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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 16.1915

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Nr. 5
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Diez, Ernst: Burgen in Vorderasien
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https://doi.org/10.11588/diglit.32141#0112

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Türme beträgt sechs. Das Ganze erinnert unwillkürlich an die altfranzösischen oder altspanischen Donjons,
deren Bauart ja wohl auch arabischen Arsprungs sein dürfte."

Kehren wir nun zum Ausgangspunkt unserer Betrachtung, dem Zweistromland, zurück! Die Erben
der alten Kulturen waren die Perser, die sich unter den Sasaniden (Z.—T. Ih. n. Chr.) wieder zu früherer
Macht und Größe emporhoben. Wir wissen von vielen Schlössern der sasanidischen Könige, die sie haupt-
sächlich in den Bergen des heutigen Lüristän bauten, die man jedoch kaum als Burgen ansprechen kann,
wenn sie auch von Turmmauern umringt waren. Eine schwer zugängliche Residenz baute sich u. a. der

baulustige
Schapür l. bei
Kaserün in der
Provinz Fars.
In einer bach-
durchrauschten
Felsenhöhle
ließ Schapür
dort historische
Momente aus
seinem könig-
lichen Dasein
ausdemleben-
digen Fels
hauenund sein
Sohn und
Nachsolger
schloß sich ihm
an. Den Zu-
gang zu dieser
Höhle sperrte
eine Burg,
deren Mauer-
reste heute

noch den steilen Felsen krönen. Das Bild eines Schlosscs jencr Zeit ist uns auf einer Silberschale der
Kön. Arch. Kommission in Petersburg erhalten. Das Stück gehört einer Gruppe von figürlich
geschmückten Silberschalen an, die als sasanidisch gelten. Die Darstellung gibt den Angrifs auf ein
persisches Schloß zur Sasanidenzeit, allerdings nur eines jener leicht besestigten, nur gcgen Naub-
ansälle gesicherten Schlösser, wie sie vorwiegend aus omajjadischer Zeit noch in der syrischen Wüste
erhalten sind: El Mschatta, Qaßr at Tuba, el Charüni u. a.*). Ein sehr charakteristisches Denkmal
einer solchen gegen Beduinenübersälle besestigten persischen Burg aus frühislamischer Zeit (9.—10. Ih.)
ist uns in den Nuinen von Ochejdir erhalten**). Das Schloß liegt 40 1cm vom persischen Wallfahrtsort
Kerbela in der alten Landschast Babylonien. Es besteht aus einem nach traditionell pcrsischem Plan ge-
bauten Palast, der in einem großen, mit einer Festungsmauer umfriedeten Hos steht. Diese Festungs-
mauer verdient deshalb besondere Beachtung, weil sie die älteste heute noch unberührt, wenn auch in Ruinen
stehende persische Festungsmauer ist und das persische Befestigungssystem zeigt, nach dem auch alle späteren
persischen Burgmauern gebaut snrd und das schon vorher auf die byzantinische Befestigungskunst vorbildlich
wirkte. Ich glaube nicht fehlzugehen, wenn ich in den Mauern von Ochejdir die direkten Nachkommen jener
altmesopotamischen Burgmauern sehe, die uns auf den assyrischen Reliefs erhalten sind. Die Äberein-
stimmung des äußeren Anblicks ist überzeugend. Da wie dort sind die Mauern mit engen Folgen von halb-

*) Vgl. Diez, Die Kunst der islam. Völker, S. 23 sf. (Akad. Verlagsg. Neubabelsberg).

**) Vgl. O. Neuther, Ochewir (Leipzig, Hinrichs 1S12).

Abb. 67. Die Burg in Täbris. (Nach dcr Zeichnung von Iules Laurens 18^6.)
 
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