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Hamburgisches Museum für Kunst und Gewerbe.
Rückblick auf die Geschichte der deutschen Fayence.
Aus den Einzeldarstellungen zur Geschichte der deutschen Fayencen,
welche wir in den vorstehenden Abschnitten auf Grund des Inhaltes unserer
Sammlungen und eigener archivalischer Forschungen, sowie derjenigen von
Ernst Zais, Prof. C. A. v. Drach, Dir. Dr. F. Schlie und anderen um die
bisher im Dunkeln belassene Geschichte dieses Zweiges des deutschen
Kunstgewerbes verdienten Männern, gegeben haben, lassen sich einige all-
gemeine Schlüsse über die Entwickelung der deutschen Fayence-Industrie
ziehen. Der naheliegende Einfluss der italienischen und schweizerischen
Fayencen des 16. Jahrhunderts tritt nur in vorübergehenden Versuchen
ohne tiefergehende Wirkung zu Tage. Um die Mitte des 17. Jahrhunderts
dringt holländischer Einfluss in einem stärkeren Strom über Hanau und
Frankfurt ein, nachdem ein Jahrzehnt zuvor schon ein schwächerer Strom
über das Meer nach Hamburg gelangt war. Während hier die Delfter
Kunst zunächst nur örtlichen und vorübergehenden Einfluss übte, breitete
sie sich von der Mainmündung weiter nach Süden und Osten aus.
Die bedeutendsten Werkstätten Mitteldeutschlands nahmen zu Anfang des
18. Jahrhunderts von dorther ihren Ausgang, und um dieselbe Zeit
stossen wir in Sachsen, dort in Verbindung mit den Versuchen
Böttgers, sowie in der preussischen Hauptstadt auf von Delfter Töpfern
geleitete Fayencereien. Gegen die Mitte des 18. Jahrhunderts machen sich
zwei, aus einer neuen technischen Quelle fliessende Ströme geltend. Der
eine geht von Sachsen aus nach Westen und Norden; aller Orten will
man das kostbare sächsische Porzellan nachmachen, ohne jedoch des
Geheimnisses seiner Masse und der Fundorte der Bestandtheile sicher zu
sein; daher man sich zunächst damit begnügt, porzellanähnliche Fayence
mit Zinnglasur herzustellen und diese mit den Farben der reichen Palette
zu schmücken, welche der Kunst der Meissener Maler diente. Der andere
kommt vom Elsass, wo schon früher und selbstständig der Uebergang von
den beschränkten Scharffeuerfarben zu den Muffelfarben sich vollzogen hatte.
Beide Strömungen begegnen und vereinigen sich vielfach und verlaufen
sich bis in den äussersten Norden deutschen Landes, wo sie, im
Schleswig’schen und Holsteinischen ihre letzten befruchtenden Wirkungen
äussern. Deutsche Werkmeister brachten auch zu Anfang des 18. Jahr-
hunderts die Kunst nach dem skandinavischen Norden, wo sie jedoch nur
in der Hauptstadt Schwedens zu eigener Blüthe gedieh, um von dort
wieder auf deutschen Boden, nach Stralsund verpflanzt zu werden und
ihrerseits Werkmeister an die schleswig-holsteinischen Unternehmungen
abzugeben. Inzwischen war von England aus das weisse Steingut eingeführt
worden; die Ueberschwemmung sowohl mit fertiger englischer Waare, wie
mit neuen Fabrikanlagen zu deren Herstellung in Deutschland selbst
fegte die letzten Reste der Fayence-Kunst hinweg, die sich achtzig Jahre
im Wettkampf mit dem Porzellan behauptet und statt ihm zu unterliegen,
sich seine decorative Technik siegreich zu eigen gemacht hatte. Um das
Jahr 1800 herrschen nahezu ausschliesslich Porzellan und Steingut; der
Fayence halten nur hier und da bäurische Werkstätten noch ein Plätzchen
frei. Ihre Zeit war einstweilen vorüber, das 19. Jahrhundert hat ihre
Auferstehung in Deutschland nicht gesehen.
