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BLÄTTER FÜR GEMÄLDF.KUNDE.
Nr. 4.
lers ist Jan Josephszoon van Goyen
1596 zu Leyden geboren. Schon mit
etwa zehn Jahren lernte er bei Coen-
raet Schilperpoort die Anfangsgründe,
dann bei Isaak Nicolai und noch bei
Jan Arentsz de Man das Zeichnen. Jan
Josephszoon sollte nun Glaskünstler
werden und kam deshalb zu Henrick
Clock in die Lehre. Aber der junge
Mann erklärte sich mit Entschiedenheit
für die Ölmalerei. So wurde er denn
zu einem guten Maler, Willem Ger-
ritsz, nach Hoorn geschickt. Dort lernte
er zwei Jahre malen. Ungefähr 19 Jahre
alt, also um 1615, kam er vorübergehend
nach Leyden zurück, um bald darauf
ein Jahr in Frankreich zu verbringen.
Bedeutende Fortschritte des jungen
Künstlers veranlaßten den Vater, ihn
nach Haarlem zu Esaias van de
Velde zu senden, der damals schon
berühmt war. Dort verblieb der junge
Van Goyen nur ein Jahr. Dieses aber
war von größter Bedeutung für seine
Kunst, denn, ohne den Esaias van de
Velde eigentlich zu kopieren, schloß er
sich doch so enge an ihn an, daß er
damit allein eine feste technische
Grundlage gewinnen mußte. Bald kehrte
er nach Leyden zurück. Dort wohnte
er noch im November 1631 (nach Bre-
dius). 1634 wurde er Bürger im Haag.
Dort starb er (nach Houbraken) 1656.
Das älteste datierte und signierte Werk
Van Goyens, das ich in der Literatur
erwähnt gefunden habe, ist ein „Strand
von Scheveningen“, der signiert ist I.
V. GOIEN und darunter die Jahres-
zahl 1620 trägt. Aus dem Besitz Pro-
fessor Wredows, war es 1883 in Berlin
ausgestellt. Bode hat es im Jahrbuch
der königlich preußischen Kunstsamm-
lungen (IV, S. 204 ff.) eingehend und
als frühestes bekanntes Werk behandelt,
das, nach der Beschreibung zu schließen,
noch altertümlich aussieht und mit der
altflandrischen Weise zusammenhängt.
Es sei kräftig gefärbt. Ziemlich deut-
lich ist der Einfluß des Esaias v. d.
Velde auf den zwei kleinen Runden,
man könnte sie Miniaturen nennen, in
der Berliner Galerie. Diese zwei Bild-
chen fallen 1621. *) Zwei etwas größere,
wieder kreisrunde Jahreszeitenbilder aus
dem Jahre 1622 gehörten zu den in-
teressanten Stücken der Amsterdamer
Auktion Oldenbarnevelt (aus dem Haag)
und Hoekwater (aus Delft), die im
April 1902 stattgefunden hat. Diese
Bildchen sind mir nur nach den Licht-
drucken und Beschreibungen im Ver-
steigerungskatalog bekannt. **) Gewiß
demselben Jahre und nicht dem Jahre
1632 gehört ein kleines Breitbild an,
das aus der Kasseler Sammlung Ha-
bich bei Gelegenheit der Kölner Ver-
steigerung 1892 zu Alexander Lederer
nach Budapest gelangt ist. ***) In der
Jahreszahl ist die dritte Ziffer undeut-
lich. Im Zusammenhang mit datierten
Bildern kann diese Ziffer aber nur als
2 und das Jahr als 1622 angenommen
werden. Wie es scheint, gehört dieser
frühesten Zeit ein Strandbildchen in
der Linzer Galerie an. Obwohl weder
datiert noch signiert und wenngleich
mit Van Goyens Werken aus mittlerer
und später Zeit nicht besonders ver-
wandt, paßt es doch in seiner Farbigkeit,
körnigen Malweise, in seinem Figuren-
reichtum ziemlich gut in den frühen
Stil den Meisters hinein. Es gelangte
mit der Ludolfschen Sammlung ans
*) Faksimile der Signaturen I. V. GOIEN
und der einen Datierung 1621 im Katalog.
**) Amsterdam, Fred. Müller (Mensing).
Wieder andere frühe Arbeiten Van Goyens,
zwei Rundbildchen, Sommer und Winter,
waren 1903 aus dem Besitz von L. Chardon
in Brüssel der Amsterdamer Van Goyen-Aus-
Stellung eingefügt. Abbildungen in „Onze
Kunst“ 1903. Im Versteigerungskatalog Hoch
(München) ist eine Landschaft mit schmalem
Kanal abgebildet, die nach dem Lichtdruck zu
schließen der frühen Zeit Van Goyens an-
gehört.
***) vgl. auch die Abbildung im Verstei-
gerungskatalog von Heberle und Lempertz.
