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Frimmel, Theodor von [Editor]
Blätter für Gemäldekunde — 2.1906

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Heft 5
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Werke des sogenannten Pseudo-van-de-Venne im Museum zu Besançon und in der Sammlung Geldner zu Basel: (mit Bemerkungen über die Galerie zu Besançon)
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https://doi.org/10.11588/diglit.27899#0123

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Nr. 5.

BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE.

99

dorfers, wenn die Angabe des Verzeichnisses
richtig ist und nicht etwa die Diagnose durch
eine mißverstandene, unverbindliche Äußerung
Bayersdorfers entstanden sein sollte. Die sülzige
Malweise der im ganzen grünlichbraun ge-
stimmten Bildchen ist doch so unzweifelhaft
die des Pseudo-Van-de-Venne, sie erinnert nur
ganz im allgemeinen an Quasts kräftigere Art,
daß ich nicht recht an die Vaterschaft
Bayersdorfers bei der verfehlten Be-
Stimmung auf Quast glauben kann.

Nr. 395, das interessanteste der drei
Bildchen, stellt die beiden Heiligen
Crispinus und Crispianus dar, 396
eine Szene aus dem Zigeunerleben,

397 einen alten, kahlköpfigen Trinker.

Nr. 395 sei ein wenig beschrieben:

Die zwei Schuhmacher Crispinus und
Crispianus sitzen beim Arbeitstisch'
chen, auf dem vorne das Konstan-
tinische Monogramm Christi mit
symmetrisch beigefügtem A und tu
zu sehen ist. Einer der beiden hat
die verschlungenen Hände ans Kinn
gelegt (Geste des Betens) und blickt
zum Fenster, wo ein nebelhaftes
Kruzifix zu sehen ist. Der andere
blickt über die Schulter und hebt
die Rechte wie im Erstaunen. Soweit
ich sah, auf Eichenholz gemalt, Breite
67, Höhe 55 cm. Ich habe keine Ab-
bildungen dieser Gemälde zur Ver-
fügung.

Von einem anderen Werk des-
selben Meisters, das ich schon oben
(in der Notiz über die Neuerwerbun-
gen in Privatsammlungen) erwähnt
habe, kann ich eine Nachbildung
hersetzen. Es ist das Gemälde, das
vor kurzem in die Sammlung
Geldner übergegangen ist. Die Dar-
stellung betrifft eine hockende Frau,
wohl eine Zigeunerin, die einem
Knaben zu trinken gibt. Die Jacke
ist rötlich, der Mantel grünlich, das
Kopftuch weißlich. Im ganzen hat
das Gemälde die stilistischen Eigen-
schaften, die oben genannt wurden
Auf Eichenholz, Höhe 53, Breite 43.

Auf der Hinterseite befindet sich die
Antwerpener Brandmarke in vollständiger
Ausführung. Wie man aus der Figurenanord-
nung und aus dem Sägerande, der rechts das
Bild begrenzt, entnehmen kann, liegt uns ver-
mutlich die linke Hälfte eines ungefähr doppelt
so großen Breitbildes vor. Glücklicherweise ist
es die Hälfte, die durch die Antwerpener
Brandmarke besonders interessant ist. Auch
Scheibler, der sich zuerst, und zwar schon
vor Jahren mit unserem Meister beschäftigt

hat und der ihn vorläufig „Pseudo-Venne“
genannt hat, erwähnt ein Bild im Privatbesitz,
das die Antwerpener Marke trägt.*)

Werke desselben Meisters sind gewiß
nicht häufig, doch lassen sich deren etwa ein
und einhalb Dutzend bald zusammenfinden.
Vier haben wir schon kennen gelernt. Dazu
kommen noch eines in der Braunschweiger

Galerie: ein Zigeunerlager (von Bruckmann
photographiert; in der Literatur mehrmals
erwähnt), eines in Brünn in der Samm-
lung Weinberger: wieder ein Zigeunerlager;
mir bekannt aus dem Besitz des kaiser-
lichen Rates Eduard Gerisch in Wien, der es
bis vor mehreren Jahren besessen hat, zwei

*) Vgl. Repertorium für Kunstwissenschaft VI,
S. 192, in einer Besprechung der Riegelschen „Beiträge
zur niederländischen Kunstgeschichte“.

Niclaes Maes: Damenbildnis. (Basel, Sammlung Geldner.)
 
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