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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 16.1915

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Nr. 1
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Gerland, Ernst: Das Wohnhaus der Byzantiner
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https://doi.org/10.11588/diglit.32141#0034

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es wurde durch 10 Säulen gebildet?) Für uns ist vor allem noch die Orientation wichtig: das Erdgeschoß
und der erste Oberstock, die zwischen die dicken Stadtmauern eingebettet sind, zeigen Tür- und Fenster-
öffnungen nur gegen Norden; sie boten also guten Schutz gegen die in Byzanz während des Winters
besonders gesürchteten Südstürme^) und dürsten als Winterwohnung in Betracht kommen. Hatte doch
auch Kaiser Theophilos (829—842) seine Winterwohnung am Karianos ebenfalls nach Norden orientiert?)
Am Gegensatz hierzu zeigt das zweite, srei gelegene Obergeschoß in Tekfur-Serai reichliche Ofsnungen
nach allen Seiten, gegen Süden war außerdem ein Erker, gegen Osten unter Benutzung der Stadt-
mauer ein Belvedere vorgebaut. Dieses Geschoß dürfte die Sommerwohnung gewesen sein. Bemerkens-
wert ist noch, daß auch das Peristyl dem Palaste gegen Norden vorgelagert war; auf diese Weise bot es
während des Sommers den häufig wehenden, angenehmen Nordwinden Zutritt und gewährte zugleich
einen schattigen Aufenthalt. Auch hier dürfen wir wieder an das von Kaiser Theophilos erbaute
erinnern.

Es gibt oder gab in Konstantinopel noch einige weitere Überreste von Palastbauten. Sie befinden
sich an der Seeseite der Stadtmauern und ruhten z. T. auf der Stadtmauer selbst. Die eine dieser Nuinen,
bekannt als P a l a st des H o r-
misdas oder alsBuko-
leon, ist beim Bau der Eisen-
bahn (1871) abgerissen worden.

Der Palast soll im 4. Iahrhundert
zur Zeit des Kaisers Konstantin
d. Gr. für den persischen Prinzen
Hormisdas erbaut worden sein, der
am kaiserlichen Hofe eine Zuflucht
gesucht hatte. Seit dem 8. Aahr-
hundert soll er nach der Statue
eines den Stier niederreißenden
Löwen (Mithraskult) den Namen
Bukoleon erhalten haben. Die
zweite Ruine ist noch jeht erhalten.

Es ist ein langgestreckter Bau, der
selben Stelle behandelten „Türme des Anemas und des Isaak Komnenos" für uns in Betracht. Dagegen
wollen wir jeht noch einen Blick auf das alte Haus bei der Station Kum-Kapu werfen.
Beylis hat uns im Lupplswent S. 6 eine Zeichnung gegeben. Er sowie Diehl, S. 400, erinnern an Tekfur-
Serai. Doch besteht ein großer Anterschied. Während Tekfur-Serai dreigeschossig ist, hat dies Haus
nur zwei Stock'werke. Über die Orientation ist mir nichts bekannt. Der Oberstock zeigt wie Tekfur-Serai
einen Erker, Erdgeschoß und Oberstock besihen im Annern nur je einen großen Naum mit gewölbter
Decke (das erinnert an das alte Haus in Trapezunt, s. unten). Wollen wir den Vergleich mit Tekfur-
Serai weiter durchführen, so müßte an der Wand, die der Crkerwand gegenüberliegt, sich ehedem ein Peristyl
angeschlossen haben. Heute ist das Haus infolge eines Brandes Ruine. Vor dem Brande diente der
Saal des Oberstockes als Ankleideraum für ein dahinterliegendes türkisches Bad.

Verlassen wir Konstantinopel. Da bietet sich als größter Komplex noch erhaltener Wohnbauten
Mystras dar. Hierfür besitzen wir die große Publikation von G. Millet, Nonnmsnt8 d^2antin8
äo Ni8tra. Natoriunx ponr l^otnclo äo l^nroüitootnro ot cko 1a pointnro on Orooo anx XIV. ot XV. 8iool68.
Nonuni6nt8 ä6 i/art d^nntin II. Paris 1910 (bisher ist leider nur der Tafelband, noch nicht der Text
erschienen); ferner die ansprechende kleine Publikation des früh verstorbenen A. Struck: Mistra. Cine
mittelalterliche Ruinenstadt. Wien und Leipzig 1910. Für uns kommen auf Grund der vorliegenden

Abb. 1S. Idealplan für einen
quadratischen Hof.

(Aus: Ncuthcr, Wohnhaus in Bagdad.)

durch einen später hinzugefügten
Leuchtturm in zwei Teile zerlegt
wird. Man nennt ihn Schloß
d e s A u st i n i a n. Gurlitt (Text
S. 7) urteilt darüber: „Mögen
diese Mauermassen auch der Zeit
Iustinians angehören, so ist doch
die jetzige äußere Gestalt des
Baues spätbyzantinisches Werk,
zeitlich um so weniger bestimm-
bar, als die Bauformen durchweg
von älteren Werken entlehnt
wurden."

Für unsere Zwecke bieten diese
Ruinen nichts. Cbensowenig
kommen die von C. Gurlitt an der-

i) Diehl, NLuusl d^untiu, S. 397, L. de Beylis S. 138.

P. de Tchihatchef, I^o Lospüorb et Ooustautiuöple. 3. oäitiou. Paris 1877. S. 238.

3) Vgl. Tli6opük»,n68 ooutin. III43, p. 144 ed. Bonn und dazu I. Ehersolt, 1.6 grkincl pa1ui8. S. 113.
 
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