BLÄTTER FÜR GEMÄLDF.KUNDE.
Nr. 4.
lers ist Jan Josephszoon van Goyen
1596 zu Leyden geboren. Schon mit
etwa zehn Jahren lernte er bei Coen-
raet Schilperpoort die Anfangsgründe,
dann bei Isaak Nicolai und noch bei
Jan Arentsz de Man das Zeichnen. Jan
Josephszoon sollte nun Glaskünstler
werden und kam deshalb zu Henrick
Clock in die Lehre. Aber der junge
Mann erklärte sich mit Entschiedenheit
für die Ölmalerei. So wurde er denn
zu einem guten Maler, Willem Ger-
ritsz, nach Hoorn geschickt. Dort lernte
er zwei Jahre malen. Ungefähr 19 Jahre
alt, also um 1615, kam er vorübergehend
nach Leyden zurück, um bald darauf
ein Jahr in Frankreich zu verbringen.
Bedeutende Fortschritte des jungen
Künstlers veranlaßten den Vater, ihn
nach Haarlem zu Esaias van de
Velde zu senden, der damals schon
berühmt war. Dort verblieb der junge
Van Goyen nur ein Jahr. Dieses aber
war von größter Bedeutung für seine
Kunst, denn, ohne den Esaias van de
Velde eigentlich zu kopieren, schloß er
sich doch so enge an ihn an, daß er
damit allein eine feste technische
Grundlage gewinnen mußte. Bald kehrte
er nach Leyden zurück. Dort wohnte
er noch im November 1631 (nach Bre-
dius). 1634 wurde er Bürger im Haag.
Dort starb er (nach Houbraken) 1656.
Das älteste datierte und signierte Werk
Van Goyens, das ich in der Literatur
erwähnt gefunden habe, ist ein „Strand
von Scheveningen“, der signiert ist I.
V. GOIEN und darunter die Jahres-
zahl 1620 trägt. Aus dem Besitz Pro-
fessor Wredows, war es 1883 in Berlin
ausgestellt. Bode hat es im Jahrbuch
der königlich preußischen Kunstsamm-
lungen (IV, S. 204 ff.) eingehend und
als frühestes bekanntes Werk behandelt,
das, nach der Beschreibung zu schließen,
noch altertümlich aussieht und mit der
altflandrischen Weise zusammenhängt.
Es sei kräftig gefärbt. Ziemlich deut-
lich ist der Einfluß des Esaias v. d.
Velde auf den zwei kleinen Runden,
man könnte sie Miniaturen nennen, in
der Berliner Galerie. Diese zwei Bild-
chen fallen 1621. *) Zwei etwas größere,
wieder kreisrunde Jahreszeitenbilder aus
dem Jahre 1622 gehörten zu den in-
teressanten Stücken der Amsterdamer
Auktion Oldenbarnevelt (aus dem Haag)
und Hoekwater (aus Delft), die im
April 1902 stattgefunden hat. Diese
Bildchen sind mir nur nach den Licht-
drucken und Beschreibungen im Ver-
steigerungskatalog bekannt. **) Gewiß
demselben Jahre und nicht dem Jahre
1632 gehört ein kleines Breitbild an,
das aus der Kasseler Sammlung Ha-
bich bei Gelegenheit der Kölner Ver-
steigerung 1892 zu Alexander Lederer
nach Budapest gelangt ist. ***) In der
Jahreszahl ist die dritte Ziffer undeut-
lich. Im Zusammenhang mit datierten
Bildern kann diese Ziffer aber nur als
2 und das Jahr als 1622 angenommen
werden. Wie es scheint, gehört dieser
frühesten Zeit ein Strandbildchen in
der Linzer Galerie an. Obwohl weder
datiert noch signiert und wenngleich
mit Van Goyens Werken aus mittlerer
und später Zeit nicht besonders ver-
wandt, paßt es doch in seiner Farbigkeit,
körnigen Malweise, in seinem Figuren-
reichtum ziemlich gut in den frühen
Stil den Meisters hinein. Es gelangte
mit der Ludolfschen Sammlung ans
*) Faksimile der Signaturen I. V. GOIEN
und der einen Datierung 1621 im Katalog.
**) Amsterdam, Fred. Müller (Mensing).
Wieder andere frühe Arbeiten Van Goyens,
zwei Rundbildchen, Sommer und Winter,
waren 1903 aus dem Besitz von L. Chardon
in Brüssel der Amsterdamer Van Goyen-Aus-
Stellung eingefügt. Abbildungen in „Onze
Kunst“ 1903. Im Versteigerungskatalog Hoch
(München) ist eine Landschaft mit schmalem
Kanal abgebildet, die nach dem Lichtdruck zu
schließen der frühen Zeit Van Goyens an-
gehört.
***) vgl. auch die Abbildung im Verstei-
gerungskatalog von Heberle und Lempertz.