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Frimmel, Theodor von [Hrsg.]
Blätter für Gemäldekunde — 2.1906

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Heft 4
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Bemerkungen über den polychromen Frühstil des Jan van Goyen
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https://doi.org/10.11588/diglit.27899#0098

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74

BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE.

Nr. 4.

Museum Francisco-Carolinum. Trügt
mich das Gedächtnis nicht, so hatte
Dr. Kränzl das Bild schon dem Van
Goyen zugeschrieben, als ich es in
Linz kennen lernte.*) Nach derjahres-
zahl ist nun das Dorfbild mit Soldaten
von 1623 im Braunschweiger Museum
anzufügen, das in der Literatur oft ge'
nug erwähnt ist. Noch immer bemerkt
man den Zusammenhang mit Esaias
van de Velde. Nach G. Paulis Mittei-
lung ist die Winterlandschaft bei Herrn
Dr. Focke in Bremen, die vor kurzem
dort ausgestellt war, mit 1624 datiert.**)
Das Bildchen sei „ziemlich bunt na-
mentlich durch die vereinzelt einge-
streuten zinnoberroten Flecken der
Staffage“. Verhältnismäßig bunt gehal-
ten ist auch das Van Goyensche größere
Bild von 1625 in der Kunsthalle zu
Bremen (bezeichnet auf der Brücke
rechts von der Mitte „I. V. GOIEN.
1625“).

Demselben Jahre 1625 gehören nun
auch zwei Rundbilder an, die vor einiger
Zeit aus der gräflich Woronzoffschen
Sammlung zum Herrn Staatsrat Paul
Delaroff in Petersburg gelangt sind.
Es sind zwei Jahreszeitenbilder. Auf dem
Winter, der anbei abgebildet ist, steht
die Signatur: I. V. GOIEN. und da-
neben die Jahreszahl 1625. Wie mich
die Photographien und Notizen lehren,
die ich der Güte des Besitzers verdanke,
ist auch auf diesem bunt gehaltenen
Bildchen, wie an den vorher genannten,
der Einfluß des Esaias v. d. Velde noch
immer zu bemerken. Kräftig hingesetzte

*) Nach einer alten Notiz, die ich über-
prüfen müßte, wäre das Vogelschießen in der
Mannheimer Galerie (alt 57, jetzt 176) ein
frühes Werk des Van Goyen. Es scheint nicht
signiert zu sein.

**) Vgl. Gustav Pauli, „Gemälde alter
Meister im bremischen Privatbesitz“ 1905.
Siehe auch den „Katalog der Ausstellung
historischer Gemälde aus bremischem Privat-
besitz in der Kunsthalle“ von 1904.

Striche charakterisieren die zahlreichen
Figürchen und ihre landschaftliche Um-
gebung. Die Bäume sind, ob unbelaubt
wie auf dem Winterbilde, oder belaubt
wie auf dem Gegenstück, noch ganz
altertümlich aufgefaßt. (Durchmesser

°'33-)

Aus dem nun folgenden Jahre
1626 habe ich eine Zeichnung notiert,
die vor langer Zeit bei Herrn Hugo
Müller (dem sogenannten Eislaufmüller)
in Wien gewesen. Dargestellt war ein
zugefrorner Stadtgraben mit einer
Szene auf dem Eise; links alte Befesti-
gungen. Signatur und Datierung „I: V :
GOYEN 1626“. Das Blatt ist mir außer
Sicht gekommen. Die Schreibweise des
Namens, wenn sie richtig wiedergegeben
ist in der alten Notiz, müßte etwas
stutzig machen, da Van Goyen erst
einige Jahre später das y statt i an-
wendet. Noch 1627 unterzeichnet er
eine Urkunde mit „Jan van Goien“
(Oud Holland, XIV, S. 115). Immerhin
mag gerade in jenen Jahren Van Goyen
zwischen den zwei Schreibarten ge-
schwankt haben. Wie schon angedeutet,
schreibt er auch auf den Bildern jener
Jahre noch Goien und nicht Goyen.
1629 tritt zuerst das bekannte Mono-
gramm auf.

Als Beispiel van Goyenscher Kunst
aus dem Jahre 1627 bilde ich ein Ge-
mälde ab, das Herr kaiserlicher Rat
Fabrikant J. V. Noväk in Prag vor
nicht langer Zeit erworben hat. Es
stammt aus der Galerie Koudacheff in
St. Petersburg und wurde am 14. Fe-
bruar 1905 in Berlin versteigert. Das
Bild gehört zu denen, die noch mit
Esaias van de Veldes Weise Zu-
sammenhängen, und läßt noch immer
den polychromen Stil des Van Goyen
erkennen, wie ich den frühen Stil des
Van Goyen im Gegensatz zu den oligo-
chromen Gemälden seiner späteren
Zeit nennen möchte. Die Behandlung
ist bei aller Sorgfalt recht kräftig, ebenso
 
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