Italienische Fayencen.
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Zwei Majolica-Fliesen vom Fussboden des Palazzo del Magnifico (Pietrucei) in
Siena, vielfarbig auf schwarzem Grund; 1509. Breite jeder Fliese 19cm.
Italienische Fayencen.
Das Verfahren, Gefässe aus gebranntem Thon durch Ueberschmelzen
einer glasigen, durch Metalloxyd gefärbten Kruste undurchlässig gegen
Flüssigkeiten zu machen, reicht im Orient in ein hohes Alterthum zurück.
Schon Jahrtausende bevor die Italiener zu jenem Zweck einen durch Zinn-
asche weiss gefärbten Glasfluss verwandten und damit die heute Fayence
genannte Töpferwaare schufen, haben Babylonier und Assyrier dies Ver-
fahren an Gefässen und Ziegeln für Mauerbekleidung angewandt. Aus
westasiatischer und ägyptischer Ueberlieferung ist es wahrscheinlich den
Culturvölkern des Islam vererbt worden, und diese haben es bei ihrem
Siegeszuge um die Gestade des Mittelmeeres nach Spanien, den balearischen
Inseln und Sicilien weitergetragen. Die Annahme, dass von ihnen wieder
die Italiener des 15. Jahrhunderts gelernt haben, liegt nahe, ohne dass
sie bis jetzt bewiesen werden könnte.
Die ältesten Gefässe europäischen Ursprunges mit' einer Glasur von
Zinnschmelz zeigen dieselbe stets in Verbindung mit gemalten Verzierungen
von metallischem, goldigem, kupferigem oder in Regenbogenfarben spielendem
Glanz, welche durch den Niederschlag von Metallen aus im Feuer zersetzten
metallischen Salzen erzielt sind und ähnlich auch auf den mittelalterlichen
Fayencen Persiens sich finden. Von einem der Hauptorte ihrer Anfertigung
und Ausfuhr nach Italien, der im Mittelalter Majolica genannten balea-
rischen Insel Majorca übertrugen die Italiener die Bezeichnung Majolica
auf alle mit metallischem Lüster geschmückten Thonwaaren, aber nur auf
diese. Erst in jüngerer Zeit wurde der Name Majolica auch auf die
übrigen Fayencen angewendet, welche im Zeitalter der Renaissance in Italien
angefertigt worden sind. In weiterem Sinne nannte man Majoliken die
in anderen Ländern unter dem Einfluss der italienischen Vorbilder der
Renaissance geschaffenen Fayencen und zu allerletzt hat man jenen Namen
missbräuchlich auf vielerlei farbig glasirte Thonwaaren angewendet, welche
weder Technik noch Stil mit seinen rechtmässigen Trägern gemeinsam haben.
Im siebenten
Zimmer.
(Zweites der
Südseite.)
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Zwei Majolica-Fliesen vom Fussboden des Palazzo del Magnifico (Pietrucei) in
Siena, vielfarbig auf schwarzem Grund; 1509. Breite jeder Fliese 19cm.
Italienische Fayencen.
Das Verfahren, Gefässe aus gebranntem Thon durch Ueberschmelzen
einer glasigen, durch Metalloxyd gefärbten Kruste undurchlässig gegen
Flüssigkeiten zu machen, reicht im Orient in ein hohes Alterthum zurück.
Schon Jahrtausende bevor die Italiener zu jenem Zweck einen durch Zinn-
asche weiss gefärbten Glasfluss verwandten und damit die heute Fayence
genannte Töpferwaare schufen, haben Babylonier und Assyrier dies Ver-
fahren an Gefässen und Ziegeln für Mauerbekleidung angewandt. Aus
westasiatischer und ägyptischer Ueberlieferung ist es wahrscheinlich den
Culturvölkern des Islam vererbt worden, und diese haben es bei ihrem
Siegeszuge um die Gestade des Mittelmeeres nach Spanien, den balearischen
Inseln und Sicilien weitergetragen. Die Annahme, dass von ihnen wieder
die Italiener des 15. Jahrhunderts gelernt haben, liegt nahe, ohne dass
sie bis jetzt bewiesen werden könnte.
Die ältesten Gefässe europäischen Ursprunges mit' einer Glasur von
Zinnschmelz zeigen dieselbe stets in Verbindung mit gemalten Verzierungen
von metallischem, goldigem, kupferigem oder in Regenbogenfarben spielendem
Glanz, welche durch den Niederschlag von Metallen aus im Feuer zersetzten
metallischen Salzen erzielt sind und ähnlich auch auf den mittelalterlichen
Fayencen Persiens sich finden. Von einem der Hauptorte ihrer Anfertigung
und Ausfuhr nach Italien, der im Mittelalter Majolica genannten balea-
rischen Insel Majorca übertrugen die Italiener die Bezeichnung Majolica
auf alle mit metallischem Lüster geschmückten Thonwaaren, aber nur auf
diese. Erst in jüngerer Zeit wurde der Name Majolica auch auf die
übrigen Fayencen angewendet, welche im Zeitalter der Renaissance in Italien
angefertigt worden sind. In weiterem Sinne nannte man Majoliken die
in anderen Ländern unter dem Einfluss der italienischen Vorbilder der
Renaissance geschaffenen Fayencen und zu allerletzt hat man jenen Namen
missbräuchlich auf vielerlei farbig glasirte Thonwaaren angewendet, welche
weder Technik noch Stil mit seinen rechtmässigen Trägern gemeinsam haben.
Im siebenten
Zimmer.
(Zweites der
Südseite.)