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Brinckmann, Justus; Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg; Weimar, Wilhelm [Editor]; Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg [Editor]
Beschreibung der europäischen Fayencen: mit geschichtlichen Einleitungen — Hamburg: Museum für Kunst und Gewerbe, 1894

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https://doi.org/10.11588/diglit.53038#0055
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Deutsche Oefen.

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Wulste getrennt; am Sockel Doppellöwen; am Obertheil an den Ecken geflügelte
Karyatiden und Nischenkacheln mit Blumenvasen, blau und weiss mit spärlicher An-
wendung von Gelb und hellem Blaugrün. — Lüneburger Ofen von ähnlicher Arbeit,
bekrönt mit Rollwerk-Giebelspitzen. — Kacheln von anderen Oefen ähnlicher Art mit
stilisirten Blumen, weiss in Dunkelblau, z. Th. aus Hamburg. Sockelkacheln mit
Doppellöwen, welche ein Schild mit dreithürmigem Stadtwappen halten (Hamburg oder-
Lüneburg). Derartige Oefen wurden zu Ende des 16. und in der ersten Hälfte des
17. Jahrhunderts in Lüneburg angefertigt, woher der zweite unserer Oefen stammt.
Der ersterwähnte fand sich in einem Bauernhause der hamburgischen Vierlande. Dass
man sich auch in Hamburg derartiger Oefen bediente, ist durch Funde in Trümmer-
haufen erwiesen. In Lüneburg benutzte man dieselben plastischen Modelle auch für
nur grün glasirte Oefen. Für die Anfertigung dieser Oefen in Lüneburg selbst spricht
das sonst in dieser Gegend nicht beobachtete Vorkommen von figürlichen Medaillons
aus gebranntem, in denselben Farben wie die Oefen glasirtem Thon an den Fagaden
lüneburgischer Bürgerhäuser der Renaissance.
Häufig haben sich auch Hohlformen aus gebranntem Thon zur Herstellung
dei’ Kachelreliefs erhalten. Die Sammlung besitzt deren eine Anzahl aus bayrischen
und Schwarzwälder Werkstätten.
Eine Vorstellung von der plastischen und farbigen Pracht der alten deutschen
Kachelöfen vermitteln auch die kleinen Ofen-Mo delle, welche von der Renaissance
bis zum Rococo vorkommen. Manche derselben mögen als Muster für die Bestellung
grosser Oefen gedient haben — für das 18. Jahrhundert wenigstens ist dies verbürgt.
Die Mehrzahl dieser kleinen Oefen hatte jedoch keine andere Bestimmung, als in den
Puppenhäusern aufgcstellt zu werden, auf deren zeitgemässe, die Einrichtung der
Wohnhäuser getreulich wiedergellende Ausstattung man damals grösseres Gewicht legte,
als mit den Puppenstuben unserer Tage geschieht.
Die Sammlung besitzt den Untertheil eines solchen Modellofens vom Ende
des 16. Jahrhunderts aus dem Holsteinischen. Mit durchscheinendem Moosgrün,
opakem Blaugrün, Weiss und wenig trübem Blau sind die Gliederungen und das
erhabene Pflanzenwerk, mit frischem Gelbbraun die Flächen glasirt. Dass im Holsteinischen
Oefen mit dieser reichen Färbung vorkamen, ist sonst nur durch vereinzelte Scherben-
funde bezeugt.
Nur die beiden Lüneburger Oefen haben in den Räumen der keramischen
Sammlung aufgestellt werden können. Die übrigen Oefen, deren das Museum 2S1 aus
dem 18. Jahrhundert besitzt, haben in anderen Zimmern ihren Platz erhalten. Gleich
im ersten Zimmer rechts vom Haupteingang findet man sieben mehr oder minder
vollständig erhaltene Oefen von hamburgischer Arbeit mit Blaumalerei, sowie zwei
ebenfalls hamburgische Oefen mit plastischem Rococo-Zierwerk und weisser Glasur.
Im letzten Zimmer neben dem Haupteingang sind wieder acht blaubemalte hamburgische
Oefen aufgestellt, ferner ein Steckbornei’ Ofen aus der Schweiz und ein Ofen aus der
holsteinischen Fabrik Stockeisdorff, unweit von Lübeck. Ein zweiter Stockelsdorffer
Ofen steht in der Nische des Louis XVI. Getäfels im letzten Zimmer der Möbel-
Abtheilung, endlich ein Kieler Ofen im anstossenden Zimmer der Rococo-Möbel.
Näher besprochen werden alle diese Oefen bei der Beschreibung des Inhaltes jener
Räume oder in Verbindung mit der Geschichte der Fabriken, aus denen die Oefen
hervorgegangen sind.

Im siebenten
Zimmer.
(Zweites der
Südseite.)
 
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