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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 16.1915

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Nr. 3
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Hoech, Gottlieb Theodor: Die Entstehung und Entwicklung der Stadt Kolberg
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https://doi.org/10.11588/diglit.32141#0073

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Boleslav Schiefmund von Polen zog im Sommer NO7 mit seinen Neiterscharen in fünstägigem
Eilmarsche von Glogau nach Kolberg und erreichte die Stadt unbemerkt von Westen her. Wahrscheinlich
hatte er bei Kauhenberg das alte vertorfte Diluvial-Tal an der trockensten Stelle überschritten, dann
durch Hügel und Dünen gedeckt die untere Persante erreicht.

Nun konnten die Polen verhältnismäßig leicht die Flutzarme an ihrem unteren Ende durchreiten,
wo sich die innere Sandbarre der Fluhmündungen befand, oder auch die äutzere Barre der weiten und
noch nicht eingeschrünkten Seemündung benuhen, wenn die See ruhig war.

Am rechten Aser der unteren Persante war jedenfalls der Rferstreifen höher als die hinterliegenden
Sumpfslüchen, so datz die Neiter schnell das unbewachte Tor erreichten. So wurde die wohlbefestigte
Stadt eingenommen, geplündert und verbrannt.

Einige Polen drangen auch in die Burg über eine Brücke ein, während der Pommernherzog durch
ein zweites Tor entsloh. Seine streitbaren Pommern trieben aber die Polen wieder aus der Burg.

Im Winter 1107 kam Boleslav zum zweiten Male und wollte zuerst ein dem Meere zunächst gelegenes
Kastell einnehmen. Die Kolberger unterwarfen sich aber sofort. Dies taten sie auch bei einem dritten
Heereszuge 1120.

Nach dem ersten Überfalle war dies Kastell nahe dem Meere eiligst erbaut oder verstärkt worden.
Es lag an den Dünen, wenn die Polen über die äutzere Barre geritten waren; hatten sie die innere Barre
ausgenutzt, so mutz es am Malchow-Graben gelegen haben. Dieser kleine Bach entwässert die Niederung
zwischen dem Mergelrücken und den Dünen. Datz in ihm nahe der Persante eine Schneidemühle erbaut
wurde, beweist das Vorhandensein eines erhöhten Landstreifens auf dem rechten User der Persante.

Der Anmarsch der Polen von Westen her wird auch die Veranlassung gewesen sein, bei Kauhen-
berg am Übergange über das Diluvial-Tal und am Camper Tiefe, wo nur starke Stürme ein Vordringen
auf dem sumpffreien Wege längs der Stranddünen zeitweilig verhindern konnten, hölzerne Wiektürme
zu errichten.
 
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