Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Frimmel, Theodor von [Hrsg.]
Blätter für Gemäldekunde — 2.1906

DOI Heft:
Heft 5
DOI Artikel:
Werke des sogenannten Pseudo-van-de-Venne im Museum zu Besançon und in der Sammlung Geldner zu Basel: (mit Bemerkungen über die Galerie zu Besançon)
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.27899#0124

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
100

BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE.

Nr. 5.

in Hermannstadt, eines in der kaiserlichen
Galerie zu Wien (Leiermann und ein Junge
mit Triangel), drei in der fürstlich Liechten-
steinschen Galerie (Dudelsackpfeifer rechts,
mitten ein Leierspieler, links ein Knabe mit
Triangel). Eine Kopie nach diesem, oder einem
damit nahe verwandten Bilde, angeblich von
Danhausers Hand, befindet sich in den Kaiser-
zimmern des Stiftes Klosterneuburg. Bei
Liechtenstein auch noch zwei Köpfe. Ein Werk
des sogenannten Pseudo-Venne befindet sich

G. Kneller: Bildnis eines vornehmen Herrn. (Basel,
Galerie Geldner.)

in der Wiener Galerie Harrach (drei musi-
zierende ältliche niederländische Bauern), eines
war in der ehemaligen Brunsvikschen Galerie,
später im Besitz Holzmanns und Schwediauers,
seither versteigert; zwei durch Scheibler nam-
haft gemachte Stücke in Gotha, eines in Lille,
endlich noch eines in Pommersfelden (wieder
ein Zigeunerlager). Der bestimmte Hinweis
auf den Pseudo-Van-de-Venne ist bei dem
Pommersfeldener Bilde das V erdienst L.Scheib-
ler s und des Direktors Herrn Professor P. J.
Meier in Braunschweig, der mit E. Flechsig
die ganze Frage neuerlich untersucht hat. Wie
mir scheinen will, haben sie auch ganz recht,
wenn sie den altenVincent van der Vinne als

den wahren Namen für den Pseudo-Venne ein-
setzen. Diese Meinung wurde mir von Flechsig
brieflich mitgeteilt und ich hoffte auch anfangs,
daß sich die genannten Forscher zu einer Arbeit
über den ziemlich beachtenswerten Meister
entschließen werden. Im Nachtrag zum Katalog
der Braunschweiger Galerie (1905, S. 15) wird
diese Arbeit mir zugeschoben, da ich von vor-
handenen Notizen etwas hatte verlauten lassen.
Diese Notizen aber zu einer Abhandlung aus-
zuarbeiten, fehlt es mir gänzlich an Zeit. Um
nun nicht durch geheimnisvolles Schweigen
anderen im Wege zu stehen, skizziere ich
in aller Kürze einige Umrisse.

Einiges ist so gut wie sicher: der Name
Adriaen van deVenne, der an dem Braun-
schweiger Bilde vor Zeiten haftete, der frei-
lich seit Scheibler aufgegeben wurde, ist nicht
der richtige für unseren Meister. Man hat so
viele sichere gemalte Werke und gestochene
von Adriaen v. de Venne zur Verfügung, daß
man den richtigen Van-de-Venne mit dem
Pseudo-Van-de-Venne nicht verwechseln
kann. Dann ist es ebenso sicher, daß der
II. David Ry ckaert nicht der richtige Mann
ist. Scheibler spielte darauf an, daß aus dieser
Richtung etwa Aufklärung zu hoffen wäre.
Das, was ich vor mehreren Jahren über D.
Ryckaert II. mitgeteilt habe *) und was seit-
her dazugefunden wurde, schließt diesen
Namen aus. Pieter Quast, der weiter oben
uns schon beschäftigt hat, ist auch eine Künst-
lerindividualität, die nicht dem Wesen des
Pseudo-Venne entspricht, wie sehr auch eine
entfernte Familienverwandtschaft zu be-
merken ist.

Vor Jahren meinte ich nach dem Bilde
Nr. 1097 der Wiener Galerie und nach dessen
sehr alter Inventarbenennung von 1659
schließen zu können, daß es sich um einen
Brüsseler Maler handle. Im alten Inventar
der Galerie des Erzherzogs Leopold Wilhelm
steht das Bild nämlich als Werk des „Von der
Vinnen, Mahler von Brüssel“ beschrieben
(Nr. 100).**) An eine Identifizierung mit einem
Maler der als holländisch bekannten Familie
Van-de-Vinne wollte ich nicht recht heran,
obwohl der Engertsche Katalog dahin zielte.
Denn es war mir nicht gerade wahrscheinlich,
daß ein Maler aus den nördlichen protestanti-
schen Niederlanden im streng katholischen
Brüssel sich niedergelassen hätte. Nun fand
ich aber seither, daß die ganze Familie der Van
der Vinne, die aus Friesland stammte, katho-
lisch war.***) Damit wird es denn begreiflich,

*) In Helbings Monatsberichten über Kunst-
wissenschaft und Kunsthandel.

**) „Geschichte der Wiener Gemäldesamm-
lungen“ I, 523.

***) Van der Willigen: Les artistes de Haarlem,
S. 309».
 
Annotationen