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Frimmel, Theodor von [Editor]
Blätter für Gemäldekunde — 2.1906

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Heft 10
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Die niederländischen Abendmahlsbilder mit den Medaillons im Mittelgrunde
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https://doi.org/10.11588/diglit.27899#0215

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Nr. io.

BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE.

191

Lionardo da Vinci im Refektorium von Santa
Maria delle Grazie zu Mailand. Man weiß nicht,
wer diese Bilder geschaffen hat, die unter
allerlei Benennungen, auch als Dürer und Lukas
van Leyden in großen und kleinen Sammlungen
zu finden sind. Einige begründete Meinungen
sind geäußert worden; eine Entscheidung be-
stimmter Art hat sich aber nicht ergeben,
obwohl es auch an Streitschriften nicht gefehlt
hat. Die ganze Angelegenheit ist daher überaus
stachelig, um so mehr als es sich dabei um
Meister handelt, die wenig studiert sind und
da, wie ich vermute, das richtige Urbild zu-
gründe gegangen ist. Wir haben es eben mit
alten Kopien von verschiedenen Händen zu
tun, die manchen fremden Zug in die frag-
lichen Bilder hineinbringen. Dabei aber sind
die Abendmahlsbilder dieser Art so verbreitet,
daß wohl jeder Bilderfreund mehrere Exem-
plare davon zu Gesicht bekommen hat. Ist
auch die Urheberfrage nicht schlechtweg zu
entscheiden, so mag es doch für viele ein ge-
wisses Interesse haben, eine Zusammenstellung
von allerlei Angaben über diese Gemälde und
einige Abbildungen vor Augen zu bekommen.

Ich weiß folgende Exemplare zu nennen,
von denen ich die meisten im Original gesehen
habe; andere kenne ich aus Abbildungen: 1. In
Belvoir Castle. Exemplar mit der Jahres-
zahl 1527. Abbildung in „The Connoisseur“
VI, Nr. 22, S. 70. Dort ein Hinweis auf Waagen,
der merkwürdigerweise an eine spanische
Hand unter niederländischem Einfluß denkt;
2. in der Sammlung Lotmar zu Bern (eine
Abbildung, die ich der Freundlichkeit des Be-
sitzers verdanke, wird anbei eingereiht); 3. in
Brünn bei Frau Baronin Harriet vonHaynau.
Dieses Exemplar ist eine alte Kopie, die um
1600 entstanden sein mag. Es war 1892 durch
einen Bilderhändler nach Wien gebracht
worden und kam damals an Ferdinand
Mautner v. Markhof. Von diesem vererbte es
sich an Frau Baronin v. Haynau. Das Bild ist
auf Kupfer gemalt, wie mir Herr Direktor
Julius Leisching aus Brünn freundlichst mit-
teilte. (1902 in Brünn ausgestellt. Vgl. Katalog
der Ausstellung kunstgewerblicher Gegenstände
aus mährischem Privatbesitz. Kt. Nr. 756);
4. im Museum zu Brüssel. Exemplar von
1531. Beschreibung im Katalog von 1889 als
Nr. 29 und als Arbeit des Lambert Lombard,
im Katalog von 1900 unter P. Coeck (Nr. 107).
1857 erworben. Stammt nach Helbig (Lambert
Lombard 1893, S. 61) aus der Galerie Fesch.
Abbildungen bei: De Brouwere „Musde royal
de Bruxelles“ S. 11 und bei La Fenestre La
Peinture en Europe, „La Belgique“; 5. im
Museum zu Lüttich. Exemplar von 1530. Be-
schrieben bei Helbig (LambertLombard S.6of.),
1862 aus der Kölner Auktion Weyer erworben,

wo es als Susterman (Nr. 273) katalogisiert war.
Erwähnt in den Brüsseler Galeriekatalogen von
1889 und 1900; 6. im germanischen Museum
zu Nürnberg. Schwaches Beispiel. Kopie von
1550 (nicht 1551). Katalog Nr. 73. In den meisten
Schriften über den Gegenstand erwähnt, zu-
meist aber mit der Jahreszahl 1551. Ich las
vor Jahren deutlich die Null am Ende; 7. in
Wien in der Sammlung Ferstel. Exemplar
von 1545, ungefähr auf der künstlerischen
Stufe des Brüsseler Beispiels (ich verdanke
eine Photographie nach diesem Bilde der Frau
Baronin Charlotte von Ferstel); 8. ein von
den angeführten verschiedenes weiteres Exem-
plar befand sich um 1899 beim Gemäldehändler
Fr. Schwarz in Wien.

Dieselbe Darstellung ist mit unwesent-
lichen Abweichungen durch H e n d r i c k
Goltzius 1585 gestochen worden und zwar
im Gegensinne der Bilder, die bisher aufgezählt
worden sind. Leider ist kein Malername ge-
nannt. Schon zu Weigels Zeit war man sich
darüber klar, daß im Stich die Wiedergabe
eines Gemäldes vorliege, worüber man Weigels
„Supplements au Peintre-graveure de Ad.
Bartsch“ (S. 93) nachlesen möge. Nur war es
jedenfalls verfehlt, mit Weigel den Maler im
Kreise Dürers zu suchen. Beachtenswert ist
die Bemerkung: „M. Rechberger presumait que
c’ etait de T invention de Pierre Koeck van
Aelst.“ Vermutlich hatte Rechberger schon
Kenntnis von einem Exemplar des Stiches,
auf dessen Kehrseite handschriftlich vermerkt
steht, daß der Stich nach Peeter Coeck van
Aelst gefertigt sei. Bartsch (P. G. III, S. 23,
Nr. 39) wußte von der Angelegenheit noch
nichts, die erst durch Henry Hymans (im
„L’art“ XXVI, 1881, pag. 18) eigentlich in die
Wissenschaft eingeführt worden ist.'1') Der
Stich mit dem alten Vermerk befand sich in
Dutuits Sammlung. Dutuit selbst in seinem
„Manuel de l’amateur d’estampes“ (III, S. 412)
macht davon Mitteilung. Gegen die Annahme
des P. Coeck als Autor wendete sich E. Fetis
im „Bulletin des commissions royales d’art et
d’archeologie“ (Brüssel 1881, Bd. XX, S. 191 ff.),
wo die Benennung Lambert Lombard ver-
fochten wurde. Fetis legt dem Vermerk auf
der Kehrseite keine zwingende Bedeutung bei.
Für Peeter Coeck van Aelst sprechen und gegen
Lombard sind gerichtet die Erörterungen bei
Hymans in der französischen Ausgabe des
SchilderboekvonVanMander(1,211). Mit großer
Entschiedenheit drängt dann wieder auf die
Seite des Lambert Lombard Jules Helbig in
seiner kleinen Monographie „Lambert Lom-
bard, peintre et architect“ (Brüssel 1893) und

*) Dem verdienten Forscher verdanke ich auch
eine Photographie nach dem Stich, der anbei abge-
bildet wird. t

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