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Brinckmann, Justus; Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg; Weimar, Wilhelm [Editor]; Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg [Editor]
Beschreibung der europäischen Fayencen: mit geschichtlichen Einleitungen — Hamburg: Museum für Kunst und Gewerbe, 1894

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https://doi.org/10.11588/diglit.53038#0044
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32

Hamburgisches Museum für Kunst und Gewerbe.

Im siebenten
Zimmer.
(Zweites der
Südseite.)

Majoliken mit deutschen Wappen.
Fast hundert Jahre gehen darüber hin, bis die seit Anfang des
15. Jahrhunderts in Italien sich entfaltende Kunstblüthe nördlich der Alpen
Eingang findet. Erst um die Wende des 16. Jahrhunderts ebnet der
zunehmende Handelsverkehr zwischen Deutschland und Italien auch dem
Austausch künstlerischer Ideen und Werke immer mehr den Weg. Auf den
Reisen, welche augsburgische und nürnbergische Kaufherren nach Italien
und besonders nach Venedig unternahmen, gerieth manches Werk antiker
und neuitalischer Kunst in ihre Hände, das, in den Besuchsräumen der
heimischen Wohnung aufgestellt, ein Pionier der neuen Kunstrichtung
wurde. Häufig auch liessen zu Anfang des IG. Jahrhunderts deutsche Kauf-
herren in den Fayence-Werkstätten Venedigs oder Faenzas ganze Ess- und
Prunk-Service oder Gefässe für die Speisekammern und Hausapotheken
anfertigen und mit ihrem und ihrer Ehefrau Wappen bemalen. Ob der
Anblick solcher prächtigen Geschirre deutsche Töpfer zur Nachahmung
angeregt hat, steht noch dahin; der Nachweis, dass etliche dieser Fayencen
auch in Deutschland entstanden, ist noch nicht erbracht.
Die Sammlung besitzt sieben Fayencen dieser Art; von den folgenden haben
die Wappen bestimmt werden können: Kleiner Teller, auf dem Rande und unten
lose blaue Ranken in der Art der Fayencen von Faenza, im Spiegel, an einen Baum
gelehnt, in Blau, Citron- und Ockergelb das Tieirathswappen der Nürnbergischen
Geschlechter Imhof und Sch lau d er sp ach. (Andreas Imhof lebte von 1504 bis
1509 in Venedig, bereiste Italien und ehelichte i. J. 1520 die Ursula Schlauderspaeh;
diese starb schon 1525).
Albarello, mit Blätterranken in verschwommenem Blau auf weissem Grunde
und den Heirathswappen der Nürnbergischen Geschlechter Imhof und Muffel in
Citrongelb, Ockergelb, Blau und Schwarz.
Grosse Schüssel mit leichten blauen Ranken, „alla porcellana“, in der Art
der Fayencen von Faenza. Im Spiegel in Citrongelb und Blau das Heirathswappen
der Augsburger Geschlechter Hörlin und von Stetten. (Nach dem im Besitz des
Museums befindlichen Augsburgischen Hochzeits-Register, welches 1572 für Mathias
Paller und Katharina Im Hoff angelegt und von 1484 bis 1656 fortgeführt worden ist,
ehelichte am 2. October 1526 Hanns Berlin die Sabina von Stetten).
Teller mit mehrfarbigen Grottesken auf weissem Grunde in der Art der
Majoliken der Patanazzi von Urbino. Im Spiegel das Heirathswappen dei' Augsburger
Geschlechter Jenisch und Weisen. (Nach dem obenerwähnten Hochzeitsregister
heirathete, am 10. Febr. 1580 Ludwig Jenisch der. Junge die Regina Weissin).
Flache Schale, bemalt in blassem Blau und trocknem Gelb mit der Geschichte
vom trunkenen Noah und seinen Söhnen in mittelmässiger Ausführung; darüber das
bayrische Wappen. Bezeichnet D. O, Pi. (vielleicht einer der Patanazzi?) ca. 1600.
Der allgemeine Aufschwung der Fayence-Industrie um die Mitte des 18. Jahr-
hunderts hat in Norditalien noch in anderen, als den vorerwähnten Städten zu Gründungen
von Fabriken geführt, deren sehr beachtenswerthe Erzeugnisse noch des Studiums
harren. Am bedeutendsten ist die Fabrik zu Nove bei Bassano, welcher einige mit
bunten Früchten bemalte Teller der Sammlung entstammen. Wenig bekannt ist die
Fabrik zu Treviso, woher einige Teller mit chinesischen Blumen und Früchten in
düsteren Tönen von Dunkelblau, Manganviolett, Olivgrün und Gelb; sowie Lotli,
welchem ein mit einer Berglandschaft in rothem Camayeu schön bemalter Teller
zugeschrieben wird.
 
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