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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 16.1915

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Nr. 5
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Radinger, Karl von: Amras, ein Fürstensitz der Renaissance
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https://doi.org/10.11588/diglit.32141#0106

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Nicht weniger groh war des Erzherzogs Liebe zu den Büchern, 1596 zählte man 34-30 Werke, die alle
in gleiche braune Lederbände mit dem Wappen in Goldpressung gebunden waren. Anter ihnen bildeten
die Druckwerke natürlich die Mehrzahl, aber es fehlte auch nicht an kostbaren Handschriften, die zum Teil
noch aus dem Nachlasse Kaiser Maxens stammten, wie das Heldenbuch mit dem Gudrunliede, die Zeug-
hausbücher des lehten Nitters usw. Daran reihten sich köstliche Miniaturkodizes, Stiche und Handzeichnungen
berühmter Meister. Dagegen war die Gemäldesammlung nicht hervorragend, sie beschränkte sich im großen
ganzen dem Geschmacke Ferdinands entsprechend auf Bildnisse von Fürstlichkeiten und anderen berühmten
Personen; auch an Konterfeis von Niesen, Zwergen, Narren und allerlei abnormen Tiergestalten war
kein Mangel.

Am bedeutendsten und mannigfachsten war die dritte Abteilung „die große Kunstkammer". Sie ent-
hielt nicht bloß eine große Anzahl von kostbaren Gefäßen aus Halbedelsteinen, Arbeiten der Goldschmiede-
kunst, Elfenbeinschnitzereien, Kunstuhren, Musikinstrumenten, Plastiken der Antike und Nenaissance und
Münzen, sondern auch ethnographische und naturgeschichtliche Seltenheiten und Kuriositäten. Ursprünglich
waren alle diese Dinge in den Gemächern der Innsbruckerburg untergebracht, wo sie Pighius 1574 be-
wunderte; erst als Amras durch das Hinscheiden Philippinens verwaist war, nahm der Erzherzog die Ver-
einigung seiner sämtlichen Kunstschätze in Angriff. Zu diesem Zwecke löste er das Schloß von den Erben
seiner Gemahlin, seinen Söhnen Kardinal Andreas und Karl von Burgau, im Tausche gegen die Herrschaft
Irmetshofen ein und ließ alle Sammlungen dorthin bringen, wo schon die früher erwähnten Baulichkeiten
des Unterschlosses für sie bereitstanden. Das ausführliche Inventar, welches nach dem Hinscheiden Ferdi-
nands 1596 aufgenommen wurde, noch mehr aber die Beschreibung des Augsburger Kunstfreundes Philipp
Hainhofer von 1628 lassen uns von der Art der Aufstellung ein deutliches Bild gewinnen. Die Nüstungen
waren in der Nüstkammer in Kästen aufbewahrt „mit umbhengen vor, damit sie vor dem staub verwahret
seien", die Neitergruppen wurden durch zeltartige Tücher geschützt. Fast bei jeder Nüstung hing des Besitzers
Konterfei und Namen. Die Kunstkammer war „gar ain langes gemach, hatte auf baiden seitten fenster und
in der mitten durchab zwanzig Kästen von der Erden an biß an die Dillen". Achtzehn dieser nach der Farbe
des Anstriches benannten großen Schränke waren mit den Nückseiten zusammengestellt, zwei Querkästen
schlossen obenund unten dieNeihe ab. Man konnte also um sie herumgehenund dieHerrlichkeiten bewundern,
welche nach dem Material und der Technik recht äußerlich eingeordnet waren. Manches war auch in Truhen
verpackt. In den vier Ecken standen eingelegte Tische, die Wände waren mit Porträts und Tierbildern
bedeckt, von der Decke hingen in bunter Mischung allerlei ausgestopfte Vögel und Schlangen, seltsame Ge-
weihe und Mißgeburten herab. Ähnlich waren in der Bibliothek die „mächtige Anzahl büecher in allerhand
facultäten und sprachen", daneben aber auch Naritäten und Kuriositäten aufgestellt. In Nischen standen
„vil antichische stainerne brustbilder". Die Wände waren auch hier mit Gemälden und Waffenstücken de-
koriert.

Diese seine Schöpfung der Nachwelt ungeschmälert zu erhalten, war Ferdinands letzte Sorge. In dem
Nachtrage zu seinem Testamente verfügte er im Iahre 1594, daß Schloß und Herrschaft Amras mit den
Sammlungen sein jüngerer Sohn Markgraf Karl von Burgau erben sollte. Würde dieser kinderlos sterben,
so sollte alles dem zur Zeit regierenden Landesfürsten aus dem Hause Habsburg zufallen. Diesem legte
er noch die Rüst- und Kunstkammer, welche er „mit vil großer Müehe und arbeit, auch nit geringen Un-
costen zusammengebracht", besonders ans Herz.

„Alles und jedes sollte in gueten wirden, sauber und fleißig zusammengehalten, wohl verwardt, ge-
mehrt und verpessert werden und in Ombras verbleiben." Karl von Burgau war aber in der Kunstliebe
seinem Vater nicht nachgeraten, er verkaufte schon 1606 dem Kaiser Rudolf II. und den übrigen Erzherzogen
das Schloß mit allen seinen Schätzen um 170 000 Gulden. „Liberey, Nüst, Kunst und Wunderkammern
sollten ganz und unverruckht beysamen gelassen werden". Die folgendenLandesfürsten respektierten auch den
letzten Willen Ferdinands, die Sammlungen blieben in Amras und wurden nicht unbeträchtlich vermehrt.
So kamen durch Ferdinands Neffen Leopold Ausgrabungen und römische Meilensteine, durch Claudia von
Medici und ihre beiden Söhne kostbare Gemälde und Kunstgegenstände aus der Hofburg nach Amras, und
dieses blieb nach wie vor ein Hauptanziehungspunkt für die vornehmen und gelehrten Neisenden.
 
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