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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Editor]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 16.1915

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Nr. 5
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Diez, Ernst: Burgen in Vorderasien
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https://doi.org/10.11588/diglit.32141#0110

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92

Tell el Amarna: Einen herrschaftlichen Wohnsitz aus der Zeit Amenophis IV. (11. Ih. v. Chr.), be-
stehend aus Wohnpavillons, Gärten und Wasseranlagen, umgeben von einer Festungsmauer mit Autzem
werken. Das sind jedoch Ausnahmen. Im allgemeinen geben der Festungsbau in Ägypten keine her-
vorragende Rolle und war, soweit man ihn anwandte, Import von Mesopotamien in älterer Zeit so gut
wie zur Zeit der Fatimiden.

Dagegen verdanken wir einem südarabischen Schriftsteller Mohammed al HamdLm^ (gest. 945 n. Chr.
zu Ssan'L) Schilderungen der Burgen im einst kulturell blühenden Iemen, die für uns infolge der
schweren Zugänglichkeit des Landes und der geringen noch erhaltenen und bekannt gewordenen Mauer-
reste doppelt wichtig und interessant sind. Es sind vorislamische Burgen des alten sabäischen Neiches,
deren Könige, ursprünglich nichts anderes als mächtige Burgherren, welche die oberste Gewalt an sich ge-

rissen hatten", waren. Wir
treten also hier in einen
richtigen Feudalstaat ein,
in dem die Burg die gleiche
Rolle spielt wie im Mittel-
alter in Vorderasien und
Westeuropa. Sie ist der be-
festigte Wohnsitz der aristo-
kratischen Familien der Er-
oberer, gebaut nicht so sehr
gegen fremde Feinde als
zur Sicheruug im eigenen
Lande. Eine der berühm-
testen, sagenumwobenen
Burgen war GhomdLn an
der Stelle des späteren
SsaMa. Schon zu Ham-
dLms Zeit waren nur mehr Trümmer vorhanden — ein „berghoher Ruinenhaufen". Al HamdLni
beschreibt es:

Rach dem stolzen GhomdLn und seinen Einwohnern
und das ist ein Trost für den Nachdenkenden.

Hoch ragt es empor zum Himmelsgewölbe
in nicht weniger als zehn hohen Stockwerken.

Die Wolken sind sein Turban
sein Gürtel und seine Hülle Marmorstein,

Seine Quadern sind durch glühend Erz aneinander gekittet,
zwischen seinen hohen Türmen sind Marmorplatten und edles Gestein.

An jeder Ecke ist der Kopf eines fliegenden Aares
oder das Haupt eines brüllenden Löwen aus Erz.

Auf seinem Giebel ist eine Wasseruhr,
der nach bestimmten Zeitteilen das Wasser entströmt.

Dazu kommen noch andere vielfach übereinstimmende Schilderungen verschiedener Schriftsteller,
die HamdLm zusammengestellt hat und die aus Tausend und eine Nacht sein könnten. Zerstört wurde die
Burg entweder von den Äthiopen oder bald nach dem Tode des Propheten. In der weiteren Amgebung
von Ssan-L lagen mehrere Ortschaften namens SchibLm, Residenzen aristokratischer Familien mit Burgen

*) D. H. Müller, Die Burgen und Schlösser Südarabiens nach dem AkM des HamdLni (Sitzber. d. phil. hist. Kl. d. Kais. Ak.
d. Wiss., Wien 1879 u. 1881).
 
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