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Boeck, Kurt
Indische Gletscherfahrten: Reisen und Erlebnisse im Himalaja — Stuttgart [u.a.], 1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.16241#0280
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allernächste Umgebung seines Platzes und auch diese nur, soweit sie
sür seine Bedürfnisse in Frage kommt. Für alle andren Gipfel und
Bergwässer, wenn sie ihm auch noch so sehr ins Auge sallen müssen,
zeigt er nicht das mindeste Jnteresse und kümmert sich nicht im
geringsten nm deren etwa vorhandne Namen. Aus den Wörtern
Parhar Berg, Göll Gletscher, Pani Wasser und den Ausdrücken sür
die Farben wie sür groß und klein oder andre Eigenschasten erfindet
er zur Verständigung mit seinen Dorfgenossen schön volltönend
klingende und auch an und sür sich recht bezeichnende Namen, die
aber gewöhnlich keinerlei allgemeingültigen Wert sür den Reisenden
haben. So sind mir wenigstens zehn ansehnliche Bergwässer mit
dem gleichen Namen Dud Pani vorgestellt worden, weil sie, aus
Gletschern entsprungen, milchtrübe Farbe zeigten, denn Dud bedeutet
nichts andres als Milch und Pani Wasser. Jch erwähne deshalb
in diesen Schilderungen gar nicht erst die zahlreichen mir fragwürdig
erscheinenden Namen solcher Art, um nicht etwa künftigen Reisenden
die ohnehin reichlich genug bemessnen Schwierigkeiten einer Himalaja-
reise noch zu vermehren.

Man hatte in Milam natürlich unser Zeltlager bereits bemerkt,
so daß ich bei unsrem Eintreffen auch dort mit allen Ehren em-
psangen wurde. An der soliden Holzbrücke, die über den Gori zu
dem aus seiner linken Seite liegenden Orte führte, standen die beiden
Dorfältesten und leiteten mich, wohl um mir einen guten Eindruck
von der bei ihnen erstrebten Bildung zu geben, durch einen um-
mauerten Hos, in dem etwa ein Dntzend Knaben im Schreiben
unterrichtet wurden. Leider verstand der Herr Schulmeister keine
Silbe Englisch, aber ich konnte doch herausbekommen, daß man mir
gestatten wolle, mein Zelt in der Mitte des Ortes aufzustellen. Ehe
ich fortging, um einen geeigneten Platz dafür zu ermitteln, beobachtete
ich noch die Schreibübungen der Jungen. Sie tauchten mit kleinen
Bambusrohrfedern in gelöschten Kalk, den sie in einem halbierten
Kokosnußkern neben sich stehn hatten, und schrieben mit dieser
 
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