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Brinckmann, Justus; Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg; Weimar, Wilhelm [Editor]; Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg [Editor]
Beschreibung der europäischen Fayencen: mit geschichtlichen Einleitungen — Hamburg: Museum für Kunst und Gewerbe, 1894

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https://doi.org/10.11588/diglit.53038#0079
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Fayencen von Hanau.

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Fayencen von Hanau.
Nächst der norddeutschen Werkstätte, aus welcher schon vor der
Mitte des 17. Jahrhunderts Fayencen mit Blaumalerei nach holländischer
Art hervorgegangen sind, hat die Neustadt Hanau Anspruch darauf, als
eine der ältesten Pflegstätten der Fayence in Deutschland zu gelten. Erst
in jüngster Zeit haben C. A. von Drach’s Forschungen hierüber Licht
verbreitet.
Schon im Jahre 1555 hatten entflohene Niederländer in Neu-Hanau
eine Zuflucht gefunden und dort zu mancherlei gewerblichen Betrieben
Anstoss gegeben; ihren Beziehungen zur Heimath ist auch die Fayencerei
zu verdanken. Am 1. März 1666 richteten Daniel Behaghel, der
Abkömmling eines schon im 16. Jahrhundert eingewanderten holländischen
Geschlechtes, und Jacobus van der Walle aus Rotterdam an den
Grafen zu Hanau Friedrich Casimir ein Gesuch um Gewährung eines aus-
schliesslichen Privilegs auf 25 Jahre und andere Vergünstigungen. Sie hätten
sich vörgenommen, schreiben sie, „eine Newe Und diesser Landen bishero
ohnbekante Porcelain Backerey ahnzurichten“, durch welche „Newe Und
diesser Landen niemahlss geübti Negoti keinen einzigen Menschen der
geringste Eintrag oder Nachtheil nicht geschieht, Sondern Vielmehr die
' bürgerliche Nahrung Und Gewerb gebessert wird“. Schon fünf Tage nachher
erfolgt gnädige Gewährung auf 20 Jahre. Das Unternehmen scheint sich
vortheilhaft entwickelt zu haben, denn in einem der gräfl. Regierung am
9. Nov. 1675 zugegangenen Memoriale bitten Behaghel und van der Walle
um Verlängerung ihres Privilegs. Sie rühmen sich, dass sie durch ihr
Werk in die 30 Hausgesessene erhalten und jährlich über 3000 Rthlr.
für die Arbeitsleute verausgaben, nunmehr aber diese Manufactur noch
um ein Merkliches verstärken und mit einer ganz neuen Invention ver-
mehren wollen, wodurch das feinste, dem chinesischen nicht viel nach-
gebende Porzellan verfertigt werde. Das Privileg wurde jedoch nicht
erweitert, vielmehr wusste der holländische Werkmeister der Fabrik
Johannes Bally durchzusetzen, dass ihm i. J. 1679 ein ausschliessliches
Privileg auf 10 Jahre für das „Porzellanmachen“ ertheilt wurde. Bally
war schon 1668 Bürger in Hanau geworden, hatte auch versprochen,
seinerseits das für die gräflich Hanauische Hofhaltung benöthigte Porzellan-
geschirr „in erkäntlich näherem Preis zu lassen“. In der Gewährungs-
Urkunde wird ihm auferlegt, „jährlich eine Discretion von Borcelainen
Zeug“ in die gräfliche Hof-Apotheke zu liefern. Nach Bally’s Tode wird
der Wittwe das Privileg am 5. Nov. 1689 auf 10 Jahre verlängert.
Als auch die Wittwe 1693 gestorben, petitioniren Daniel Behaghel,
jetzt Handelsmann in Frankfurt, und Johanna, Jacobs van der Walle
sei. Wittib, geborne Simons von Alphen bei dem regierenden Grafen
Philipp Reinhart um Bestätigung des vormals ertheilten Privilegs. Aus
ihren Eingaben erhellt, dass sie die Bally’schen Erben abgefunden haben
und die Fabrik wieder für eigene Rechnung betreiben. Das Privileg wird
am 11. Jan. 1694 gewährt, dabei zugleich die Lieferung von Porzellan in
die Hofapotheke in eine Recognition von 5 Gulden umgewandelt. Nach
wiederum 10 Jahren, am 6. Aug. 1703 wird das Privileg verlängert, jetzt
aber zu Gunsten der Wittwe van der Walle und der Erben Behaghel’s,
und dann nochmals am 30. Juni 1712. Nach dem Tode der Wittwe

Im achten
Zimmer.
(Drittes der
Südseite.)
 
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