nr. 3.

BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE.

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düng gestanden hat, ist für die Zeit
gegen 1519 eine ausgemachte Geschichte.
Dürer zeichnete, wie Ch. Ephrussi nach.'
gewiesen hat, den Kardinal in seiner
mittleren Lebenszeit. Die Zeichnung
befindet sich in der Albertina zu Wien
(Lippmann Nr. 548, kleinere Abbildung
bei Ephrussi) und stellt den Kardinal
in einem Alter von etwa 40—50 Jahren
dar. Lang v. Wellenberg ist 1468 ge'
boren, dürfte also durch Dürer ungefähr
zwischen 1508 und 1518 porträtiert
worden sein. Dann schrieb Dürer etwa
1519 (nicht aber früher) an Wolf
Stromer, der im Dienste Längs von
Wellenberg stand: „Mein gnädigster
Herr von Saltzburg hat mir bei seim
Glasmaler ein Brief zugeschickt. *)

Das sind nun freilich Datierungen, die
zum Teil viel später fallen, als die
wahrscheinliche Entstehungszeit der
Zeichnung mit dem nackten Krieger. Wir
haben vermutet, daß dieses Blatt um
1507 entstanden ist. Aber ein deutlicher
Wink ist doch immerhin durch all die
angeführten Beziehungen Dürers zu
Lang von Wellenberg gegeben. Sehen
wir indes von einer Hypothese ganz
ab, daß dem Maler etwa durch Kar'
dinal Lang von Wellenberg eine Zeich'
nung der Statue gesendet worden wäre.
Nehmen wir die allgemeine Wahr'
scheinlichkeit. Wäre es denn überhaupt
denkbar, daß Dürer von dem Funde
nichts erfahren, und daß er sich nicht
um eine Zeichnung nach der Figur be'
müht haben sollte. Der gelehrte Freund
Pirkheimer, mit der Publikation des
Apianus in Verbindung stehend **),
mußte doch darum wissen. Es ist zudem

*) Thausing: Dürers Briefe S. 45 (siehe
auch Dürer, 2. Aufl. II, S. 156). Eine bessere
Wiedergabe des Briefes und weitere Literatur-
angaben bei K. Lange und F. Fuhse: Dürers
schriftlicher Nachlaß, S. 65. Mit dem gnädig-
sten Herrn von Salzburg kann doch nur
Lang von Wellenberg gemeint sein.

**) Vgl. die Vorrede zu den Inscriptiones
sacrosanctae vetustatis.

gar nicht ausgeschlossen, daß Dürer die
Figur selbst gesehen hat, als er seine
italienische Reise (die zweite, wenn man
an die erste glauben will) unternahm.

Nach all dem Vorgebrachten ist
wohl mehr als eine bloße Möglichkeit
nachgewiesen, daß Dürer durch die
Ephebenstatue vom Helenenberge be-
einflußt worden ist. Die Sache erhebt
sich sogar zur hohen Wahrschein-
lichkeit, wenn noch folgendes beachtet
wird.

Vergleichen wir nochmals die Zeich-
nung Dürers mit dem nackten Krieger
und den alten Holzschnitt nach der
Statue vom Helenenberge. Überaus be-
zeichnend für die starke Ähnlichkeit
scheinen mir besonders die Linien, die
Schulter und Hals verbinden. Sie weichen
in beiden Fällen ganz wesentlich von
den Formen der Statue ab. Dürer hat
diese Begrenzungen in seiner Zeichnung
zu einer Kreislinie herangezwungen, wie
die Abbildung deutlich zeigt. Dort sind
die Linien der Konstruktion besonders
betont. Dieselben konstruierten und
nicht nach dem antiken Vorbild ge-
zeichneten Linien fallen auch im Holz-
schnitt auf, der doch die antike Statue
wiedergeben sollte. Überdies kommt im
Holzschnitt auch noch ein Stück der-
selben Kreiskonstruktion ganz deutlich
zum Vorschein am seitlichen Kontur der
rechten Brustseite, wie denn überhaupt
der ganze Oberkörper beider Figuren
nach demselben Schema gezeichnet ist.
Soll uns das nicht ein Fingerzeig sein?
Wie wäre es doch, anzunehmen, daß
Dürer nicht nur die Zeichnung mit dem
nackten Krieger geschaffen hat, sondern
daß er auch in irgendeiner Weise an
dem Holzschnitt bei Apianus beteiligt
ist? Seine Zeichnung für den Holz-
schnitt ist ja freilich nicht erhalten,
vielleicht war sie auf dem Holzstock
selbst gefertigt worden, aber der Mangel
einer erhaltenen Dürerschen Vorzeich-
nung schließt nicht aus, daß die Figur
 
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