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Boeck, Kurt
Indische Gletscherfahrten: Reisen und Erlebnisse im Himalaja — Stuttgart [u.a.], 1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.16241#0088
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keinen tröstlicheren Bescheid bekommen, als daß der Regen nichtvor Mitte
des Oktobers, manchmal aber erst im November, völlig nachzulassen
pflege. Und jetzt hatten wir Mai! Es war wirklich zum Verzweifeln.

Wenn ich bei meinem Plane bleiben wollte, dem ich geduldig
schon so beträchtliche Opfer an Zeit und Geld gebracht hatte, konnte
ich gar nichts Bessres thun, als ganz ruhig in meinem trocknen
Laden sitzen zu bleiben, meinen Thee zu trinken und abzuwarten.
Der Tiroler erbleichte, als ich ihm diesen Entschluß mitteilte.

Das einzige Mittel, glücklich über die bevorstehende Wartezeit
wegzukommen, war Thätigkeit, und diese hoffte ich in Sprachstudien
und photographischen Arbeiten zu finden, sür die das aus allen
Himalajaländern in Dardschiling zusammenströmende Völkergemisch
reiche Vorbilder zu liesern versprach.

Vor allen Dingen richtete ich unsre Wohnung ein wenig gemüt-
licher ein. Hans war sroh, seine Zimmermannskünste verwerten zu
können; er zerteilte den Riesenraum durch einige Lattenkreuze, die ich
mit billigen indischen Zeugtapeten überzog und dadurch mehrere stilvolle
Zimmer herstellte, die ich dann mit einigen zierlichen aber festen
Bambusmöbeln wohnlich ausstattete. Die große Glaswand gab
meinem photographischen Atelier das nötige Licht. Durch die Thür trat
man zuerst in einen kleinen Vorraum und von dort gradeaus in die
Wohnstube und in die beiden Schlaszimmer, rechts in das Atelier, an das
meine Dunkelkammer stieß. Statt der Thüren zwischen den einzelnen
Räumen blieben die Ecken der Zeugtapeten wie Vorhänge beweglich.

Sobald das erste kurze Aussetzen des Tag und Nacht niederpeitschen-
den Regens es gestattete, ging ich auf den Marktplatz. Dort zu photo-
graphieren hatte ich freilich aufgeben müffen, denn ich habe ja wohl
schon berichtet, wie fchlau mir Monsieur Seife die Bereitwilligkeit
zum „Sitzen" bei den Eingebornen untergraben hatte. Aber mir
war in einem pfiffigen kleinen Bhotijajungen eiu cleus ex maellina
geworden, wie ich ihn mir gar nicht besfer wünschen konnte. Mit
unwiderstehlich fchlauem Lächeln winkte er mir, sobald er meiner auf
 
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