Hamburgisches Museum für Kunst und Gewerbe.
Rückblick auf die Geschichte der deutschen Fayence.
Aus den Einzeldarstellungen zur Geschichte der deutschen Fayencen,
welche wir in den vorstehenden Abschnitten auf Grund des Inhaltes unserer
Sammlungen und eigener archivalischer Forschungen, sowie derjenigen von
Ernst Zais, Prof. C. A. v. Drach, Dir. Dr. F. Schlie und anderen um die
bisher im Dunkeln belassene Geschichte dieses Zweiges des deutschen
Kunstgewerbes verdienten Männern, gegeben haben, lassen sich einige all-
gemeine Schlüsse über die Entwickelung der deutschen Fayence-Industrie
ziehen. Der naheliegende Einfluss der italienischen und schweizerischen
Fayencen des 16. Jahrhunderts tritt nur in vorübergehenden Versuchen
ohne tiefergehende Wirkung zu Tage. Um die Mitte des 17. Jahrhunderts
dringt holländischer Einfluss in einem stärkeren Strom über Hanau und
Frankfurt ein, nachdem ein Jahrzehnt zuvor schon ein schwächerer Strom
über das Meer nach Hamburg gelangt war. Während hier die Delfter
Kunst zunächst nur örtlichen und vorübergehenden Einfluss übte, breitete
sie sich von der Mainmündung weiter nach Süden und Osten aus.
Die bedeutendsten Werkstätten Mitteldeutschlands nahmen zu Anfang des
18. Jahrhunderts von dorther ihren Ausgang, und um dieselbe Zeit
stossen wir in Sachsen, dort in Verbindung mit den Versuchen
Böttgers, sowie in der preussischen Hauptstadt auf von Delfter Töpfern
geleitete Fayencereien. Gegen die Mitte des 18. Jahrhunderts machen sich
zwei, aus einer neuen technischen Quelle fliessende Ströme geltend. Der
eine geht von Sachsen aus nach Westen und Norden; aller Orten will
man das kostbare sächsische Porzellan nachmachen, ohne jedoch des
Geheimnisses seiner Masse und der Fundorte der Bestandtheile sicher zu
sein; daher man sich zunächst damit begnügt, porzellanähnliche Fayence
mit Zinnglasur herzustellen und diese mit den Farben der reichen Palette
zu schmücken, welche der Kunst der Meissener Maler diente. Der andere
kommt vom Elsass, wo schon früher und selbstständig der Uebergang von
den beschränkten Scharffeuerfarben zu den Muffelfarben sich vollzogen hatte.
Beide Strömungen begegnen und vereinigen sich vielfach und verlaufen
sich bis in den äussersten Norden deutschen Landes, wo sie, im
Schleswig’schen und Holsteinischen ihre letzten befruchtenden Wirkungen
äussern. Deutsche Werkmeister brachten auch zu Anfang des 18. Jahr-
hunderts die Kunst nach dem skandinavischen Norden, wo sie jedoch nur
in der Hauptstadt Schwedens zu eigener Blüthe gedieh, um von dort
wieder auf deutschen Boden, nach Stralsund verpflanzt zu werden und
ihrerseits Werkmeister an die schleswig-holsteinischen Unternehmungen
abzugeben. Inzwischen war von England aus das weisse Steingut eingeführt
worden; die Ueberschwemmung sowohl mit fertiger englischer Waare, wie
mit neuen Fabrikanlagen zu deren Herstellung in Deutschland selbst
fegte die letzten Reste der Fayence-Kunst hinweg, die sich achtzig Jahre
im Wettkampf mit dem Porzellan behauptet und statt ihm zu unterliegen,
sich seine decorative Technik siegreich zu eigen gemacht hatte. Um das
Jahr 1800 herrschen nahezu ausschliesslich Porzellan und Steingut; der
Fayence halten nur hier und da bäurische Werkstätten noch ein Plätzchen
frei. Ihre Zeit war einstweilen vorüber, das 19. Jahrhundert hat ihre
Auferstehung in Deutschland nicht gesehen.