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Frimmel, Theodor von [Editor]
Blätter für Gemäldekunde — 2.1906

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Heft 9
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Zum Altarwerk des Jan Scoorel in Obervellach
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https://doi.org/10.11588/diglit.27899#0193

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Nr. 9.

BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE.

169

Mantel und Weiß im Hemdchen. Auf
dem Apolloniaflügel ist die landschaft-
liche F er ne von besonderer Bedeutung.
Sie ist hell graugrün. Als stark ver-
restauriert ist das auf dem Boden lie-
gende Ende des roten Mantels hervor--
zuheben. Auf der Hinterseite des Chri-
stophflügels ist eine Passionsszene zu
sehen: Christus wird an die Säule ge-
fesselt. Die Kehrseite des Apollonia-
flügels zeigt eine Kreuzschleppung mit
Veronika und dem Schweißtuch. Die
Bilder der Kehrseite sind roher und
flüchtiger behandelt, als die Vorderseiten.

An Inschriften außer der Signatur
notierte ich eine im Brustsaum der
heiligen Apollonia: „HSU -f- NN_ARI“.
Ohne Zweifel ist zu lesen: Jesus Christus
Maria. Dabei zu beachten die seltene
Form des M, die sich aus zwei anein-
ander gerückten N zusammensetzt. Auch
die gotische Form des Ӏ darf nicht
übersehen werden, wie denn überhaupt
diese Inschrift noch keine Formen von
eleganter Kapitalis erkennen läßt. Auch
die Inschrift „IOANNES“ auf dem Bilde
mit der Kreuzschleppung ist noch durch-
aus als spätgotisch anzusprechen. —
Höhe der Bilder 1 m 36 cm, Breite des
Mittelbildes zirka 1 m 40 cm, Breite der
Flügelbilder o-6o.

Von den angedeuteten Wappen
war eines seit längerer Zeit als das der
Lang von Wellenburg bekannt. Das
andere ist erst durch A. v. Jaksch be-
stimmt worden als das der Frangipani,
wodurch die Forschung über das Altar-
werk des Scoorel in neue Bahnen ge-
lenkt wurde.’1') H. Thode hat dann die
Sache ausgestaltet. **)

Ich beabsichtige nicht im mindesten,
eine Monographie über das Bild zu

*) Vgl. „Neue Carinthia“ 1890, Heft II.
„Die Scoorelsche Altartafel zu Obervellach und
ihr Stifter.“

**) Vgl. „Der Ring des Frangipani“ 2. Auf-
lage 1895, wo auch noch andere Literatur an-
gegeben wird.

schreiben, sondern bringe hauptsächlich
nur meinen Lesern die neue Abbildung
des Werkes, die ihnen wohl neben den
älteren gezeichneten und neben den Auto-
typien im klassischen Bilderschatz er-
wünscht sein dürfte.*) Auch dienen
mir die Abbildung und die beigegebenen
beschreibenden Noten als Vorbereitung
für eine beabsichtigte Besprechung des
„Meisters vom Tode der Maria“, eines
Künstlers, der ja bekanntlich mit Scoorel
identifiziert worden ist. Die Färbung
der Landschaft und die Zeichnung der
Figuren auf dem Obervellacher Bilde
beweisen so klar als möglich, daß Scoorel
und der Meister vom Tode der Maria
zwei verschiedene Künstler sind. Davon
übrigens erst bei späterer Gelegenheit,
wie denn auch eine kritische Betrachtung
zahlreicher anderer Werke des Jan Scoorel
für einen anderen Zusammenhang vor-
gemerkt bleibt. Vom Obervellacher Altar
handelten Bredius im Nederlandschen
Kunstbode (III, S. 22 f.), Janitschek
in seiner Geschichte der deutschen Ma-
lerei (S. 521 Anm.), W. Schmidt und
W. Bode im Repertorium für Kunst-
wissenschaft (Bd. XII, S. 41 f., 216 und
S. 74 ff. Dieser Band enthält auch einige
Streitartikel Scheiblers und Tomans über
das Bild im Provinzialmuseum zu Bonn).
Über die Holzart und die durchschei-
nende Vorzeichnung äußerte ich mich im
„Handbuch der Gemäldekunde“ (2. Auf-
lage S. 7 und 48).

Von den Restaurierungen der Scoo-
relschen Altarbilder durch Schellein in

*) Die photographische Aufnahme von
Viktor Angerer in Wien, die vor Jahren her-
gestellt worden ist, kann im Handel nicht mehr
aufgetrieben werden. Schon 1894, als ich bei
der genannten Firma anfragte, war die Matrize
verschwunden. Eine neuere Aufnahme ist von
Beer in Klagenfurt gemacht worden. Die
jüngste ist meines Wissens die des Herrn
Dr. Paul Hauser, die, wie schon erwähnt, für
die obige Abbildung benützt wurde. Über
den Stich von Hecht vgl. „Die graphischen
Künste“ VI, S. 91 f.
 
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